müſſen deshalb die Erreichung dieſes Idealzuſtandes ſur ſoater auſſchehen. Aber ſchon jetzt können wir wenigſtens dafür ſorgen, daß die Milch, die geliefert wird, während ihrer Zubereitung eine Kontrolle erfährt, indem wir von dem Lieferanten verlangen, daß er ſich der Kontrolle eines von dem Magiſtrat zu beſtellenden Sachverſtändigen unterwirft. Für dieſen Sachverſtändigen müſſen wir natürlich auch einen Poſten auswerfen. Ich nehme an, daß für ihn, ebenſo wie für die Arzte, 500 ℳ ſich als ge⸗ eignete Entſchädigung erweiſen werden. Ich beantrage deshalb, die Magiſtratsvorlage mit der Veränderung anzunehmen, daß anſtelle von 10800 ℳ eingeſetzt werden 12500 ℳ und mit dem Zuſatze: unter der Vorausſetzung. daß die Zubereitung der zu liefernden Milch unter regelmäßiger Aufficht einer vom Magiſtrat zu beſtellenden ſachverſtändigen Perſon erfolgt. Wenn ich hier den etwas umſtändlichen Ausdruck „ſachverſtändige Perfon“ ſtatt eines Sachverſtändigen gebraucht habe, ſo rührt das daher, daß unter Um⸗ ſtänden vielleicht auch an eine weibliche Perſon zu denken iſt. Da wir ſpeziell in Charlottenburg eine auf dieſem Gebiet beſonders erfahrene Dame als Mitbürgerin beſitzen, und da es in anderen Fällen ſchon vorgekommen iſt, daß aus der männlichen Faſſung ein Hindernis gegen die Beſtellung einer weiblichen Perſon abgeleitet wurde, ſo wollte ich eine ſolche Faſſung vermeiden. Stadtv. Dr. Zepler: Meine Herren, ich war etwas überraſcht über die Vorlage, weil unſere Sitzungen verhält⸗ nismäßig langſam ſtattgefunden haben. Es waren im ganzen nur 2Sitzungen mit langer Pauſe, und wir waren mit unſeren Beratungen eigentlich noch gar nicht zu einem Abſchluß gekommen. Um ſo mehr überraſcht war ich, daß jetzt bereits mit einer fertigen Sache hier vorgegangen werden ſoll. Freilich iſt es ja ſehr zu begrüßen, daß recht ſchnell etwas geſchieht. Ich glaube ſogar, es ift ſchon ein bischen zu ſpät geworden, wir haben jetzt ſchon ſehr heiße Tage hinter uns und werden abwarten müſſen, ob nicht ſchon wieder die Sterblichkeit der Säuglinge eine größere geworden iſt. Freilich haben die ſchönen Feſttage wohl ein ſchnelleres Arbeiten verhindert. Indeſſen müſſen wir ja in den ſanren Apfel beißen, wir mußten ſie vorbeigehen laſſen und werden hoffent⸗ lich jetzt um ſo ſchneller vorſchreiten. In den Sitzungen war recht wenig Wärme für die vorliegende Frage zu verſpüren. Es wurde zwar von allen möglichen weiteren Urſachen der Säuglingsſterblichleit geſprochen, man ſprach von den allgemeinen ſozialen Verhältniſſen, und man ſprach über das Wohnungselend; aber das find ja Dinge, die uns hier nichts nützen können. Wir ſind gewiß dafür zu haben, wenn die Stadt eine Wohnungs⸗ reform in Angriff neymen wollte. Ich glaube aber nicht, daß bei der Verſammlung ſehr viel Neigung dazu vorhanden ſein wird. Und ſo müſſen wir zu⸗ frieden ſein, wenn wir uns auf einzelne näher liegende, konkrete Urſachen beſchränken und denen möglichſt ſcharf und ſchnell zu Leibe gehen. Das Rächſtliegende, was ſowohl hier im Plenum wie in der Kommiſſion und auch in wiſſenſchaftlichen Abhandlungen von Fachlenten erörtert worden iſt, iſt die Ernährungsfrage. Ich begrüße es mit Freuden, daß hier in der Tat endlich etwas geſchehen ſoll. Was aber geſchehen ſoll, das betrachtet meine Fraktion als ein Minimum, als das Wenigſte, was überhaupt in dieſer Frage geſchehen kann. Die Vorlage ſpricht 229 ja ſelbſt nur von einem Proviſorinm, und ich hoffe, daß dieſem erſten Anfang bald weitere Taten folgen werden. Was wir ganz vermiſſen, iſt eine Stellung⸗ nahme in bezug auf die Schwangeren und die Frage der Stillmütter. In der Kommiſſion wurde das er⸗ örlert; indeſſen hat es die Mehrheit abgelehnt, die Sache zu befürworten; ſie iſt aber außerordentlich wichtig. Es iſt ja auch hier, in der Argumentierung für die Vorlage, und es iſt auch in der Kommiſſion ſogar von Gegnern des ganzen Vorgehrns in der Frage der Säuglingsſterblichkeit geſagt worden — ſelbſt Herr Stadtrat Dr. Waldſchmidt hat es ange⸗ führt —, daß Schwangere, welche nicht genügende Zeit und Muße haben, ſich zu pflegen, welche ſich abarbeiten und abhetzen muſſen, natürlich ſchon ſchwächliche Säuglinge zur Welt bringen, für deren kräftige Entwickelung wenig Ausſicht vorhanden iſt. Ein ganz beſonders bemerkenswertes Moment iſt aber die Frage des Selbſtillens. Auch die beſte Säuglingsmilch, wenn ſie noch ſo keimfrei und von noch ſo guter Kuh und unverfälſcht iſt, kann nicht die Muttermilch erſetzen. In der Muttermilch ſind nicht nur chemiſche Eigenſchaften, ſondern es handelt ſich da auch um gewiſſe, nicht genau definierbare Subſtanzen, welche für den Sängling gewiffermaßen eine Mitaift für das Leben ſind, Subſtanzen mehr phyſikaliſcher Natur oder jedenfalls biologiſcher Natur. Die neuere Serumtherapie hat ja ſchon einen Einblck in dieſe Verhältniſſe geſtattet Ganz klar iſt man ſich darüber nicht. Aber das iſt ſicher, daß die Er⸗ nährung mit Muttermilch nicht bloß an ſich beſſer iſt, ſondern auch einen Schutz gegen Infektionskrank⸗ heiten bildet, überhanpt die beſſere Entwickelung des Säuglings für ſein ganzes ſpäteres Leben gewähr⸗ leiſtet. Wir müſſen alſo, ſo viel es irgend geht, das Beſtreben, wie es heute vielfach in öffentlichen Vereinen ſich geltend macht, unterſtützen, daß die Mütter ihre Kinder ſelbſt ſtillen. Das hängt aber im Arbeiterſtande durchaus nicht nur von dem guten Willen ab, auch nicht von der Fähigkeit der Mutter, davon, ob ſie Nahrung hat oder nicht, ſondern das hängt von der Exiſienzmöglichkeit ab. Eine große Anzahl von Frauen iſt gezwungen, ſelbſt auf Arbeit zu gehen und deswegen nicht in der Lage, ihre Säuglinge ſelbſt zu nähren. Daraus ergibt ſich, daß — wie Sie es nennen würden — eine Unterſtützung der Mütter ſtattfinden müßte, um es ihnen zu er⸗ ſparen, ſelbſt auf Arbeit zu gehen, daß man ihnen alſo, wie ich es nenne, einen Erſatz für den verloren gegangenen Arbeitsverdienſt gewähren müßte. Ich weiß, daß wir in dieſer Frage, die ſich in unſerer Fraktion zu einem Antrag verdichten wird, bei der Verſammlung auf großen Widerſtand ſtoßen werden. In der Tat gehören erhebliche Mittel dazu. Ich habe mir einen Uberſchlag gemacht und habe bei den 5000 Geburten, die jetzt ungefähr jährlich vorkommen, ſelbſt wenn nur ein kleiner Teil der Mütter unter⸗ ſtützt werden müßte, ausgerechnet, daß ein ziemlich erheblicher Betrag, vielleicht von 50 bis 100000 jährlich in Rechnung käme. Indeſſen iſt die Sache von ſo außerordentlicher Wichtigkeit, daß wir uns durch die Größe dieſes Betrages keineswegs ſollten abhalten laſſen, der Frage näher zu treten. Es handelt ſich nicht um eine bloße Unterſtützungsſache, nicht um eine Armenangelegenheit, fondern um eine Frage von eminent wichtigem öffentlichen Intereſſe. Wenn Sie überlegen, daß der Staat an ſeine Bürger Anſprüche macht, daß er die Männer für Militär und Kriegs⸗ dienſt reklamiert, wenn Sie erwägen, was bei unſerer