—— 187 — zu melden, die teils das Arbeiten bei offenem Koks⸗ feuer, teils Unzulänglichkeit der Baubuden und Aborte betrafen. Aber nun erließ der bekannte Herr Feliſch an die Mitglieder der Nordöſtlichen Baugewerks⸗ berufsgenoſſenſchaft ein Zirkular, in dem er auf⸗ forderte, „5en Arbeitern den Zutritt zu Bauten zwecks der Kontrolle zu verbieten.“ Man wollte die Wahrheit über die Zuſtände auf den Bauten unterdrücken! Dadurch iſt eine weitere Kontrolle durch den Bauarbeiterzentralverband unmöglich ge⸗ macht. Ich will gern bemerken, daß nicht alle Bauunter⸗ nehmer die Beſichtigung ihrer Bauten, wie Herr Feliſch, ſcheuen, ſondern daß es auch ſolche gibt, die ihre Bauten gern beſichtigen laſſen, auch Hinweiſe auf Verbeſſerungen gern entgegennehmen. Aber das ſind Ausnahmen. Nun ſagt der Magiſtrat: die Kontrolle der Privatbauten iſt bei uns ausſchließlich Sache der Polizeibehörde; die Aufſicht des Magiſtrats könne ſich nur auf die ſtädtiſchen Bauten beſchränken. Nun, ich glaube, ſo gut, wie ſich der Magiſtrat mit der Polizeidirektion wegen der Fleiſchbeſchau mit Erfolg ins Benehmen geſetzt hat, ebenſo gut würde das auch in betreff der Bauaufſicht mit Erfolg geſchehen können. Denn bei Anſtellung der Baukontrolleure kommt es gar nicht auf die etwaige politiſche Gefinnung derſelben an, ſondern nur auf ihre Tüchtigkeit und Gewiſſenhaftigkeit. Wir haben in nächſter Zeit, meine Herren, viel⸗ leicht die beſchleunigte Ausführung einer größeren Anzahl Bauten in Charlottenburg zu erwarten. Damit nicht auch dieſe durch ſchwere Unfälle geſtört werden, biite ich, die Mitteilung des Magiſtrats einen Ausſchuß von 12 Mitgliedern zur Vorprüfung zu überweiſen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich glaube, Sie werden in dieſer Angelegenheit aus dem Material, das Ihnen der Magiſtrat unterbreitet hat, und das abſichtlich ſo umfangreich wie nur irgend möglich geſtaltet worden iſt, ſich ein fertiges Urteil bilden können, ſo daß die Verweiſung dieſer Angelegenheit zur nochmaligen Prüfung in einen Ausſchuß wohl nicht notwendig ſein dürfte. Ich kann Ihnen die Verſicherung geben, daß fleißiger in einer Sache ein Magiſtratsausſchuß kaum gearbeitet hat als dieſer; denn gerade, in dieſem Ausſchuß galt es, die unge⸗ heuer ſchwierigen und vielſeitigen Auffaſſungen zunächſt einmal zu ſichten und auf eine einheitliche Grundlage zurückzuführen. Es iſt — das kann ich wohl ſagen — auf beiden Seiten, ſowohl auf Seite derjenigen Herren, die für, als auch derjenigen Herren, die gegen die Arbeiterkontrolleure geweſen ſind, das ernſthafteſte Beſtreben geweſen, die Frage ſo zu klären, daß man ein objektives, ſicheres Urteil gewinnen könnte. Welches Ergebnis daraus ge⸗ wonnen worden iſt, das erſehen Sie ja aus der Mitteilung. 6 Es iſt in der Tat — das, glaube ich, werden Sie ohne weiteres daraus entnehmen können — die Frage im allgemeinen wie im beſonderen noch nicht ſpruchreif. Insbeſondere will ich für Charlottenburg erwähnen: es iſt ja ganz und gar ausgeſchloſſen, daß wir lediglich zum Zwecke der Arbeiterkontrolle auf den Bauten uns mit der Königlichen Polizeidirektion in Verbindung ſetzen zu dem Ziele, die Baupolizei zu bekommen. Meine Herren, ſelbſt wenn wir das wollten, ſo wäre das vollſtändig ausgeſchloſſen. Darüber iſt ja, wie die Verhälmiſſe hier in Groß⸗Berlin liegen, gar nicht zu diskutieren, und ich glaube, ſchon allein aus dieſem Geſichtspunkt heraus iſt jedes weitere Wort und jede weitere Stunde, die auf den Gegenſtand von dieſem Geſichtspunkte aus verwendet wird, überflüſſig und vorläufig verſchwendet. (Sehr richtig!) Meine Herren, es hat ſich im übrigen aber im allgemeinen herausgeſtellt, daß die Herren Antrag⸗ ſteller ſelbſt — das möchte ich hier ausdrücklich be⸗ tonen — von Anfang an ſehr wenig im Klaren waren über das, was ſie bezweckten. Urſprünglich wollten ſie nicht eine allgemeine baupolizeiliche Bau⸗ kontrolle, ſondern nur eine Kontrolle auf den ſtädtiſchen Bauten, und erſt allmählich haben ſie ſich dieſes weitere Ziel geſteckt. Es ſind uns im Oktober, November 1903 hier ſchwere Vorwürfe gemacht worden, als ob wir hier wie auf andern Gebieten ſozial noch bodenlos rückſtändig ſeien, und als der Vertreter des Magiſtrats ſich die Anfrage an die Herren Antragſteller erlaubte, was ſie denn eigentlich unter einer ſolchen Baukontrolle ſeitens der Arbeiter verſtänden, wie ſie ſich das dächten, da wurde dieſe Frage ſo behandelt, als ob das ein Zeichen von Unkenntnis auf geradezu grundlegenden ſozialpolitiſchen Gebieten ſei. Nun hat ſich ja in der Tat herausgeſtellt, daß dieſe Frage, wenigſtens was die preußiſchen Gebiete anbetrifft, noch von keiner Seite beantwortet iſt, daß jede Grundlage zur Zeit fehlt, um auf dieſem Boden ſeitens einer einzelnen Gemeindeverwaltung irgend etwas Erſprießliches zu leiſten. Die bayriſchen Ver⸗ hältniſſe, in den Städten, die damals in der Dis⸗ kuſſion hier angeführt worden ſind, liegen eben voll⸗ ſtändig anders, und ich glaube in der Tat, daß, ſelbſt wenn wir nach dem bayriſchen Vorgange die Baupolizei und die Arbeiterkontrolle in ſtädtiſche Regie übernähmen, wir damit die Befriedigung der Herren Antragſteller ſicher nicht 21 würden. (Stadtv. Vogel: Gewiß, Gewiß!) Ich bezweifle das zunächſt. Jedenfalls muß ich mich — und mit einem gewiſſen Recht — halten an die Kritik, die auf dem zweiten Arbeiterſchutzkongreß gegen die bayriſchen Einrichtungen ausgeſprochen iſt. Die Einwendungen, die Herr Stadtv. Vogel in ſeinem Referat dagegen vorgebracht hat, halte ich nicht für ſtichhaltig. Ich glaube in der Tat, daß die Frage von einer einzelnen Gemeindeverwaltung überhaupt nicht zu löſen iſt. Sie beſchäftigt im übrigen, wie Sie ja neuerdings erſt aus den Ver⸗ handlungen der politiſchen Körperſchaften — ins⸗ beſondere des Abgeordnetenhauſes betr. das Bau⸗ arbeiterſchutzgeſetz — geleſen haben, die geſetzgebenden Kreiſe von neuem immer wieder — (Zuruf bei den Sozialdemokraten) gewiß: ſchon ſehr lange —, und es wird auch noch eine ganze Reihe von Jahren dauern, bis die Gegen⸗ ſätze der verſchiedenen Intereſſenten wenigſtens ſoweit ausgeglichen ſind, daß eine derartige Organiſation erſprießlich wirken könnte. Wie ſchwer iſt es, ſo etwas einzuführen, ſehen Sie z. B. aus dem Verlauf der Unruhen im Ruhrgebiet. Auch da wünſchte man bekanntlich, Kontrolleure aus dem Arbeiterſtande für die bergbaulichen Anlagen einzuſetzen, und ſelbſt da hat es ſich herausgeſtellt, daß es ein ſo ſchwieriges Gebiet iſt, daß auch die Staatsregierung in ihren beiden Novellen zum preußiſchen Berggeſetz davon Abſtand genommen hat trotz ihres Beſtrebene, den Wünſchen der Arbeiter nach Möglichteit zu entſprechen. Und dort liegen die Verhältniſſe noch verhältnismäßig