87 Meine Freunde ſind aber auch der Anſicht, daß die Regierungsverordnung von 1811, die doch zu Recht beſteht, eine beſtimmte Grundlage iſt für die Ver⸗ ordnung, die wir auch jetzt als Geſetz betrachten, und aus dieſer Verordnung meinen wir, ſei die Re⸗ gierung auch berechtigt, uns gewiſſe Maßnahmen aufzuerlegen. Dieſe Maßnahmen zu erfüllen, das braucht man ja natürlicherweiſe nicht von vornherein auf ſich zu nehmen; aber ich meine doch, daß wir ſchon gleiche Erfahrungen gemacht haben, die da zeigen, wohin es führt, wenn wir nicht den Weg einer Vermittelung beſchreiten. (Widerſpruch bei den Sozialdemokraten.) Als Anfang iſt ein ganz kleiner Vorfall bei uns vorgekommen, daß, wenn der Stadtſchulrat in Schulen gekommen iſt, und der Kreisſchulinſpektor eine An⸗ ordnung getroffen hatte, die Rektoren geſagt haben: wir richten uns nach den Anordnungen, die der Kreisſchulinſpektor gegeben hat, für uns iſt der Stadtſchulrat nicht vorhanden. ein kleiner Anfang; die weiteren Folgen werden ſich wahrſcheinlich noch in ganz anderer Weiſe zeigen. Meine Freunde meinen, daß der Magiſtrat alles Mögliche getan hat, um in irgend einer Weiſe den Frieden herbeizuführen, der uns einen Teil der Ge⸗ rechtſame doch noch läßt. Es iſt ja außerordentlich verführeriſch, was die Herren Doktoren Borchardt und Penzig uns hier vorgetragen haben; man wird tatſächlich geblendet von dem Glanze dieſer logiſchen Entwickelung. Aber ich meine, es iſt doch ein gut Sticck Theorie, was in dieſen Ausführungen ſteckt. Wir müſſen uns mit taktiſchen Maßnahmen beſchäftigen. Ich meine doch, wenn eine ſolche Obſtruktion gemacht werden ſoll, welche von den Herren vorgeſchlagen wird, daß wir die Schuldeputation nicht mehr als das betrachten, was ſie bisher war, ſondern nur als eine äußere Form, daß die Schuldeputation nur die äußeren Rechte der Schulen wahrnehmen ſolle, gar nicht mehr für die inneren Einrichtungen, für die Fortführung der Schulverhältniſſe maßgebend ſein ſollte, daß das zunächſt dazu führt, unſere Schule zu vernichten und die ausgezeichnete Leiſtungsfähigkeit unſerer Schulen geradezu zu Falle zu bringen. Wir können da zwei, drei Jahre mit ſolcher Obſtruktion zubringen! Das ſind nun gerade die Gründe, welche wahr⸗ ſcheinlicherweiſe den Magiſtrat und auch meine Freunde dazu geführt haben, anzuerkennen, daß wir einen Weg des Friedens finden müſſen, um die großen Schädigungen unſerer Schulen zu vermeiden, und aus dieſen Gründen betrachten wir dieſes Kompromiß als den Weg, dieſen Frieden zu finden und dieſe Schädigungen zu vermeiden. Ich glaube ja, daß es ſehr viel wünſchenswerter iſt — und es läßt ſich dieſer Standpunkt ſehr viel leichter verteidigen —, wenn man ſagt: wir haben das Recht, und wir müſſen das Recht innehalten. Ich meine aber andererſeits auch, wir haben ja tat⸗ ſächlich doch nicht die Macht. Die Macht iſt immer⸗ hin in den Händen des Geſetzgebers, und ſich dem voll und ganz ſtets entgegenzuſtellen — das hat ſich ja auch auf dem politiſchen Gebiete erwieſen —, iſt nicht gerade immer förderlich für das Wohl und Wehe des Staates. Alle dieſe Erwägungen führen meine Freunde zu dem Entſchluſſe, daß wir den Kompromißantrag des Magiſtrats annehmen. Das war doch nur hebliche Bedeutung beimeſſen. Stadtv. Schwarz: Meine Herren, als ich in den Ausſchuß kam, ſetzte ich als ſelbſtverſtändlich voraus, daß es uns möglich ſein würde, einen der liberalen Geiſtlichen, an denen ja Charlottenburg keinen Mangel hat, in die Schuldeputation hineinzubringen. Es ſind mir ſeitdem von autoritativer Seite ſtarke Be⸗ denken dagegen geltend gemacht worden, daß uns das unter allen Umſtänden gelingen würde. Falls die erſten drei von uns präſentierten Geiſtlichen nicht ge⸗ nehm ſeien, wurde mir geſagt, müßten wir viel⸗ leicht drei andere präſentieren, — wir würden unter Umſtänden in die Lage kommen, keinen liberalen Geiſtlichen mehr in Vorſchlag bringen zu können. Es wurde alſo beſtritten, daß in dem Falle, daß keiner der drei zuerſt Präſentierten angenommen würde, die Frage ruhe und alles beim alten bleibe. Die für die ganze Frage maßgebende Inſtruktion von 1811 laſſe den Fall unentſchieden. Da ich nicht Juriſt bin. muß ich einem ernſten Bedenken, das von einer fachmänniſchen Autorität ausgeſprochen iſt, eine er⸗ Ich ſagte mir ferner: wer für das auf Grund der Inſtruktion von 1811 berechtigte Verlangen der Aufnahme eines Geiſtlichen in die Schuldeputation eintritt, der opfert kein Recht der Stadt, vielmehr hilft er durch die uns dafür eingeräumten Rechte die Sphäre der Selbſtverwal⸗ tung erweitern; denn wir gewinnen ein hohes Maß von Befugniſſen im Verhältnis zu denen, die uns jetzt übrig geblieben ſind. Nun iſt bei den vielen Ausführungen, in denen die Rechtsfragen beleuchtet und auch den Laien verſtändlich gemacht worden ſind, mir doch ein ſchweres Bedenken erwacht; dieſes Be⸗ denken betrifft die Inſtruktion von 1811. Ein libe⸗ raler Miniſter —, ich glaube, es war der Miniſter von Altenſtein — hat in jener Inſtruktion diejenigen beſonderen Beſtimmungen treffen wollen, denen die Organiſation der Behörde zur Beſorgung der innern Angelegenheiten im § 179b der Städteordnung von 1808 vorbehalten war. Er hat gewiß nicht alle die Konſequenzen überſehen können, die daraus erwachſen find, und die mir, muß ich ſagen, erſt heute abend in ihrem vollen Umfange klar geworden ſind. (Hört, hört!) Meine Herren, denken Sie daran, daß der Miniſter der geiſtlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegen⸗ heiten ſeine Hand auf die Verwendung der Schul⸗ räume gelegt hat! Das iſt offenbar eine äußere An⸗ gelegenheit in Schulſachen (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Verwaltung von Gebänden iſt etwas Außerliches, namentlich eine ſolche, die außerhalb der Stunden des Unterrichts liegt. Die Magiſtrate waren darüber ſehr erregt; es wurde aber geſagt: es gibt kein Mittel dagegen. In der Inſtruktion von 1811 meine Herren liegt der Grund, auf den der Miniſter jenen Anſpruch ſtützt, nämlich die Zuſammenlegung der äußeren und inneren Angelegenheiten der Schule in die Hand einer Behörde, die dem Miniſter unterſtellt iſt. Der Miniſter, der 1811 verfügt hat, wünſchte einen geſetzlichen Vorbehalt der Städteordnung von 1808 auszuführen; er hat offenbar nicht anders gedacht, als daß er damit lediglich über Schulangelegenheiten verfüge; er hat aber damit — das erkennen wir aus dem jetzt geltend gemachten Anſpruch des Miniſters — damals verfügt über eine Vermögensverwaltungs⸗ angelegenheit der Städte, über ihr Recht an der äußeren Verwaltung der Schule, das auf der geſetzlichen Grundlage von 1808 beruht. Die Städteordnung dieſes Jahres beſtimmt wörtlich über Schulſachen: die äußeren Angelegen⸗