und deswegen bitten wir um Berückſichtigung dieſer unſerer Eingabe. Meine Herren, es wäre ja wunderſchön, und unſere Amtsnachfolger und und unſere Kinder würden ſich bei uns außerordentlich bedanken, wenn wir es jetzt ausbaden, diejenigen Zinſen auf unſere eigenen Schultern zu nehmen, die für die Anleihen jetzt zu tragen ſind, und wenn ſie dann nachher jene 60 Millionen aus dem Wert⸗ zuwachs einfach in die eigene Taſche ſtecken können. Natürlich, das würde unſeren Kindern ganz außerordent⸗ lich angenehm ſein! Das Geſchäft, das hier vor⸗ geſchlagen iſt, und das einen außerordentlich geſunden Gedanken repräſentiert, nämlich dann, wenn er prak⸗ tiſch durchführbar wäre, dieſes Geſchäft iſt jetzt ſchon beinahe fertig — leider aber bloß von einer Seite. Dieſe Herren Bodenreformer überſehen nämlich mit ihrer Theorie der Erbpacht nur Eines: daß, um ein Geſchäft zu machen, immer zwei Parteien vorhanden ſein müſſen, nämlich nicht nur der Verkäufer, ſondern auch der Käufer. Daß Verkäufer exiſtieren, die da ſagen: wir geben dir das Terrain heute verhältnis⸗ mäßig billig, aber jeder künftige weitere Zuwachs kommt nicht dir, ſondern nur uns zugute, das finde ich erklärlich. Wer ſich aber nun dazu hergeben will, ſein Geld, ſeine Arbeitskraft, ſeine Hoffnung, ſeine Intelligenz daran zu ſetzen, damit der kommende Wertzuwachs nachher nicht ihm ſelber, ſondern der Kommune zuſtatten kommt, den möchte ich erſt mal kennen lernen. Das wären ja ganz merkwürdige Patrioten! Terrains werden an zweierlei Sorten von Unternehmern verkauft: an Terrainſpekulanten und an Häuſerbauer. Wie ein Terrainſpekulant, der während ſo und ſo vieler Jahre von ſeinem Kapital keine Zinſen erhält — denn ſchließlich kann er doch nicht mitten in einer bebauten Straße Kartoffeln oder Lupinen anpflanzen —, wenn er auf einige Jahre dieſe Terrains unbebaut liegen läßt, wie der jetzt dazu kommen ſoll, ſein Kapital hineinzuſtecken. wenn Sie ihm mit dieſer Wertzuwachsſteuer jede Hoffnung nehmen wollen, daß er in ſpäteren Jahren für ſich daran Gewinn erzielt, das verſtehe ich einfach nicht. Ganz aklurat iſt es mit demjenigen, der das Haus erbaut. Auch der ſoll in Erbpacht, wie es da genannt wird, das Haus zwar bauen können und ſoll ſeine ganze Arbeit, ſeine ganze Intelligenz hinein⸗ ſtecken und die Riſiken leerer Wohnungen und unver⸗ mieteter Läden auf ſich nehmen, die Vorteile aber ſollen nachher nicht ihm, ſondern der Kommune zu⸗ fallen! Das ſind wirklich ſolche Utopien, daß wir ſie vorläufig zu unſeren Lebzeiten wahrſcheinlich kaum noch werden verwirklicht ſehen. Daher ſcheint mir der Ausdruck, den die Bodenreformer hier gebrauchen, daß das ein Ideal wäre, d. h. etwas Unerreichbares, gerechtfertigt. Wir aber haben hier die Pflicht, vor allen Dingen mit realen Verhältniſſen und nicht mit Utopien zu rechnen, und deswegen erſcheint es mir gerade in dem jetzigen Moment abſolut unrichtig und unklug, daß wir eine derartige Maßnahme hier aus⸗ ſprechen wollen und damit diejenigen Unternehmer, auf deren Mithilfe wir für unſere Steuerkraft rechnen, geradezu abſchrecken. Nun hat der Herr Kollege Dr. Borchardt auf Köln und auf Frankfurt am Main hingewieſen. Ge⸗ ſtatten Sie mir, Ihnen darüber einige Zahlen an⸗ uführen. Köln hat, wie Sie wiſſen werden, 7 2 fihe 380 000 Einwohner, iſt alſo nur um die Hälfte größer als Charlottenburg. Sein Etat ſchließt aber — und das iſt ja maßgebend — in Einnahme und Ausgabe in dieſem Jahre mit 30 Millionen ab — alſo beinahe das Doppelte von dem, was wir ver⸗ 177 —— wenden. Von dieſen 30 Millionen ſind 3 157 000 ℳ (.berſchreitung, für die man vorläufig noch keine Deckung finden konnte. Infolgedeſſen ſind ſie in Köln auf die Idee gekommen, neue Steuern einzu⸗ führen. Ich will auch bemerken: Köln hat in den letzten drei Jahren ſeine Steuern von 100 auf 105 und von 105 auf 125 % erhöht. Außerdem ſind die Verhältniſſe dort weſentlich andere. Die Umſatz⸗ ſteuer iſt im vorigen Jahr im ganzen mit 800 000 ℳ vereinnahmt; in dieſem Jahr ſetzt Köln 900 000 ℳ ein. Wir genießen aus dieſer Quelle 1 300 000 ℳ, alſo 400 000 ℳ mehr. Nun hat man in Köln ein ganzes Bukett von neuen Steuern vorgeſehen; bei⸗ ſpielsweiſe die Betriebsſteuer, die bei uns nur 30 000 ℳ bringt, die in Köln 48 000 dℳ brachte, ſoll auf 180 000 ℳ erhöht werden. Ferner be⸗ ſteuert man Abfuhr des Hauskehrichts, erhebt Ge⸗ bühr für Straßenreinigung und Baupolizeigebühr. Als neue Steuer beabſichtigt Köln ferner die Billet⸗ ſteuer mit 180 000 ℳg und die Wertzuwachsſteuer mit 300 000 ℳ einzuführen. In dem erſten Enthuſiasmus über dieſe Neuerfindung hatte man ſich durchaus nicht gefürchtet, 300 000 ℳ in den Etat einzufetzen, und hat eine ziemlich ſcharfe Wert⸗ zuwachsſteuer — Herr Kollege Dr. Borchardt hat es ja ſelbſt ſo bezeichnet — angenommen: 15 % der Wertſteigerung, wenn dieſe ſich bis auf 30 %, — 16 %, wenn ſie ſich von 30 bis 35, und 20 %, wenn ſie ſich von 35 auf 50% erhöht. Nachdem man aber nun dieſe ſcharfe Steuer eingeſetzt hatte und nun aus den puren Redewendungen in eine wirklich kalkulatoriſche Prüfung der ganzen Sache eingetreten war und geſehen hatte, was dieſe Wertſteuer in der Tat einbringen wird, da hat man wirklich die Summe von 20000ℳ, —ſage: zwanzigtauſend Mark! — heraus⸗ berechnet, und dieſe hat nun Köln in dieſem Jahre einzuſetzen vermocht. Sie ſehen alſo, es laſſen ſich derartige Prinzipien vom grünen Tiſch aus ſehr leicht deklamieren, und es laſſen ſich auch große Hoffnungen daran knüpfen; rückt man aber der Sache näher auf den Leib, dann ſieht man, wie wenig herausſchaut. Alſo eine Stadt wie Köln mit — wie ich erwähnte — 380000 Einwohnern und mit einem Jahres⸗ budget von mehr als 30 Millionen Mark hat das Ideal, das uns Herr Dr. Borchardt hier als nach⸗ ahmenswert vorführt, erfüllt, und zwar hat es eine ſcharfe Steuer eingebracht und was kommt heraus? — ein ridiculus mus: 20 000 ℳ l! Das iſt der ganze Effekt, den Köln zuwege gebracht hat. (Stadtv. Dr. Borchardt: Und darum fürchten Sie ſich, das einzuführen?!) Nun weiter! Ich finde es erklärlich, daß Herr Dr. Borchardt und ſeine Fraktionsfreunde den leb⸗ haften Wunſch haben, es ſollen die Wohnungsmieten hier nicht ſo ins Ungemeſſene ſchwellen, und daß er das zurückführt und erklärt durch die Verteuerung des Grund und Bodens. Ja, meine Herren, würden denn die Terrains, auf denen die nicht eleganten Häuſer, ſagen wir: die Arbeiterwohnungen errichtet werden, nicht in genau derſelben Weiſe ebenfalls um ſo viel teurer werden? Und nun ſoll das noch teurer werden dadurch, daß wir ihnen eine Grund⸗ ſteuer auferlegen, dadurch, daß wir die Leute, welche ihr Kapital, ihre Intelligenz und ihre Arbeitskraft dazu hergeben, auch noch abſchrecken, indem wir ihnen ſagen: wartet nur, ihr vermögenden und wage⸗ mutigen Leute, die ihr hier etwas unternehmen wollt, nur noch ein Jahr, dann werden wir euch zeigen, wo Bartel den Moſt holt! dann müßt ihr ordent⸗ lich Steuern zahlen, und im zweiten Jahre noch viel