—— 245 — Es würde uns leid tun, wenn die Herren Ver⸗ treter des Magiſtrats nicht vollzählig der heutigen Verhandlung beiwohnen würden; aber, meine Herren, dann muß eben für die beiden Herren Bürgermeiſter irgendein anderes Mitglied des Magiſtrats eintreten, um die Anſicht des Magiſtrats zu den verſchiedenen Vorlagen hier kundzugeben. (Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg: Meine Herren, ich muß um etwas Ruhe bitten! Stadtv. Hirſch (fortfahrend): Meiner Meinung nach können wir unmöglich bei der Geſchäftslage die heutige Sitzung, bevor ſie überhaupt begonnen hat, abbrechen. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren. ich möchte Sie bitten, dem Wunſche des Herrn Oberbürger⸗ meiſters Folge zu geben und die Sitzung zu ver⸗ tagen. Ich halte es nach dem, was wir gehört haben, für die einfache Pflicht der Courtoiſie, die wir zu erfüllen haben. (Bravo! bei den Liberalen und bei der Fr. Vereinig.) Wir haben auch zwingende Gegengründe, uns dieſem Wunſche zu verſchließen, nicht gehört von ſeiten des Herrn Stadtv. Hirſch. (Zuruf: Die Geſchäfte der Stadt!) Wir können die Aufgaben an dem uns noch übrig⸗ bleibenden Sitzungstage wohl erledigen. Es ver⸗ ſteht ſich von ſelbſt, daß wir dieſe Courtoiſie üben auch gegen unſere beiden Vorſteher. Ich halte es für ſelbſtverſtändlich und wichtig, daß die Leute, die wir an die Spitze der Verſammlung geſtellt haben, bei dieſem Feſtmahle zugegen ſind und uns re⸗ präſentieren. Ich möchte Sie bitten, meine Herren, mit mög⸗ lichſt großer Majorität dem Wunſche, den der Herr Oberbürgermeiſter ausgeſprochen hat, Folge zu geben. Stadtv. Baake: Meine Herren, ich muß auf das entſchiedenſte dem Wunſche des Magiſtrats wider⸗ ſprechen; ich muß die Verſammlung bitten. die Sitzung fortzuführen. Einmal im Intereſſe der Stadt — das iſt bereits genügend betont worden. Unſere Ar⸗ beiten ſind ſo umfangreich, es ſtehen ſo wichtige Fragen auf der Tagesordnung, und wir haben auch wahrhaftig an Repräſentationsveranſtaltungen ſo viele in der letzten Zeit gehabt, daß es ſehr ange⸗ meſſen wäre, wenn wir nun endlich fleißig weiter⸗ arbeiten wollten. (Unruhe.) Dazu kommt aber noch ein zweiter Grund, der es geradezu unmöglich macht, daß wir die Sitzung abbrechen. Es iſt hier von einer Eourtoiſie dem Herrn Ober⸗ bürgermeiſter und den beiden Vorſtehern gegenüber geſprochen worden. Höher aber noch als die Pflichten der Courtoiſie ſteht für mich die Pflicht der Ehre. Nun ſind bekanntlich gegen den Herrn Stadtv. Buka ſchwere, ehrenrührige Behauptungen aufgeſtellt worden, (Sehr richtig!) die heute zur Klärung kommen ſollen und müſſen. Sie können unmöglich den Stadtv. Buka, gegen den ſchwere, ehrenrührige Behauptungen erhoben worden ſind, (Stadtv. Buka: Bitte ums Wort zur Geſchäftsordnungl) noch auf weitere acht Tage in der Gefahr laſſen, dieſe Anklagen unbeantwortet zu laſſen, nur um eine Pflicht der Courtoiſie gegenüber dem Herrn Oberburgermeiſter und den beiden Stadtv.⸗Vorſtehern zu erfüllen! Es berührt mich um ſo eigentümlicher, daß der Antrag auf Vertagung von dem Stadtv. Kaufmann geſtellt worden iſt, da der Stadtv. Kauf⸗ mann ſelber ja die Auklagen gegen den Stadtv. Buka erhoben hat. (Stadtv. Hirſch: Hört, hört!) Stadtv. Buka: Meine Herren, Sie haben eben gehört, was ſich hinter den Kuliſſen der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung abgeſpielt hat. Auf die Dinge ſelbſt einzugehen werde ich ein anderes Mal Veran⸗ laſſung nehmen und werde es verſtehen, in breiteſter Offentlichkeit die Machenſchaften, die hier getrieben worden ſind, (unruhe und Lachen bei den Liberalen) zur Kenntnis der Welt zu bringen. Herr Holz, ich freue mich, daß. Sie lachen: ich habe bei Ihnen das Lachen aus Höflichkeit gegen Sie unterdrückt, ſo oft es mir ankam, und ſehr viele mit mir. (Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend:) Der letzte Ausdruck, den Sie eben gebraucht haben, war nicht zuläſſig! Stadtv. Buka (fortfahrend): Dann war das Lachen gewiß ebenſo unzuläſſig bei einer derartigen Sache, und ich wundere mich, daß der Herr Vor⸗ ſteher nicht Veranlaſſung nimmt, ein bei einer ſolchen Gelegenheit geäußertes Lachen, wo es ſich um die Ehrabſchneiderei gegen einen Ehrenmann handelt, zu rügen. (Große Unruhe.) Ich wundere mich aber darüber nicht in dem Maße dei dem Herrn Vorſteher, der ein ſo kurzes Ge⸗ dächtnis für die Vergangenheit hat, der noch vor kurzer Zeit als begeiſtertſter Schildträger für Ströhler hier aufgetreten iſt, (Rufe: Oho! — andauernde Unruhe) — der hier die Worte, die allen bekannt ſind, bei Gelegenheit der Armenſache gegen den Stadtrat Samter geäußert hat: man könne wohl an die pona fides des Stadtrates Samter nicht mehr glauben, — der vom Herrn Oberbürgermeiſter hier in flam⸗ mender Rede geſagt hat: er gefällt mir nicht, der neue Oberbürgermeiſter! — ich wiederhole: von einem Vorſteher, der jetzt an dieſer Stelle iſt, und der, noch bevor Ströhler kalt war, ſich mit den größten Gegnern, mit denen er ſich zuſammen ge⸗ funden hat, in ſein Fell geteilt hat, — von dem wundert es mich nicht, daß er ſo entſcheidet, daß er das Lachen der Leute nicht hört, das hier bei dieſer Gelegenheit nicht am Platze iſt. (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Herr Stadtv. Buka, ich muß Sie bitten, ſich etwas zu mäßigen. Stadtu. Buka (fortfahrend): Nun, meine Herren, es iſt mein begreiflicher Wunſch, daß dieſe Sache aber auch nicht einen Augenblick länger, als möglich und unbedingt nötig iſt, der Erörterung entäogen wird, und ich bin ganz feſt überzeugt, 9 eine loyale Mehrheit der Verſammlung dieſen unſch teilen wird. Ehrabſchneiderei, hinter verſchloſſenen Türen geübt, iſt ein derartig ſchweres Vergehen, daß unzweifelhaft - (Große Unruhe. Glocke des Vorſtehers.)