—— 1676 — digungen, wenigſtens ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Allerdings erfuhren wir beiläufig, daß in der Unterredung geltend gemacht wurde, erſtens: die Badewärter ſeien zu überlaſtet. Nun, es iſt merkwürdig, daß ſie gerade ausgerechnet jetzt über⸗ laſtet waren, wo es ſich um einen ſozialdemokratiſchen Schwimmverein handelte, während ſonſt ſo etwas nicht in Frage kam. Ferner brachten wir in Er⸗ fahrung, daß die Statuten des Vereins eingefordert worden waren; und da fand ſich manches zu be⸗ mängeln. Erſtens wurde feſtgeſtellt, es handle ſich gar nicht um einen Charlottenburger Schwimm⸗ verein, ſondern um einen Berliner, und es handle ſich hier nur um einen Zweigverein, um eine Filiale des Berliner Vereins. Das iſt ein ſehr minder⸗ wertiger Ablehnungsgrund. Das iſt ja nur eine Formſache. Tatſächlich handelt es ſich doch um Charlottenburger Bürger, welche hier einen Schwimm⸗ verein haben und nur zum Zwecke der beſſeren Eriſtenzfähigkeit, der beſſeren Zuſammengehörigkeit und beſſeren Leiſtungsfähigkeit von dem Berliner Mutterverein unterhalten werden. Dann wurde an einem § 2 Anſtoß genommen. Da hieß es nämlich, Mitglied des Vereins könne nur derjenige werden, welcher nicht gleichzeitig in einem bürgerlichen Verein ſei. Man kann über die Zweck⸗ mäßigkeit dieſes Paragraphen ſtreiten; der Paragraph iſt auch ſofort ausgemerzt worden und eriſtiert jetzt nicht mehr. (Ah) Aber ſelbſt wenn er jetzt noch exiſtierte — er hat ja wohl bei der Anfrage exiſtiert —, ſo handelte es ſich nicht um etwas Revolutionäres, ſondern um eine Zweckmäßigkeitsfrage. Es iſt doch ganz klar, daß die Intereſſen nicht geteilt werden dürfen; wer zwei Vereinen angehört, wird ſich nicht einem Verein mit allen ſeinen Kräften und Beſtrebungen hingeben können. Geteilte Intereſſen ſind niemals förderlich. Aber ſelbſt abgeſehen davon: iſt denn das ſo etwas Schlimmes, wenn die Mitglieder unter ſich ſein wollen? Geſchieht das nicht auch in bürger⸗ lichen Kreiſen mehr als irgendwo ſonſt? Herrſcht da nicht der größte Kaſtengeiſt“ Haben wir nicht Offizierscliquen? Haben wir nicht Beamtencliquen? Haben wir nicht Cliquen, die nach religiöſen Motiven ſich bilden, nach hurrapatriotiſchen und nach anderen Motiven? Das iſt doch noch viel mehr der Fall! Man kann es den Leuten nicht verdenken; man will unter ſich ſein, die Geſelligkeit wird größer, und die Ziele werden gefördert. Warum wollen Sie es den Sozialdemokraten verdenken, daß ſie unter ſich ſein wollen? Hier iſt verſchiedene Geſinnung noch viel gefährlicher; hier kann großer Zwieſpalt entſtehen. Denken Sie an das Beſtehen einer gewerkſchaftlichen Bewegung; da handelt es ſich nicht um Geſelligkeit; aber wenn die Mitglieder mit Streikbrechern zu tun haben, das kann die Harmonie nicht fördern. Da⸗ hinter braucht man alſo nicht gleich etwas Auf⸗ rühreriſches zu wittern. Wie dem auch ſei der Magiſtrat unterſtützt doch ſonſt Beſtrebungen, die auf geſundheitliche Ubung, auf Stärkung der Geiſtesgegenwart, des Verſtandes, der Kaltblütigkeit hinauslaufen. Körper und Geiſt ſollen geſtärkt werden das iſt doch der Zweck eines Schwimmvereins. Da iſt es doch egal, was die Leute ſonſt für eine Geſinnung haben. In dem Verein wird keine Politik getrieben; das Ziel iſt tatſächlich das Schwimmen, Körper und Geiſt ab⸗ zuhärten und zu ſtärken. Ein beſonderer Zweck iſt die bung in der Rettung Ertrinkender. Ja, zum Kuckuck, wer fragt denn erſt, welche politiſche Ge⸗ ſinnung ein Ertrinkender hat, wenn man ihm nach⸗ ſpringt und ihn retten will? Warum ſoll man hier erſt nach der politiſchen Geſinnung fragen? Der Magiſtrat unterſtützt Jugendſpiele, es wird ſogar ein bürgerlicher Schwimmverein mit Geldmitteln unter⸗ ſtützt, und hier ſollen, bloß weil es ſic um Sozial⸗ demokraten handelt, derartige Hinderniſſe in den Weg gelegt werden? Und dazu ſind es ſo kleinliche Mittel! Wird denn dadurch die politiſche Geſinnung unterdrückt? Iſt denn jemals ein Arbeiter dadurch ſchon von ſeiner politiſchen Geſinnung abgebracht worden? Im Gegenteil! Kleine Nadelſtiche reizen viel mehr; das macht erſt Sozialdemokraten. Alſo iſt es ein Ver⸗ dienſt, in der Weiſe vorzugehen? Ich möchte faſt glauben, daß es ſich bei der Ablehnung wirklich ſchon um ein Prinzip gehandelt hat, um dasſelbe Prinzip, das der Herr Oberbürgermeiſter neulich bekundet hat, als er ſeine große ſozialiſtentöteriſche Rede zum Fenſter hinaus hielt. Ich glaube, die Ablehnung des Geſuches des ſozialdemokratiſchen Schwimm⸗ vereins geſchah ſchon unter dieſem Geſichtspunkt. Ich möchte ſchließlich noch fragen, warum dieſer Antrag nicht der Deputation für Geſundheitspflege vorgelegen hat, während die anderen doch vorgelegen haben. Ich war ſelbſt in der Sitzung, als die An⸗ träge vorgelegt wurden; ohne daß darüber geſprochen wurde, wurden ſie einfach en bloc genehmigt. Ich weiß nicht, ob dies Geſuch damals ſchon vorgelegen hat; Herr Stadtrat Waldſchmidt, ſagt, es habe noch nicht vorgelegen; aber es hätte doch ſpäter auch vor⸗ gelegt werden müſſen. Aus allem ſieht man nur das Nein, daß abgelehnt wird, und dieſes Nein, dieſe Negierung anderer politiſcher Ziele iſt viel ſchlimmer, als wenn der ſozialdemokratiſche Schwimm⸗ verein politiſche Propaganda hätte treiben wollen. Stadtrat Dr. Waldſchmidt: Meine Herren, der Antrag, der uns hier beſchäftigt, zerfällt in zwei Teile: einmal lautet das Geſuch dahin, daß beſtimmte Abende für Übungszwecke dem Schwimmverein „Vor⸗ wärts“ zur Verfügung geſtellt werden möchten, und zweitens wird um lIberlaſſung eines beſtimmten Sonntages zur Abhaltung eines Schwimmfeſtes ge⸗ beten. Bezüglich des erſten Punktes war es ganz und gar nicht möglich, dem Geſuch des Schwimmvereins „Vorwärts“ Folge zu geben, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil faſt ſamtliche Abende der Woche beſetzt ſind, teilweiſe durch die drei Schwimm⸗ vereine: Schwimmverein Charlottenburg von 1887, Schwimmverein „Arminia“ und Verein Charlotten⸗ burger Waſſerfreunde. Dieſe drei Vereine haben ſich vor Anfang des Winters und zwar — ich be⸗ tone das längere Zeit, bevor der Schwimmverein „Vorwärts“ an uns herangetreten war, darum be⸗ worben, ihre Schwimmübungen, wie es auch in früheren Jahren der Fall war, dort abzuhalten; es iſt dieſen drei Vereinen infolge deſſen je ein Abend in der Woche frei gegeben worden. Somit ſind von den ſechs Wochentagen drei Abende in Anſpruch ge⸗ nommen durch die Vereine. Am Freitag Abend wird eine gründliche Reinigung des Schwimmbaſſins vorgenommen; es iſt ausgeſchloſſen, daß das Schwimm⸗ baſſin an dieſem Abend noch einem Verein über⸗ laſſen werden kann. Am Sonnabend iſt eine der⸗ artige Überlaſtung des Schwimmbades durch den ſtarken Beſuch, daß auch dieſer Abend nicht freige⸗ geben werden konnte. Es blieb alſo nur noch der