—— 202 Wenn die Zahl der von uns zu verſchickenden Kinder zunächſt auf 500 bemeſſen worden iſt, ſo war ſich die Deputation dabei klar, daß dieſe Zahl nur gegriffen war. Man darf aber bis auf weiteres damit rechnen, daß die Ferienkolonien aus eigener Initiative durch ihre Sammlungen und Veranſtaltungen noch beträchtliche Mittel aufbringen, die von der Hand zu weiſen wir gar keine Veranlaſſung haben; die Ferienkolonien werden in dieſem Jahre z. B. außer den 500 Kindern, die wir entſenden, noch weilere 400 entſenden; das ſind ſchon 900 Kinder. Sollte ſich wirklich herausſtellen, daß ein Bedürfnis für eine größere Anzahl von Kindern vorhanden iſt, ſo würde die Frage offen bleiben, daß die Ferien⸗ kolonien, wenn ſie ihrerſeits nicht weitere Mittel flüſſig machen können, an die ſtädtiſchen Körperſchaften herantreten und ihre weiteren Bedürfniſſe darlegen. Das liegt ja auch ſchon in den Worten: „mindeſteus 500 Kinder“ angedeutet. Nach den Erfahrungen aber, die wir in den letzten Jahren geſammelt haben, und unter der Vorausſetzung, daß die Ferienkolonien ihrerſeits noch 400 Kinder entſenden können, haben die gemiſchte Deputation und der Magiſtrat gemeint, das den gerechten Anſprüchen der Fürſorge für die Schulkinder in den Ferienkolonien entſprochen iſt mit dem, was Ihnen zunächſt vorgeſchlagen iſt, und damit möchte ich Sie auch meinerſeits bitten ſich zu begnügen. Stadtv. Vogel: Die Auffaſſung, der mein Frak⸗ tionsgenoſſe Dr. Borchardt über den Zweck der Ferienkolonien Ausdruck gegeben hat, iſt meiner An⸗ ſicht nach nicht diejenige der Gründer der Ferien⸗ kolonien geweſen, und an dieſe müſſen wir uns halten. Die Gründer der Ferienkolonien haben im Auge gehabt, Erholung für ſchwächliche Kinder zu ſchaffen, und ich glaube, wenn die Stadt die Ferien⸗ kolonien in eigene Regie übernimmt, ſo wird ſie auch von dem Grundſatz ausgehen, daß ſie ſchwächliche und erholungsbedürftige Kinder aufnimmt und nicht jedes Kind. Damit, glaube ich, fallen auch die Aus⸗ führungen, die betreffs der Koſten für alle Kinder gemacht ſind. (Bürgermeiſter Matting: Die habe ich ja nicht verlangt!) Was die Waldſchule betrifft, ſo habe ich in der gemiſchten Deputation zunächſt darauf hingewieſen, daß eine Erweiterung der Waldſchule eine große Er⸗ leichterung für die Ferienkolonien ſein würde. In den Ferienkolonien können viele Kinder nicht die Heilung und die Pflege finden, die ſie in der Wald⸗ ſchule haben können. In der Ferienkolonie können die Kinder nur etwa vier Wochen bleiben, in der Waldſchule den ganzen Sommer, fünf, ſechs Monate. Für viele Kinder werden allerdings die Ferienkolonien an der See beſſer ſein, z. B. für Kinder, die an Rhachitis, Scrophuloſe uſw. erkrankt ſind; andere wieder, lungen⸗ und herzkranke, blutarme, werden die urzte in die Waldſchule ſchicken. Es wurde auch ausgeführt, daß nötigenfalls Einrichtungen ge⸗ troffen werden könnten, daß ſolche Kinder, die deſſen bedürftig ſind, in der Waldſchule übernachten können. Damit war eigentlich die Deputation ganz ein⸗ verſtanden, daß eine Erweiterung der Waldſchule deshalb notwendig ſei, und es hat mich ſehr betroffen, daß im Etatsausſchuß davon abgeſehen worden iſt. Dem vom Magiſtrat angegebenen Grunde, daß man nicht genug Vertrauen habe, daß die Witterung ausnahmsweiſe günſtig geweſen wäre, kann ich nicht uſtimmen. Die Waldſchule hat den doppelten Zweck: 2 ſoll eine Schule ſein und ſie ſoll eine Heil⸗ und Erholungsſtätte für erholungsbedürftige Kinder ſein. Für ſolche Zwecke ſpielt die Witterung gar keine Rolle. Mir hat Brehmer⸗Görbersdorf geſagt: bei ſchlechter Witterung im ſchlechten Sommer macht man die beſten Kuren. Ich glaube, ich wäre nicht hier, wenn das bei mir nicht zugetroffen hätte. Das iſt nicht blos bei Lungenkranken ſo, ſondern auch in anderen Heilſtätten; da weiß man ſich in die Witte⸗ rungsverhältniſſe ſehr gut zu fügen. Wenn alſo kein weiterer Grund als die ausnahmsweiſe günſtige Witterung vorhanden iſt — ſo ausnahmsweiſe ſchön war ſie eigentlich gar nicht —, dann hätte man nicht von einer ſofortigen Erweiterung der Waldſchule ab⸗ ſehen ſollen. Einmal müſſen wir doch in die Jung⸗ fernheide damit gehen, ob es noch zwei Jahre oder allenfalls drei Jahre dauern wird. Der Grund der Witterung iſt mir jedenfalls nicht maßgebend. Die Kinder ſollen nicht in der Waldſchule verweichlicht, ſondern abgehärtet werden. Sie ſollen bis Ende Oktober da bleiben, ſie ſollen an jede Witterung ge⸗ wöhnt werden, und immer ſchöne Witterung bis Ende Oktober — ſolchen Sommer wird es wohl nicht geben. Das iſt ja nun einmal beſchloſſen worden; da⸗ mit iſt aber nicht geſagt, daß man von der IIber⸗ nahme der Ferienkolonien in ſtädtiſche Regie abſehen ſolle. Das bleibt immer noch das Ziel, wenn auch eine Abnahme durch die Waldſchule ſtattfindet. Des⸗ wegen möchte ich auch meinerſeits bitten, daß Sie dem Antrage, den Genoſſe Borchardt geſtellt hat, die Frage der Ubernahme der Ferienkolonien in ſtädtiſche Regie noch einmal in einen Ausſchuß zu behandeln, zuſtimmen. Stadtv. Heinzelmann: Meine Herren, die gegen⸗ wärtige Vorlage der gemiſchten Deputation bringt uns eine überaus glückliche und durchaus befriedigende Löſung der Frage der Ferienkolonien. Ich war ganz erſtaunt, als ich den Antrag des Herrn Kollegen Dr. Borchardt hier vernahm, der die nochmalige Zurückweiſung in den Ausſchuß betrifft. Die Ver⸗ ſtadtlichung der Ferienkolonien hieße ja die öffent⸗ liche Wohltätigkeit, die ſich dieſer Frage mit ſolcher Warmherzigkeit annimmt, vollſtändig ausſcheiden. (Stadtv. Baake: Sie haben ſie ja ſelber beantragt!) Aus allen dieſen Gründen bin ich doch der Meinung, daß das, was uns die gemiſchte Deputation gebracht hat, durchaus dem entſprechend iſt, was im Intereſſe des Vereins der Ferienkolonien einerſeits und auch im ſtädtiſchen Intereſſe andererſeits liegen dürfte. Ich bitte daher, dieſen Antrag des Herrn Kollegen Borchardt nicht ſtattzugeben, ſondern darauf ſich zu beſchränken, daß wir die Vorlage möglichſt einſtimmig annehmen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, die letzten Ausführungen des Herrn Stadtv. Heinzelmann waren ja einer überflüſſigen Sorge gewidmet; denn angeſichts der Stimmung, die hier herrſcht, habe ich ja dieſen Prinzipalantrag auf erneute Einſetzung einer gemiſchten Deputation garnicht aufrecht erhalten, ſondern vorhin bereiis zurückgezogen und nur den Antrag geſtellt, die Frage einer erhöhten Aufwendung von Mitteln für mehr als 500 Kinder in einem Ausſchuſſe weiter zu prüfen, die Frage zu prüfen, ob eben nicht jedes von der Schulverwaltung als beſonders erholungsbedürftig bezeichnete Kind der Wohltat der Ferienkolonie teilhaftig werden ſoll,