Es wird dann der jetzige § 11 § 12, der jetzige § 12 § 18,, Stadtv. Baake: Meine Herren, zu meiner Ver⸗ wunderung bin ich der vierte Redner der Oppoſition zu dieſer Vorlage. Es iſt eine eigentümliche Taktik, die von den Anhängern dieſer Vorlage in dieſem Augenblick eingeſchlagen wird. Oder darf ich etwa annehmen, daß die Anhänger der Vorlage bereits vollkommen bekehrt ſind, und daß die Vorlage ein⸗ ſtimmig abgelehnt werden wird? Die ſachlichen Ausführungen meiner drei Vor⸗ redner ſcheinen nicht vermocht zu haben, ein Mitglied des Magiſtrats oder ein Mitglied der Ausſchuß⸗ mehrheit zur Verteidigung der eigenen Anſichten herauszunötigen. Vielleicht wird es mir vergönnt ſein, der ich vorhabe, hier Fraktur zu reden, das zu erreichen, was den drei Vorrednern nicht ge⸗ lungen iſt. Der Magiſtrat iſt offenbar der Meinung, daß es in der gegenwärtigen Situation unangebracht ſei, den Abſchluß des Geſchäftes aufzuhalten durch irgend eine Rede ſeinerſeits. Dieſer Standpunkt iſt mir begreiflich, ſeit ich in der Kommiſſion gehört habe, wie ein Magiſtratsvertreter das Kompromiß offen und ehrlich 41. 4. hat als einen Kuhhandel. Ich habe in der Kommiſſion geſagt, mir käme es vor, als hätten wir dort bloß die Aufgabe, die Mücken zu ſeihen, damit das Kameel beſſer verſchluckt werden könne. (Heiterkeit!) Der Herr Magiſtratsvertreter meinte, man könne es vielleicht noch beſſer einen Kuhhandel nennen. Es handelt ſich darum, ein Kompromiß abzuſchließen, und da müſſe man es ſo, wie es ausſehe, eben akzeptieren, da man ſich mit der Regierung doch vertragen wolle. Ja, die liberale Mehrheit der Stadtverordneten⸗ verſammlung Charlottenburgs ſoll dieſes Kompromiß mitmachen: ſie ſoll Ja und Amen dazu ſagen. Ich muß von meinem Parteiſtandpunkte ſagen, als Sozial⸗ demokrat könnte ich nur eine wahre Genugtuung darüber empfinden, daß der Freifinn ſo den Libe⸗ ralismus ruiniert, wie es hier im Werke iſt. Meine Herren Freiſinnigen, Sie find dabei, Ihre eigene Fraktion zu ſprengen! Fahren Sie nur ſo fort! Graben Sie das Grab der Selbſtverwaltung, indem Sie dieſes Kompromiß annehmen. Der Herr Magiſtratsdirigent hat in der Kom⸗ miſſion den Antrag, in dem Ansdruck „svangeliſche Geiſtlich“ das Wort „evangeliſch“ zu ſtreichen, damit bekämpft, daß er erklärt hat: wir fürchten den Papſt in Rom. Oh, meine Herren, der Herr Magiſtratsdirigent irrt ſich ein wenig; er fürchtet, glaube ich, nicht den Papſt in Rom, — der Herr, den er fürchtet, wohnt nicht jenſeits der Alpen und iſt nicht das Oberhaupt einer gewaltigen Kirche, er iſt ein ſimpler Regierungspräſident in Potsdam! Die Schwierigkeiten ſind es, die er durch die Re⸗ gierung befürchtet, nicht aber den Papſt in Rom! Der Liberalismus hätte hier Gelegenheit, ſeinem Vaterlande und dem Geſamtintereſſe des Liberalismus in Preußen einen wichtigen Dienſt zu leiſten. Man ſoll doch dieſe Vorlage nicht getrennt betrachten von den Vorgängen in Preußen überhanpt. Auch dort iſt ein Kompromiß im Gange, das dahin hinausläuft, die Schule der Kirche noch mehr als bisher auszu⸗ Liberalismus, regt es ſich bis in die Reihen der Nationalliberalen hinein. Da iſt es der Regierung liefern. Aber gegen dieſes Kompromiß regt ſich der z 86 —— freilich ſehr unangenehm, wenn ſie mit den großen Städten im Konflikt liegt, wenn geſagt wird: ſo wie die Dinge gegenwärtig liegen, iſt eben ein Gegenſatz vorhanden zwiſchen den Intereſſen der Gemeinden und dem Willen der Regierung, Daraus erklärt ſich mit einem Male die merkwürdige Bereitwilligkeit, mit uns eine Art Kompromiß abzuſchließen. Daß wir bei dieſem Kompromiß obendrein noch die Herein⸗ gefallenen ſein werden, daß wir nicht einmal den wirklichen Nutzen von dem Kompromiß haben, haben meine Vorredner bereits nachgewieſen. Gerade aber wenn es ſich um größere Dinge handelt als bloß um die Angelegenheit dieſer Gemeinde, wenn es ſich darum handelt, dieſem reaktionären Kompromiß in Preußen die Möglichkeit des Inslebentretens möglichſt zu erſchweren, dann ſollten die Liberalen, deren Vertreter im Abgeordnetenhauſe ja dieſes Kompromiß nicht mitmachen, doch hier wirklich mannhaft zu⸗ ſammenſtehen und es hier ablehnen! Es iſt ein feiger Philiſtertroſt, die Waffen zu ſtrecken, weil es doch nichts nützt. Wir müſſen Widerſtand leiſten, ſolange wir können, und gerade in dieſer Frage, wo es nur ein Hüben und ein Drüben gibt, müſſen ſich die Geiſter ſcheiden. Da muß entſchieden werden, wer dafür iſt, daß die Schule, das wichtigſte Bildungselement unſeres Volkes, aus⸗ geliefert wird einer Organifation, die ihrem ganzen Weſen nach mit der modernen Bildung unverträglich iſt, — oder ob man das Gegenteil will. Hier müſſen ſich, wie ich ſagte, die Geiſter ſcheiden, und dazu bietet ſich Gelegenheit, indem wir dieſes Kom⸗ promiß, wie es uns vorgelegt iſt, ablehnen. Zudem kommt noch hinzu, daß es doch auch ſo etwas wie eine Solidarität der großen liberalen Städte geben ſollte. Wir haben den Konflikt in Charlottenburg, wir haben ihn in der Nachbar⸗ gemeinde Berlin. Schädigen wir nicht alle die Stadtgemeinden, die mit der Regierung im Kampf ſtehen in der Schulfrage, wenn wir hier die Waffen ſtrecken? Da wird entgegengehalten: im Gegenteil, wir ſorgen noch für die großen Städte, indem wir ihnen hier ein Kompromiß bieten, das wenigſtens einiges Entgegenkommen gegen die Stadtgemeinden enthält. Aber dieſes Kompromiß, das von einem Regierungspräſidenten gezeichnet und vorgeſchlagen wird, iſt wirklich nicht das Papier wert, auf dem es ſteht. Sowie das große Kompromiß im Abgeordneten⸗ hauſe unter Dach und Fach gebracht iſt, ſowie das neue Schulgeſetz da iſt, wird man auch über dieſes lokale Kompromiß ruhig hinwegſchreiten. Die Miniſter wechſeln in Preußen und ein Miniſterwort iſt keine Sicherheit für die Zukunft. Wir ſollten dafür ſorgen, daß wir hier in Charlottenburg eine vorge⸗ ſchrittene Bürgerſchaft von dem berechtigten Vorwurf befreien, daß ſie eine kulturwidrige Handlung durch den Abſchluß des Kompromiſſes gebilligt hal. Der Schaden, der der Selbſtverwaltung durch dieſes Kompromiß zugefügt wird, kann durch kein Jubiläums⸗ ordensband jemals wieder gutgemacht werden. (Bravol bei den Sozialdemokraten. — Stadtv. Dr. Crüger: Das war Fraktur?) Stadtv. Sachs: Meine Herren, die Erwartungen und die Hoffnungen, die meine Freunde an die Er⸗ ledigung dieſer Frage geknüpft haben, ſind leider, wie ich im Namen der Fraktion offen geſtehen muß, unerfüllt geblieben, und wir wiſſen und ſind über⸗ eugt, daß ganz bedeutende Teile unſerer bisherigen Gerechtſame in bezug auf die Schule aufgegeben ſind. (Stadtv. Hirſch: Brwo!)