—— 169 —— hätte, wie ich auch leugnen muß, daß der Verein dazu da iſt, um ſozialdemokratiſche Propaganda zu treiben. Das iſt auch gar nicht nötig; wir haben genng andere Propaganda; die ganze Arbeiterbe⸗ wegung, die ganze Fabrikordnung iſt Propaganda für uns. Sie machen am meiſten Propaganda für uns: (Lachen) auch heute haben Sie wieder Propaganda gemacht. Der Schwimmverein will keine Propaganda machen; ſeine Mitglieder wollen aber unter ſich ſein. Ich muß dagegen proteſtieren, daß der Herr Oberbürger⸗ meiſter geſagt hat, das Schwimmen ſei nur eine Maske. Das iſt nicht der Fall; es handelt ſich um ehrliches Schwimmen. Aber die Leute wollen unter ſich ſein, ſo gut wie die Antiſemiten unter ſich ſein wollen, die Offiziere unter ſich ſein wollen, die Konſervativen unter ſich ſein wollen uſw. Von einer Maske da zu ſprechen, iſt ganz unangebracht; das muß ich entſchieden zurückweiſen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, mein Freund und Kollege Dr. Zepler hat in einer völlig harmloſen Weiſe das Wort „ſozialdemokratiſcher Schwimmverein“ gebraucht, indem er eine Bezeichnung anwandte, die von den anderen Klaſſen, von den anderen Parteien ſtets auf einen Verein angewandt wird, der aus Arbeitern beſteht. (Na, na! bei der Freien Vereinigung.) Sobald ein Arbeiterverein irgend etwas wünſcht, wird ſofort geſagt: das iſt ja ein ſozialdemokratiſcher Verein. Dadurch iſt die Bezeichnung „ſozialdemo⸗ kratiſcher Turnverein“, „ſozialdemokratiſcher Schwimm⸗ verein“, „ſozialdemokratiſcher Radfahrerverein“ und was ſonſt alles für „ſozialdemokratiſche“ Vereine einfach Sprachgebrauch geworden, — Sprachgebrauch, der eigentlich an ſich ein Sprachmißbrauch iſt. Denn es iſt natürlich ein innerer Widerſpruch: ſozialdemo⸗ kratiſcher Sportverein; die Sozialdemokratie hat eben nicht Sport zu treiben und treibt keinen Sport, ſondern iſt eine ſehr ernſte politiſche Partei. Wenn nun aber dieſer Sprachmißbrauch dazu bewegt, in harmloſer Weiſe, dieſem Sprachgebrauch folgend, den Ausdruck „ſozialdemokratiſcher Schwimm⸗ verein“ zu gebrauchen, ſo berechtigt das in keiner Weiſe Sie, meine Herren, nun zu ſagen: dieſer Schwimmverein verfolgt ſozialdemokratiſche Ziele. Dieſer Schwimmverein fragt kein Mitglied nach ſeiner politiſchen Geſinnung! Dieſer Schwimmverein ver⸗ folgt die Ziele des Schwimmens, (na, na! bei der Freien Vereinigung) die Ziele, die ein jeder Schwimmverein verfolgt. Daß in einem Schwimmverein, eben weil er ein Sportverein iſt, weil er auch die Geſelligkeit pflegt, daß in einem ſolchen Verein Leute ſich zuſammen⸗ finden, die zuſammenpaſſen und mit einander harmonieren, das iſt etwas außerordentlich Selbſt⸗ verſtändliches, etwas ſo Erklärliches, daß man darüber überhaupt kein Wort zu verlieren braucht und jedenfalls nicht behaupten darf: die Ziele eines ſolchen Vereins ſind nicht die von ihm angegebenen ſportlichen Ziele, ſondern ſind die Ziele politiſcher Agitation. (Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Steht Vorwärts drin!) Nun, meine Herren, hat dieſer Schwimmverein ſich an den Magiſtrat gewendet um Überlaſſung einer Schwimmhalle zu ſeinen Ubungen und um 4berlaſſung der Halle für einen beſonderen Tag zum atn Waleſch Der Herr Dezernent, Herr Stadtrat Waldſchmidt, hat ausgeführt: beſtimmte Abende könnte man dem Verein nicht mehr zuwenden, ja im da die Schwimmhalle bereits an ſämtlichen Wochen tagen vollſtändig belegt ſei, einerſeits durch dre andere Vereine, andererſeits durch die Notwendigkeit der Reinigung, dann an dem letzten Tage, weil für die Frauen die Schwimmhalle bis zum ſpäten Abend geöffnet iſt. Ich muß geſtehen, es ſind das Gründe, die ſich immerhin hören laſſen, wenn ein neuer Verein kommt und ſagt: ich möchte auch die Schwimm⸗ halle haben, und man ihm erwidert: Lieber Freund, die Schwimmhalle iſt bereits ſo beſetzt, daß wir ſie nicht mehr vergeben können. Aber das außerordentlich Verletzende in dem Beſcheide des Magiſtrats. ganz abgeſehen davon, daß Herr Stadtrat Waldſchmidt in ſeinen weiteren Ausführungen bemerkte, daß dieſe Gründe, die allein anerkannt werden könnten, nicht die maßgebenden geweſen ſeien, — das außerordentlich Verletzende in dem Beſcheide des Magiſtrats für den betroffenen Schwimmverein lag in der Form, in der ihm ein⸗ fach mitgeteilt wurde, daß wir nicht in der Lage ſind, ihm die Schwimmhalle zu überlaſſen, daß ihm alſo wie ſoll ich ſagen, beinahe möchte ich ſagen: in dieſem Unteroffizierston geantwortet wird. Wenn jemand ſich petionierend mit einer höflichen Bitte an eine Behörde wendet, wobei er um etwas bittet, was zu verlangen ja nicht ſein unbedingtes, ver⸗ brieftes Recht iſt, ſondern was er eben verlangen kann auf Grund der Billigkeit, weil man derartige Dinge den anderen Bürgern auch überläßt, ſo iſt doch zu erwarten, daß eben ein höfliches Wort auch eine höfliche Statt findet, daß man auf eine höfliche Anfrage auch eine höfliche Antwort erhält, und daß, wenn man die Antwort bekommt: es geht nicht, wir können dieſe Schwimmhalle euch nicht überlaſſen dann dieſe Antwort doch motiviert wird, daß einem doch mitgeteilt wird, warum dieſe Halle nicht gegeben werden kann. Ich bin überzeugt, wenn die Antwort ſo moti⸗ viert worden wäre, wie ſie Herr Stadtrat Waldſchmidt hier zuerſt motiviert hat, würde der Schwimm⸗ verein vielleicht — ich weiß es nicht — vielleicht ſich geſagt haben: nun, dann müſſen wir uns vor⸗ merken laſſen, dann werden wir an den Magiſtrat mit einer Bitte herantreten, im Falle die ſchon lange verſprochene zweite Volksbadeanſtalt gegründet ſein wird, uns da als den Erſten vorzumerken, und außerdem werden wir an den Magiſtrat vielleicht mit der Bitte herantreten, einen beſtimmten Turnus einzuführen, bei dem auch wir berückſichtigt werden können. Etwas Derartiges wäre doch durchaus erklärlich geweſen. Aber der Herr Stadtrat Waldſchmidt und nach⸗ her auch der Herr Oberbürgermeiſter haben direkt zugegeben, daß dieſe in der Natur der Sache liegenden eventuellen Gründe nicht maßgebend waren, ſondern daß die maßgebenden waren: der Verein ſei ein ſozialdemokratiſcher Schwimmverein. Ja, meine Herren, was heißt das anders — ſozialdemolratiſcher Verein heißt heute garnichts anderes als: der Verein iſt ein Arbeiterverein, 05 (Rufe: Oho! 0 iſt ein Arbeiter⸗Schwimmverein! Und, meine Herren, täuſchen Sie ſich darüber nicht: in den weiteſten Kreiſen der Arbeiterſchaft wird eine ſolche Antwort: ein ſozialdemokratiſcher Schwimmverein kann die Halle nicht bekommen garnicht anders aufgefaß als dahin, daß ein Arbeiterverein die Schwimmhalle nicht bekommt. Ich 211, ja an, daß die Herren vom Magiſtrat ſich wirklich vorſtellen die Herren verkehren wahrſcheinlich in Arbeiterkreiſen und mit