82 leider, wir können das nicht ändern; wir ſind hier keine geſetzgebende Körperſchaft, wir müſſen uns eben auf den Grund ſtellen, der uns hier nachgewieſen worden iſt, und das iſt eben im letzten Ende die Miniſterialinſtruktion von 1811. Nun frage ich mich, und ich habe bisher ver⸗ geblich eine Antwort darauf geſucht: wie kommt es denn überhaupt dazu, daß nun die bisherige Zu⸗ ſammenſetzung der Schuldeputation nicht genügt hat? Es iſt uns ſchon von dem Herrn Vorredner mitge⸗ teilt worden, daß das Konſiſtorium einen gewiſſen Einfluß darauf geübt hat. Mir iſt da eine Ver⸗ handlung in die Hand gefallen aus dem Abgeordneten⸗ haus vom Frühjahr 1904, die vielleicht auch über die Motive etwas Intereſſantes ergibt. Der Abgeordnete Hoheiſel führte dort aus: Der Geiſtliche muß in den größeren Städten ipso lacto Mitglied der Schuldeputation werden, und wenn letzteres den beſtehenden Beſtimmungen über die Zu⸗ ſammenſetzung der Schuldeputation nach nicht zuläſſig iſt, dann tut es not, in dieſer Beziehung Abhilfe zu ſchaffen. — Dieſe freundliche Anregung wurde vom Zentrumsabgeordneten Dr. Dittrich aufgenommen, der dlies in daſſelbe Horn, und der Herr Miniſter vom Kultus erhob ſich und erklärte: Die Unterrichtsverwaltung wird in dem Beſtreben fortfahren, in den ſtädtiſchen Schul⸗ deputationen auch dem geiſtlichen Elemente die tunlichſte Verbreitung zu wahren. (Heiterkeit.) Ich kann das vom Standpunkt der Konſervativen. ich kann das vom Standpunkt des Zentrums ver⸗ ſtehen; ich kann es ſelbſt verſtehen vom Standpunkt des Herrn Miniſters, der ja im weſentlichen Kultus⸗ miniſter iſt. Aber was ich nicht verſtehe, iſt, daß irgend eine kommunale Verwaltung damit einver⸗ ſtanden ſein könnte. (Stadtv. Baake: Liberal!) — Ganz richtig, bei einer liberalen Stadtverwaltung wird die Sache natürlich noch unverſtändlicher ſein. (Stadtv. Dr. v. Liszt: Sehr richtig!) Wir ſollen alſo durchaus den Geiſtlichen hinein⸗ laſſen; wir ſollen ihn hineinlaſſen nicht bloß überhaupt, ſondern wir ſollen ihn hineinlaſſen als ein ſachver⸗ ſtändiges Mitglied. Hier beginnt wieder mein Er⸗ ſtaunen. Meine Herren, es iſt noch garnicht lange her — es war wieder im Jahre 1904 —, daß ein Kon⸗ ſiſtorium eine Umfrage an die verſchiedenen Lehrer⸗ vereine und an die 1 2 8 Synoden richtete und ihnen das Thema ſtellte: die Bedeutung der geiſtlichen Schulaufſicht in der Gegenwart. Dieſes Konſiſtorium war das Königliche Konſiſtorium zu Coblenz. Es hat dabei gleichzeitig eigentümliche ſuggeſtive Richt⸗ linien in der Behandlung dieſes Themas gegeben; es ſchrieb nämlich vor, es ſollte zunächſt die ge⸗ ſchichtliche Entwicklung der geiſtlichen Schulinſpektion aufgezeigt werden, und zweitens ſollte erwieſen werden, welcher Segen für Kirche und Schulen noch heute aus dieſer Einrichtung erwartet werden kann (Heiterkeit.) eine etwas eigentliche Stellung des Themas. Noch eigentümlicher waren die Antworten, die das König⸗ liche Konſiſtorium darauf erhielt. Es haben ſich nämlich ſo ziemlich ſämtliche weſtlichen Kreisſynoden faſt einſtimmig gegen die geiſtliche Schulaufſicht ausgeſprochen. Ich zitiere nur die von Bonn, von Solingen, im Aggertal, Barmen, Trier, Hannover, Lüneburg, Hildesheim uſw. Zum größten Teil haben dieſe Synoden ihre Stellung damit motiviert, daß der Geiſtliche nicht Sachverſtändiger ſein könne in Schuldingen, ſeiner ganzen Vorbildung nach ſchon nicht. Und nun beginnt mein Erſtaunen wieder, daß es eine ſtädtiſche Körperſchaft fertig bringt, einen Geiſtlichen auch ausgerechnet als Sachverſtändigen in dieſe Schuldepution hineinbringen zu wollen. Ich ſtehe in dieſer Beziehung, was den Geiſtlichen an⸗ betrifft, obwohl ich die größte Hochachtung vor dem Stande und den Perſonen habe, auf einem etwas anderen Standpunkt als meine Freunde und als diejenigen Redner, die bisher zum Worte gekommen ſind. Sie haben immer und immer wieder betont, daß ein Geiſtlicher an und für ſich, wenn er ſonſt die nötige Qualifikation habe, ihnen ein garnicht unliebes Mitglied der Schuldeputation ſein würde. Es iſt, glaube ich, Kollege Otto geweſen, der auf den Paſtor Seyffarth hingewieſen hat. Ich habe damals dazwiſchen gerufen: ein weißer Rabe! Wenn man nämlich nachdenkt über die pädagogiſch hervor⸗ ragenden Geiſtlichen, ſo fällt einem immer der Prediger Seyffarth ein — aber es fällt einem nachher wenig mehr ein. (Heiterkeit.) Wenn mein beſter Freund, der die beſten pädagogiſchen Kenntniſſe beſäße, zu mir käme und ſagte: wähle mich in die Schuldepution hinein — und er iſt Geiſtlicher, dann würde ich ſagen: lieber Freund, ich bedauere das außerordenlich, aber du gehörſt leider einem Stande an, den tch für ungeeignet halte, in der Schuldepution vertrieten zu ſein, und zwar für ungeeignet halte aus der hiſtoriſchen Tradition heraus, wie ſie uns der Herr Oberbürgermeiſter ſo hübſch nachgewieſen hat: daß in Wirklichkeit die Kirche bisher die Schule geknechtet hat, und daß die Kirche in der Schule viel zu viel zu ſagen gehabt hat. Ich habe vorhin vergeſſen, Ihnen noch einen andern Kronzeugen für die Nichtbefähigung der Geiſt⸗ lichen zur Schulinſpektion und damit doch wohl auch zu ſachverſtändigen Mitgliedern der Schuldeputation anzuführen. Es iſt einer, der die geiſtliche Schul⸗ inſpektion eine veraltete, unnötige und unzweckmäßige Einrichtung nannte, der ſich — — Ich will aber Ihre Neugier nicht ſpannen, ich will Ihnen gleich ſagen, wer es iſt: es iſt der Doktor der Theologie und Abgeordnete Hackenberg, der Vater des Schul⸗ kompromiſſes. Von dieſem ſelben ſind die Worte gefallen, und zwar in einem Synodalvortrag: Es hat Schulen gegeben, ehe es eine chriſtliche Kirche gäb, und es iſt der criſtlichen Kirche allein niemals und nirgends gelungen, aus eigner Kraft und mit eigenen Mittel ein allge⸗ meines Schulweſen einzurichten und lebendig zu erhalten. Gegenüber dem ewigen Gerede von der Kirche als der Mutter der Schule ſagt er: In der Tat, mit dem durch ſtete Wiederholungen nicht beweiskräftiger werdenden Satze: „die Schule iſt die Tochter der Kirche“ ſollte man nicht länger einen Beſitzſtand begründen, der nur dann als Eigentum angeſehen werden kann, wenn Eigentum Diebſtahl iſt. Ich meine alſo allerdings, daß die Eigenſchaft des Geiſtlichen als Geiſtlichen ihn am allerwenigſten be⸗ fähigt, ja daß ſie ihn unfähig macht, in eine Schul⸗ verwaltung nach den modernen Grundſätzen einzu⸗ treten Das prinzipiell nachzuweiſen, das mute ich Ihrer Geduld nicht mehr zu; ich kann es nur in ganz kurzen Worten in der Weiſe ſagen, daß der Geiue als Kirchenbeamter eben doch das Kind zu erziehen hat zu einem Kinde Gottes; der Schul⸗