—— 94 — § 2 und in der folgenden Inſtruktion ſteht nichts von dem Recht der Regierung, die Mitwirkung eines Geiſtlichen zu verlangen. Wenn Sie die Vorſchläge annehmen, die Ihnen heute gemacht werden, ſo geben Sie dieſes Recht der Regierung zu, ein Recht, daß die Regierung uns gegenüber für ſich niemals in Anſpruch genommen hat! Würde die Regierung dieſes Recht für ſich in Anſpruch nehmen, dann hätte ſie ohne weiteres verlangt, daß wir den Geiſtlichen aufnehmen; (Stadtv. Baake: Sehr richtig!) dann hätte ſie uns nicht irgendwelche Konzeſſionen angeboten; dann wäre der ganze jahrelange harte Kampf nicht notwendig geweſen. Nun, meine Herren, wenn wir uns nicht ganz klar und einig ſind über die Tragweite, wenn die Differenz der Meinungen beſteht zwiſchen Magiſtrat und uns, dann betreten Sie doch den Weg, der durch den Antrag des Kollegen Dr. Spiegel uns gewieſen iſt! Dann prüfen wir wirklich doch einmal die Rechts⸗ frage! Ich glaube, es wird gelingen, nachzuweiſen: der Standpunkt des Magiſtrats, daß durch die Inſtruktion von 1811 der Regierung das Recht ge⸗ geben wird, die Aufnahme des Geiſtlichen in die Schuldeputation zu verlangen, dieſer Standpunkt iſt zweifellos falſch, — mag auch ſonſt manches in unſerem Schulweſen zweifelhaft ſein. Ich bitte Sie alſo, meine Herren, in erſter Linie: lehnen Sie die Vorlage ab! Und ich möchte doch wahrhaftig unſere Staatsregierung in Schutz nehmen gegen die Auffaſſung, die hier ausgeſprochen wird — was iſt das für eine Auffaſſung, und mag man noch ſo oppofitionell ſtehen —: daß der Staats⸗ regierung zugemutet wird, daß ſie aus Bosheit unſere Schule ruinieren wird! Stellen Sie ſich nicht auf dieſen Boden, meine Herren! Und wenn von einem Popanz die Rede geweſen iſt, mit dem Ihnen gruſelig gemacht werden ſoll, — nun, der Popanz iſt die Vernichtung der Schule durch die Regierung! Ich bitte Sie: lehnen Sie die Vorlage ab! Und wenn Sie zweifelhaft ſind: laſſen Sie uns noch ein⸗ mal prüfen! Ich weiß gar nicht: warum ſoll die Geſchichte übers Knie gebrochen werden? Wenn wir ſeit Jahren gewartet haben, dann warten wir auch noch länger. Geben Sie aber kein Recht preis, das wir noch beſitzen! (Bravo! bei den Liberalen und Sozialdemokraten.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Ich muß mich dagegen wenden, daß Herr v. Liszt mir Worte unterlegt, die ich nicht geſprochen habe. Es iſt mir gar nicht eingefallen, zu ſprechen von der Vernichtung der Schule durch die Regierung. (Stadtv. Dr. v. Liszt: Das habe ich auch nicht von Ihnen geſagt!) Ich bitte: Sie haben exemplifiziert auf mich und haben es in dieſem Zuſammenhange geſagt!) (Stadtv. Dr. v. Liszt: Nein!) Wenn Sie das erklären, ſo iſt die Sache erledigt: ich hatte es ſo auſſe als meinten Sie, ich hätte das geſagt. Ich habe nur davon geſprochen, daß wir den Einfluß auf unſere Schulen uns wahren ſollen und ihn nicht ausliefern ſollen an irgendeinen andern. Das iſt die Hauptſache. Was nun die Paragraphen der Inſtruktion anbe⸗ trifft, von denen Herr Stadtv. Dr. v. Gaft ſagt, darin wäre für die Schuldeputation ein Geiſtlicher nicht verlangt, ſo weiß ich wohl, daß dieſe Paragraphen beſtritten ſind, daß ſie verſchieden ausgelegt werden. Wir haben auch in unſerer Vorlage ausdrücklich nur geſagt, daß die Regierung „eine gewiſſe Grundlage“ für ihr Verlangen, einen Geiſtlichen in der Depu⸗ tation zu haben, in der Inſtruktion von 1811 finde; weiter ſind wir nicht gegangen; aber das halten wir aufrecht. Und ich bitte ſehr, meine Herren, daß Sie ſich die Worte des § 3 und § 5 ins Gedächtnis zurückrufen; Sie können dann doch gar nicht anders als dem Magiſtrat recht geben, wenn er ſagt, daß eine gewiſſe Grundlage in der Inſtruktion für die Forderung der Regierung enthalten iſt. In § 3 iſt nämlich geſagt, daß zu jeder mit Sachverſtändigen zu beſetzenden Stelle drei Subjekte zu wählen ſeien, daß dieſe vom Magiſtrat der Regierung vorgeſchlagen werden, welche für jede Stelle eins ausſucht, und in § 5 iſt dann geſagt: Die mit ſachverſtändigen Mitgliedern zu be⸗ ſetzenden Stellen können auch anderen einſichts⸗ vollen Männern übertragen werden, müſſen jedoch ſoviel als möglich mit Geiſtlichen beſetzt werden. Meine Herren, wenn die Dinge ſo ſtehen, muß man doch ſagen: die Regierung hat eine gewiſſe Grundlage, zu verlangen, daß Geiſtliche hineinkommen. Und das iſt unſere Argumentation: wenn wir uns auf die Inſtruktion von 1811 ſtützen — und das iſt unſere vornehmſte Quelle für die Rechte der Schul⸗ deputation —, dann müſſen wir auch zugeben, daß Beſtimmungen dieſer Inſtruktion gegen uns heran⸗ gezogen werden. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, der Vor⸗ ſchlag, den ich gemacht habe, wurde von der einen Seite, von Herrn Stadtv. Sachs, als eine Obſtruktion bezeichnet; Herr Stadtv. Sachs meinte, ich rate den Gemeinden an, gegen den Staat Obſtruktion zu treiben. Herr Stadtv. Dr. Crüger wiederum bezeich⸗ nete es als eine leere Demonſtration. Beides muß ich zurückweiſen. Ich halte es weder für erſprießlich, in ſolchen Dingen Obſtruktion zu treiben, noch halte ich es für erſprießlich, eine leere Demonſtration zu machen; ſondern ich habe den Vorſchlag gemacht, weil ich ihn für den einzig möglichen praktiſchen Vorſchlag halte. Ich werde mit ein paar Worten darauf noch zurückkommen. Herr Stadtv. Dr. Crüger hat mir dann weiter vorgeworfen, daß ich in rechtlichen Ausführungen mich ergangen habe, dabei aber nichts Neues vor⸗ gebracht habe. Nun, meine Herren, es iſt mein Ehr⸗ geiz nicht geweſen, etwas weſentlich Neues in juriſtiſcher Beziehung vorzubringen, und ich bin ja auch vollkommen davon überzeugt, daß dieſe ganz bekannten juriſtiſchen Verhältniſſe allen Mitgliedern dieſer Verſammlung hier bis ins einzelne genan bekannt ſind. Aber, meine Herren, ich habe ja auch ausdrücklich hervorgehoben, daß ich nicht nur zu den Herren Kollegen ſpreche, ſondern daß, wenn ich von dieſem Orte aus ſpreche, ich es allerdings auch für meine Pflicht halte, die Verhältniſſe für eine weitere Offentlichkeit zu beleuchten. Dann hat der Herr Kollege Dr. Crüger die Rolle des Miniſterſchützers ſpielen wollen und gemeint, was ich dem Miniſter vorgeworfen habe, er habe den § 1 des Geſetzes von 1872 zitiert, aber den § 3 dann vergeſſen, dasſelbe ſei mir paſſiert; denn in meinen ganzen Ausführungen ſei ich nicht auf § 1 zurück⸗ gekommen. Dieſe Ausführung des Herrn Kollegen Dr. Crüger war mir durchaus unverſtändlich. I habe ſowohl den § 1 in ſeiner ganzen Bedeutung dargelegt, habe dann aber eben dargelegt, daß das,