83 meiſter hat es zu einem Menſchen unter Menſchen zu machen. Der Geiſtliche hat dafür zu 11. auch in ſeinem Religionsunterrichte, daß das ind für den Himmel reif werde und daß es den richtigen Glauben bekommt; die Schule hat dafür zu ſorgen, daß es das richtige Wiſſen für den Verkehr auf dieſer Welt erhält. So ſind die Gegenſätze ſo prinzipiell und ſo unverwiſchlich, daß es wirklich nicht gut möglich erſcheint, einen Vertreter der Kirche noch in die Schuldepution, überhaupt in das Schul⸗ weſen hineinzulaſſen. Das iſt mein prinzipieller Standpunkt. Ich könnte auch ſagen: mit demſelben Rechte könnte der Aſtrologe beanſpruchen, heute die Leitung eines Obſervatoriums für Aſtronomie zu übernehmen, und der Alchimiſt, ein chemiſches Laboratorium zu leiten. Alſo ich meine: die Sach⸗ verſtändigkeit muß von vornherein beſtritten werden. Wenn das der Fall iſt, ſo fällt für mich jeder Grund fort, warum denn die Schuldeputation über⸗ haupt geändert werden ſoll. Hat denn die bisherige Schuldeputation in ihrer bisherigen Zuſammenſetzung ihre Pflicht nicht erfüllt? Wo iſt davon je die Rede geweſen? Iſt nicht unſer Kommunalſchulweſen blühend trotz der Steine, die uns in den Weg ge⸗ worfen ſind? Iſt vielleicht die Religion zu kurz gekommen? Richts davon! Man hört nichts; man kann darüber nichts ſagen. Dann ſagt man aber: Charlottenburg ſteht ja ganz allein unter den vielen übrigen preußiſchen Städten; nur 4 Städte waren es, glaube ich, die aufgeführt wurden, die noch keinen Geiſtlichen in die ſtädtiſche Schuldeputation hineingelaſſen hätten. Nun, meine Herren, es gibt noch keine einzige preußiſche Kommunalverwaltung, die meines Wiſſens eine Waldſchule eingerichtet hat. Wenn Sie ſo ſcheu davor ſind, allein zu ſtehen, ſo würde ich Ihnen doch ene raten, die Waldſchule wieder eingehen zu aſſen! (Heiterkeit.) Man kann doch unmöglich ſo argumentieren: das⸗ jenige, was nur in wenigen beſteht, iſt das allein Falſche, und was in der großen Mehrheit beſteht, iſt das allein Richtige; ſondern wir haben doch nach ſachlichen Geſichtspunkten zu entſcheiden. Zu meinem Bedauern hat auch der Herr Vor⸗ redner ſich am Schluſſe die Argumentierung zu eigen gemacht, zu ſagen: was ſchadet denn der eine Geiſt⸗ liche unter den 12 Mitgliedern? Ich halte dieſe ganze Frageſtellung für durchaus falſch. (Stadtv. Holz: Sehr richtig!) Man ſagt ja doch nicht: ich wähle einen Mann in die Schuldeputation hinein, damit er nicht ſchadet, ſondern man wählt ihn hinein, damit er nützt, (ſehr richtig! bei den Liberalen und Sozial⸗ demokraten) damit er darin wirkt! Ihn aber hineinwählen und ihm dabei gleichzeitig ſagen: wir wünſchen aber, daß dein Wirken unmerkbar bleibt, — das iſt eine Zu⸗ mutung, die ich, offen geſtanden, meinen Freunden von der liberalen Geiſtlichkeit nicht zumuten möchte. Ich würde ſagen: nachdem ſo einmütig die ganze Stadtverordnetenverſammlung — nicht nur die Minder⸗ heit, ſondern die ganze Stadtverordnetenverſammlung offenbar einmütig — darin iſt — ich berufe mich auf die Verhandlung von 1903 —, daß man lieber keinen Geiſtlichen in der Schuldeputation hat, daß man jetzt ein Auge zudrücken will und mit ſaurer Miene ſchließlich einen einzigen bewilligt, — ja, es gehört eine Selbſtverleugnung dazu, dieſen Poſten anzu⸗ nehmen, die meine höchſte Bewunderung hervorruft. Und wie iſt es denn nun mit dem Präſentations⸗ recht? Es war uns geſagt worden: das Präſen⸗ tationsrecht ſteht bei der Stadt, wir bringen drei Geiſtliche; wir haben glücklicherweiſe in Charlotten⸗ burg nicht nur drei, ſondern vier liberale Geiſtliche — als ob die liberalen Geiſtlichen nun noch beſon⸗ ders pädagogiſch befähigt wären! (Heiterkeit.) — was ich perſönlich gar nicht anerkennen will; wenigſtens nicht mehr befähigt als die Orthodoren —, alſo wir werden die Wahl immer in der Hand haben. Nichtsdeſtoweniger erinnere ich daran, daß es nicht ganz unmöglich iſt, daß man einmal keinen liberalen Geiſtlichen in Charlottenburg hat, nicht nur dann, wenn die Gemeinden ſie nicht wählen, ſondern auch dann, wenn das Konſiſtorium ſie nicht beſtätigt. Das Konſiſtorium iſt auf dem beſten Wege dazu. Wenn das Konſiſtorium findet, daß ſie in ihrer liberalen Geſinnung trotz 50 oder mehr Jahren noch nicht die nötige ſittliche Reife haben, (Heiterkeit; Stadtv. Dr. v. Liszt: Sehr gut!) ſo beſtätigt es ſie eben nicht oder ſetzt ſie ab. Alſo der Fall könnte doch eintreten, daß Sie eine be⸗ ſchränkte Auswahl an und für ſich haben. Aber mit unſerer Auswahl iſt es nicht getan, ſondern die Regierung wählt ſich eben einen aus! Nun hat der Magiſtrat im Ausſchuß — und ich glaube, auch in der letzten Verhandlung — mit großer Emphaſe geſagt: ja, dann iſt es aber auch zu Ende; wenn die Regierung keinen von unſern dreien wählt, dann wird eben keiner hineingewählt. Das ſagt der Ma⸗ giſtrat. Ich habe nun alle höchſte Achtung vor der Sachkenntnis des Magiſtrats; ich muß aber geſtehen, daß mir eine Erklärung eines Regierungsvertreters darin ſehr viel lieber geweſen wäre. (Stadtv. Baake: Sehr gut!) Daß ein Regierungsvertreter aber das jemals geſagt hätte, oder daß in der Praris es jemals vorgekommen wäre, auch bei den Univerſitätswahlen u. dergl., (Stadtv. Dr. v. Liszt: Sehr richtig!) daß die Regierung eine ihr nicht genehme Liſte ein⸗ fach zurückweiſt und dann die Sache gut ſein läßt, — das iſt, glaube ich, noch nicht vorgekommen. (Stadtv. Holz: Sehr richtig!) Sie fordert eben einfach zur Einreichung einer neuen Liſte auf und tut das ſo lange, bis ein ihr genehmer Name darauf ſteht. Der Herr Vorredner hat mit vollem Recht nun die Frage in Erwägung gezogen, was denn nun werden foll, wenn wir den Konflikt nicht auf dieſe gütliche Weiſe beendigen. Ich bin zunächſt einmal der Anficht, daß der Konflikt auch auf dieſe Weiſe nicht beendigt werden wird. Ich will hier gar nicht darauf eingehen, daß die Verbeſſerungen, die im Aus⸗ ſchuß an der urſprünglichen Vorlage vorgenommen ſind, doch immerhin ſo erheblich ſind, daß ſie für die Regierung ein Unannehmbar bedeuten können. Nein, ich glaube, der Konflikt wird auch dann eben ſich nicht vermeiden laſſen, weil die angeſtrebte Parität zwiſchen Kreisſchulinſpektor und Stadtſchulrat ihrem Weſen nach nicht zu erreichen war. (Stadtv. Dr. v. Liszt: Sehr gut!) Sie iſt nicht zu erreichen, weil ihrem Weſen nach von der Regierung nicht anerkannt wird, daß die Stadtaufſicht im Namen des Staates geſchehe, daß alſo es nicht eine beſondere Staatsaufſicht neben der Stadtaufſicht gibt. Sowie dieſer Standpunkt von der Regierung eingenommen wird, daß ſie eine be⸗ ſondere Aufſicht hat, dann muß ſie ja doch den Staat über die lumpige Stadt ſtellen; dann kann ſie un⸗