der Milch, Abſatz in kleinen Portionen, wie ſie für den Gebrauch des Säuglings beſchaffen ſein müſſen, Steriliſation, Abkochung während der heißen Jahres⸗ zeit —, und was alles noch weiter dazu gehört. Ich bitte Sie alſo, ſich dieſem Vorſchlage ſympathiſch gegenüberzuſtellen. Zu gleicher Zeit werden wir da ein bißchen Mittelſtandspolitik treiben. Mit irgend welchen Produzenten müſſen wir uns ja in Ver⸗ bindung ſetzen, wenn wir zur Bekämpfung der Säuglingsſterblichkeit gute Milch liefern wollen. Alſo warum ſollen wir es nicht mit dieſen kleinen Gewerbetreibenden tun, die noch dazu Charlotten⸗ burger ſind! Deshalb hoffe ich auch, daß dieſer Antrag bei dem Teile des Hauſes, welcher gern Mittelſtandspolitik treibt, Beachtung finden wird. Aber auch die Liberalen werden wegen des Stand⸗ punktes, den ſie in der Genoſſenſchaftsfrage ein⸗ nehmen, dem Antrage günſtig geſtimmt ſein. Ich bitte den Magiſtrat, der Sache große Sym⸗ pathie entgegenzubringen und bald der Verſammlung eine Vorlage zu unterbreiten. Stadtv. Marcus: Ich will nur dem Herrn Kollegen Dr. Zepler auf einen einzigen Punkt er⸗ widern. Wenn Sie auf Herrn Profeſſor Dr. Back⸗ haus hingewieſen haben, geſtatte ich mir, darauf aufmerkſam zu machen, daß derſelbe als Autorität auf dieſem Gebiete kaum noch anzuſprechen iſt, namentlich für diejenigen, welche die vorgeſtrigen Verhandlungen der Berliner Stadtverordnetenver⸗ ſammlung verfolgt haben. Herr Profeſſor Dr. Back⸗ haus iſt, um es gelinde auszudrücken, von ſeinem Poſten bereits abgedankt. Es ſind ſehr eingehende Mitteilungen darüber gemacht worden, weshalb gerade diejenigen Methoden, durch deren Anwendung urſprünglich Herr Profeſſor Dr. Backhaus geglaubt hatte, durch 1 4 . guter Milchnährung die Säug⸗ lingsſterblichkeit ſtark reduzieren zu können, na keiner Richtung hin ſich bewährt haben. Sowohl Theoretiker wie Praktiker ſind ſeiner Methode von Anfang an mit ſtarken Bedenken entgegengetreten bezüglich der Verwendung des Graſes der Rieſel⸗ felder zur Fütterung der Kühe. Es hat ſich jetzt herausgeſtellt, daß er mit ſeinen Theorien nach gar keiner Richtung hin irgend welchen greifbaren Nutzen ſchaffen konnte. Alſo, wie geſagt, als Autorität iſt Herr Profeſſor Backhaus wenigſtens nach den vor⸗ geſtrigen Verhandlungen der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung von Berlin — ich din ja nicht näher darüber unterrichtet — auf dieſem Gebiete kaum noch anzuſehen. Stadtv. Heiſe: Meine Herren, ich habe eigentlich wenig dieſen Ausführungen hinzuzuſetzen. Bei einer Stadtverwaltung können Irrtümer ja vorkommen; man kann Fehler machen. Aber, Herr Kollege Zepler, nie würde die Stadt einen größern Fehler begehen, als wenn ſie das einführte, was Sie befürworten. In dieſer Beziehung bin ich Fachmann! Ich habe erſt neulich im Etatsausſchuß darauf hingewieſen: Sie können machen, was Sie wollen, füttern Sie ſechs Monate ein Rind mit Rieſelgras, wie Sie es vorſchlagen, dann kommen die Bazillen aus dem Euter. Aber dann noch etwas anderes! Wenn Sie das hier ſo leicht hinſtellen und ſagen: die Stadt ſoll und kann das einrichten und dann betonen: billiger! — Ja, meine Herren, man muß die Landwirtſchaft kennen, wenn man dieſes Thema erörtern will; man muß wiſſen, daß der Landwirt einen großen Pro⸗ 165 zentſatz auf die Unkoſten ſchlagen muß. Wo bleiben Sie hier damit? Das ſind alles Dinge, die ſo klar liegen, daß man dieſe Frage, die ſo ſchlimm liegt, eigentlich nicht erörtern kann. Wenn Sie Ihre Ausführungen noch näher be⸗ gründen wollen — Sie haben ſich noch einmal zum Worte gemeldet —, ſo können Sie das auch nur theoretiſch tun. Praktiſch iſt die Sache nicht auszu⸗ führen. Stadtv Dr. Zepler: Ich gehe auf dieſe Frage nicht ein. Ich halte dieſe Frage durchaus noch nicht für abgeſchloſſen, wenn auch Herr Profeſſor Back⸗ haus vorläufig den kürzeren ziehen muß in dieſen noch theoretiſchen Fragen. Das hat aber damit nichts zu tun — das bezog ſich auf eine Anſchaffung von Kühen —, daß wir den Antrag der Milch⸗ produzenten in der Genoſſenſchaft zur Annahme empfehlen. Die Stadtverwaltung kann ja auch ohne die Rieſelfelderbenutzung mit eigner Gründung vor⸗ gehen; das hat alſo auch damit nichts zu tun. Ich empfehle unter allen Umſtänden, wenigſtens dem Antrag der Produktivgenoſſenſchaft zuzuſtimmen. Stadtu. Dr. Borchardt: Ich möchte nur noch das Eine hinzufügen. Wenn wir den Magiſtrat mn wohlwollende Erwägung dieſer Petition erſuchen, ſo möchten wir allerdings von dieſer wohlwollenden Erwägung den einen Paſſus ausnehmen, daß ein ſtädtiſches Terrain zu günſtigen Bedingungen an die Geſellſchaft verkauft wird. Das möchten wir doch bitten, nicht zu erwägen. (Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Streichen Sie doch das Wohlwollen! — Heiterkeit.) — Durchaus nicht! Dem Antrage ſelbſt, eine Molkerei auf genoſſenſchaftlichem Wege herzuſtellen, dieſem Grundgedanken des Antrages ſtehen wir durchaus ch ſympathiſch gegenüber und bitten den Magiſtrat, dieſen Gedanken ſehr wohlwollend zu erwägen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung beſchließt nach dem Antrage des Ausſchuſſes, die Petition dem Magiſtrat zur wohlwollenden Er⸗ wägung zu überweiſen.) Vorſteher Roſenberg: Wir kommen zu III. Petition des Haus⸗ und Grundbeſitzer⸗ vereins der füdlichen und weſtlichen Stadt⸗ teile von 1903 zu Charlottenburg u. a. m. betr. proviſoriſche Errichtung einer höheren Mädchenſchule in dem Hauſe Bismarckſtraße Nr. 43/44. Berichterſtatter Stadtvu. Dr. Penzig: Meine Herren, unſere Bewohner der weſtlichen und ſüdlichen Stadtteile beklagen ſich bereits ſeit längerer Zeit darüber, daß ſie ihre Kinder viel zu weit in die Mädchenſchule ſchicken müſſen, daß vor allen Dingen in dieſer Gegend eine ſtädtiſche Mädchenſchule über⸗ haupt nicht vorhanden iſt. Der Haus⸗ und Grund⸗ beſitzerverein der weſtlichen und ſüdlichen Stadtteile, ferner der ſüdlichen Stadbezirke, der Freiſinnige Be⸗ zirksverein Charlottenburg Südweſt, der Vorſitzende des Vereins der weſtlichen Stadtbezirke und der Vorſitzende des konſervativen Bürgervereins zu Char⸗ lottenburg wenden ſich in einer Petition an den Magiſtrat und die Stadtverordneten, um möglichſt bald eine ſtädtiſche höhere Mädchenſchule in jene Gegend hineinzubekommen.