84 möglich ſagen: der Kreisſchulinſpektor iſt dem Stadt⸗ ſchulrat gleichgeordnet, — verſuchen Sie es doch! Schreiben Sie doch ein ſolches Sätzchen hinein! dann werden Sie ſehen, was die Regierung Ihnen antwortet —, ſondern ſie muß darauf halten, daß alle weſentlichen Aufſichtsrechte doch nur in der Hand des Kreisſchul⸗ inſpektors liegen. Und das iſt auch, wie der Herr Vorredner hier ſchon hervorgehoben hat, durch die Verbeſſerungen des Ausſchuſſes nicht weſentlich ge⸗ ändert worden. Nun alſo, was dann, wenn der Konflikt doch da iſt, wenn wir nicht darum herumkommen? Da möchte ich Herrn Kollegen Dr. Borchardt doch wider⸗ ſprechen, er ſagte: es nützt nichts, daß man ſich nur auf den bloßen Rechtsſtandpunkt ſtellt und ſagt: hier ſtehe ich, ich bleibe hier ſtehen, und wenn der Miniſter mit der Macht kommt, nun, ſo laſſe ich mich unter⸗ drücken. Ich glaube, das iſt der einzige Weg, der überhaupt für einen klar denkenden und energiſchen Politiker möglich iſt. Wir haben in der Sitzung vom Jahre 1903 es ſo außerordentlich deutlich ausge⸗ ſprochen und ausſprechen hören von Magiſtratsſeite, daß das Recht durchaus auf unſerer Seite ſei, daß ich nicht glauben kann, daß ſich deſer Erkenntnis auf die Dauer die ganze übrige Wet wird verſchließen können. Es iſt darauf hingewieſen worden, daß wir große Unannehmlichkeiten, ja große Nachteile haben würden. In der heutigen Zeit iſt es leider ſo, daß jeder, der einen Rechtsanſpruch vertreten will, faſt überall mit den allergrößten Unannehmlichkeiten zu kämpfen hat, und es iſt dieſe Schen vor den Unan⸗ nehmlichkeiten, die es möglich macht, daß bei uns regiert wird, wie regiert wird, daß die Unzufrieden⸗ heit im höchſten Maße wächſt, weil jeder Menſch ſich von ſeinem Rechte um des lieben Friedens willen eben etwas abzwacken läßt. Wenn das ein Einzelner tun kann, weun ein Einzelner ſagen kann: ich mag zwar meinen Jungen nicht in den Religionsunterricht ſchicken, aber der Staat holt ihn mir mit dem Schutzmann ab, da ſage ich doch: der Klügere gibt nach, ich mache meinen Frieden und ſchicke ihn in den jüdiſchen Re⸗ ligionsunterricht oder ſo etwas ahnliches. wenn das der Einzelne tut, ſo iſt dagegen nichts zu ſagen; da iſt eben ſorce majeure: der Staat, auf der andern Seite die geſetzliche Auslegung durch das Kammer⸗ gericht und dergl., und hier iſt nur ein Einzelner. Aber ich ſehe nicht ein, wie ein Stadtverordneter es über ſich bringen kann, die Rechte und die Pflichten, die ihm von ſeinen Wählern übertragen ſind, um dieſer Unannehmlichkeiten willen zu verletzen Ich kann, wenn ich von den Rechten der Stadt über⸗ zeugt bin, von dieſen Rechten auch nicht einen Titel weggeben! Wir ſind diejenigen, die als die Hüter der Selbverwaltung, als die Hüter der Rechte der Bürger hierher berufen ſind, und da haben wir nicht zu fragen: was wird werden für uns perſönlich? oder was wird werden aus dieſem oder jenem? ⸗ fondern wir haben uns nur auf den Standpunkt des Rechtes zu ſtellen und zu ſagen: hier bleiben wir ſtehen, und wenn wir zehnmal umgerannt und um⸗ geriſſen werden von der Macht, wir weichen nicht von dieſem Standpunkte! Wir dürfen uns über dieſe unſere Rechte, wie ſchon das letzte mal ausgeführt worden iſt, nicht in irgendwelchen Handel einlaſſen, nicht irgendwelche Kompromſſe darüber ſchließen! und dann wird meines Erachtens auch die Ge⸗ fahr des Konfliktes überhaupt überſchätzt. Wir leben jetzt 1% Jahr unter deſem Konflikt in der 12. ich glaube, er beſteht ſeit dem Augenblicke, als wir unſern verehrten Herrn Stadt⸗ ſchulrat hier zuerſt in unſerer Mitte ſahen, und wir ſehen noch immer auch unſer kommunales Schul⸗ weſen blühen! Ich fürchte ja, es wird der Herr Stadtſchulrat einige weiße Haare vorrder Zeit be⸗ kommen haben, er wird vielleicht noch mehr bekommen; (Heiterkeit) er wird ſich ſehr oft geärgert haben, er wird ſich noch öfter ärgern müſſen, und unſere Herren Rektoren und Lehrer werden das auch tun müſſen wenn ſie in der Zwickmühle weiter bleiben zwiſchen Kreis⸗ ſchulinſpektor auf der einen Seite und Stadtſchul⸗ deputation auf der andern Seite. Aber es iſt doch ganz unmöalich, daß eine Regierung, eine wohl⸗ wollende Regierung, die Schule eines Gemeinweſens wirklich vor ihren ſichtlichen Augen ruinieren läßt. Es iſt da hingewieſen worden auf die Nichtgenehmigung der Feſtſetzung der Pflichtſtundenzahl und dergl. mehr. Ja, das geht doch nur bis zu einem gewiſſen Grade. Ich würde es niemals wagen, es offen auszuſprechen, daß ich die Regierung für fähig halte, (Stadtv. Dr. von Liszt: Sehr gut!) die Schule irgend eines Gemeinweſens darum dem Untergange preiszugeben, das ganze Schulweſen in ſeinem Fortſchritt zu hemmen, bloß um bureaukratiſch Recht zu behalten. (Sehr gut!) Es würde dieſer Regierung übrigens auch in dem Abgeordnetenhauſe, wie wir es jetzt haben, die Wahr⸗ heit geſagt werden; denn in juriſtiſchen Dingen 10 106 Herren doch wenigſtens auch immer noch itzlich. Ich möchte alſo ſchließen mit der Aufforderung, daß Sie ſich auf gar kein Kompromiß einlaſſen, daß Sie ſich bewußt bleiben, daß wir hier mit unſerer Haltung daran weiter⸗ und mitarbeiten, wie künftig einmal ein Schulgeſetz ausfallen wird. Denn, meine Herren, das iſt doch zweifellos: wenn die Kommunen eine nach der andern, ſich ihre wohlv rbrieften Rechte einfach aus der Hand nehmen laſſen, ſei es gegen kleine, ſei es gegen große Konzeſſionen, wenn ſo eine nach der andern umfällt, dann iſt es ja gar nicht anders möglich, als daß die Regierung ſagt: den Leuten können wir alles bieten! (Stadtv. Vogel: Sehr richtig!) Wir werden dann ſehr bald reif ſein für ein Zedlitz⸗ ſches Schulgeſetz nicht blos auf dem Verwaltungs⸗ wege, wo wir es ja ſchon haben, ſondern auch für das reine Schulgeſetz nach dem Zedlitzſchen Muſter. Wir treiben hier zwar keine Geſetzgeberei; aber wir bereiten die kommende Geſetzgebung vor, meine Herren, und ich glaube, das iſt dasjenige, was wir hier im Auge behalten müſſen: wir haben von unſern Wählern die Aufgabe erhalten, auch in Schulfragen die Selbſtverwaltung aufs äußerſte zu ſchützen, und wir haben die Aufgabe als Bürger des preußiſchen Staates, an der weiteren Ausgeſtaltung unſerer ganzen Geſetzgebung nach der liberalen, nach der Wohl⸗ fahrtsſeite hin zu wirken, und dazu wird die heutige Abſtimmung, negativ oder poſitiv, ganz ſicherlich beitragen. (Bravo! bei den Liberalen und Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr. Spiegel: Meine Herren, ich werde mich mit Rückſicht auf die ſchon recht vorgeſchrittene Zeit kurz faſſen. Ich kann das um ſo eher, als von den Herren Vorrednern vieles von dem, was ich auf dem Herzen hatte. bereits geſagt worden iſt. Wenn ich zunächſt die Geſchäftsanweiſung be⸗ trachte, wie ſie aus den Ausſchußberatungen hervor⸗