90 Mit demſelben Rechte könnten auch wir für uns in Anſpruch nehmen, daß unſere Anſchauungen immer wohl beachtet: für das Intereſſe der Kommune Charlottenburg — die richtigen ſind. (Stadtv. Hirſch: Sie haben doch verſchiedene Anſichten!) Ich bitte, im Auge zu behalten, daß wir hier nicht Prinzipien feſtzuſtellen haben, ob der Geiſtliche in die Schuldeputation hineingehört. oder nicht, ſondern daß wir aufzubauen haben auf Geſetze, die vorhanden ſind. (Zwiſchenruf: Kuhhandel!) Es fällt hier wieder das Wort „Kuhhandel.“ Es klingt ja allerdings ſchauderhaft, das Wort Kuhhandel; (Heiterkeit) aber ſchließlich iſt jedes Kompromiß, jeder Vergleich ein Kuhhandel. (Sehr richtig!) Ich ſcheue gar nicht vor dem Worte Kuhhandel zurück; ich würde mich allerdings befleißigen, eines ſchnneren Wortes mich zu bedienen; ich ſage alſo: Vergleich, und wenn ich noch feiner ſein will, ſage ich vielleicht: Kompromiß; das klingt vielleicht noch ſchöner. (Heiterkeit.) Wenn wir hier in der Stadtverordnetenverſammlung gefragt ſein würden, wie wir uns ein Schulgeſetz denken, und wir hätten dann zu der Frage Stellung zu nehmen, ob ein Geiſtlicher in die Schuldeputation ex officio hineinzuwählen iſt, dann würden meine Freunde ohne weiteres ein entſchiedenes Nein ſagen. (Sehr richtig! bei den Liberalen — Stadtv. Hirſch: Na, na) Hier haben wir es aber nicht mit geſetzgeberiſchen Maßregeln — de lege ferenda — zu ilun, ſondern wir haben auf Grund eines Geſetzes die Zuſammen⸗ ſetzung einer Deputation zu beſtimmen auf Grund einer Geſetzgebung, die uns wenig gefällt, die wir aber nicht gemacht haben, und von der es ſehr zweifelhaft iſt, ob ſie ſo bald weſentlich beſſer werden wird. Herr Kollege Baake, glaube ich, iſt es geweſen, der gemeint hat: was wir jetzt hier bekommen, hängt auch wieder nur von der Gnade des Miniſteriums ab; möglicherweiſe bekommen wir alsbald ein Schul⸗ geſetz, und dann wird das alles über den Haufen geworfen werden. Ja, meine Herren, davon bin ich auch überzeugt: wenn in dieſem preußiſchen Ab⸗ geordnetenhauſe ein Schulgeſetz beſchloſſen wird, dann werden wir die Schuldeputation nicht in der Verfaſſung aufrecht erhalten können, wie ſie uns hier heute vorgeſchlagen wird. (Stadtv. Hirſch: Na, alſo!) Daher habe ich von meinem Standpunkt aus auch nicht das geringſte Bedürfnis, daß vor dieſes Abge⸗ ordnetenhaus ein Schulgeſetz kommt, ſondern ich habe den Wunſch, daß wir mit dieſer geplanten Schuldeputation und mit dieſem Vergleich recht lange arbeiten können. Dann können wir für die Schule weiter wirken, indem wir nicht nur die nötigen Mittel für den Ausbau der Schule auf⸗ wenden, ſondern auch gleichzeitig in der Angelegen⸗ heit der Schule ein entſcheidendes Wort mitreden. Meine Herren, ich kann alſo für die Mehrheit meiner Fraktion die Erklärung abgeben, daß wir war nicht mit Begeiſterung an die Löſung der 1 herantreten, daß wir aber mit Rückſicht auf die Zwangslage, in der wir uns befinden, bereit ſind, mit der Regierung einen Vergleich abzuſchließen auf der geſetzgeberiſchen Grundlage, die uns keines⸗ wegs gefällt, die wir aber abzuändern nicht in der Lage ſind. Meine Herren, aus dieſen Erwägungen heraus kommen wir zur Annahme der Magiſtrats⸗ vorlage. (Bravo! bei den Liberalen und bei der Freien Ver⸗ einigung; Ziſchen bei den Sozialdemokraten.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, Herr Dr. Borchardt hat einen Antrag geſtellt, daß die Schuldeputation, wie ſie jetzt beſteht, aufgehoben und nur eine Schuldeputation zur Verwaltung der äußeren Angelegenheiten der Schule eingeſetzt werden ſoll. Ich möchte mich zunächſt gegen dieſen Antrag wenden. Herr Dr. Borchardt hat dieſen Antrag hauptſächlich durch den Gedanken begründet, daß er ſagt: die Schuldeputation, wie ſie jetzt nach der Ge⸗ ſchäftsanweiſung ausgeſtaltet werden ſoll, die der Magiſtrat vorgelegt und die der Ausſchuß mit einigen Abänderungen empfohlen hat, iſt überhaupt keine Schuldeputation; ſie iſt nichts mehr wert. Nach dieſer Richtung hat er ſich namentlich auf drei Punkte be⸗ zogen, die ſo außerordentlich irrtümlich ſind, daß ich genötigt bin, auf dieſe drei Punkte einzugehen und ſie als tatſächlich irrtümlich nachzuweiſen. Zunächſt, meine Herren, hat er Ihnen mitgeteilt, was er im Ausſchuß erfahren hat, daß der Magiſtrat in einem Vorſtadium der Verhandlungen eine For⸗ derung geſtellt habe, die dahin gehe, daß anerkannt werde, daß die Inſtruktion vom Jahre 1811 die Schuldeputation als die Leitungsbehörde für die ſtädtiſchen Schulen bezeichne, und worin für die De⸗ putation das Recht in Anſpruch genommen werde, für den äußeren Schulbetrieb die Grundſätze aufzu⸗ ſtellen, welche für die Rektoren zur Leitung der öffent⸗ lichen Schulen maßgebend ſind. Er hat dann mit⸗ geteilt, daß der Regierungspräſident auf dieſe Forde⸗ rung des Magiſtrats keine Antwort erteilt habe: denn es ſtehe auf der gegenüberſtehenden Seite der Zu⸗ ſammmenſtellung, da, wo die gewährten Forderungen verzeichnet ſeien, ein Vakat. Nun, meine Herren, er iſt ſchon im Ausſchuß belehrt worden — leider, wie ich ſehe, ohne Erfolg —, daß dieſes Vakat eine ganz andere Bedeutung hat, als er ihm beilegt. Nicht hat der Herr Regierungs⸗ präſident dieſe Forderung des Magiſtrats abgelehnt, ſondern, meine Herren, er hat ſie ausdrücklich in der Geſchäftsanweiſung anerkannt, und zwar ſehr ein⸗ gehend anerkannt in § 2 in den Punkten a bis n — das iſt in 13 Punkten —, wo ausführlich die einzelnen Rechte der Schuldeputation feſtgelegt ſind, wo die Schuldeputation als Leitungsbehörde der Schule nach Maßgabe der beſtehenden Geſetze anerkannt wird. Das hat Herr Dr. Borchardt überſehen. Er iſt alſo hier auf einem vollſtändig irrigen Boden. Die Regierung hat nicht nur nicht die Forderung des Magiſtrats unbeantwortet gelaſſen, hat ſie nicht nur nicht abge⸗ lehnt, ſondern hat ſie beſtätigt in dem § 2 a bis u. Dann hat Herr Stadtv. Dr. Borchardt zweitens darauf hingewieſen, daß der Magiſtrat verlangt habe, daß bezüglich des Disziplinarrechts es der Schul⸗ deputation unbenommen ſein ſolle, an den vorbe⸗ reitenden Verhandlungen teilzunehmen und allenfalls den Tatbeſtand entweder ſelbſt oder durch ihre Organe feſtſtellen zu laſſen. Dieſes Recht der Disziplinarbe⸗ fugnis ſei nun, ſagt Herr Dr. Borchhardt, dem Ma⸗ giſtrat nicht eingeräumt worden. Meine Herren, es iſt richtig. daß in einem früheren Stadium der Ver⸗ handlungen mit der Königlichen Regierung vom Ma⸗ giſtrat das Disziplinarrecht in dieſem Umfange für die Schuldeputation in Anſpruch genommen iſt. Der Magiſtrat hat ſich aber im Laufe der Verhandlungen