—— 251 — Verhältniſſe hätte hineinführen können, aber es war ein Ausweg. In dieſem Stadium der Dinge wurden nun die Vorſchläge der einzelnen Gruppen im Ausſchuß vor⸗ getragen. Wir Sozialdemokraten ſind ja in ſolchen Stadtratswahlausſchüſſen in einer eigentümlichen Lage. Wir können ſchwer darauf rechnen, daß ein Kandidat, den wir präſentieren, wenn er aus unſerer Mitte genommen iſt, die Zuſtimmung der Re⸗ gierung findet. Wir ſind alſo in der Hauptſache darauf angewieſen, Stadtratskandidaten zu über⸗ nehmen, die von anderen Gruppen nicht in Anſpruch genommen ſind. Das haben wir auch in dieſem Falle getan, genau ſo, wie wir — ich mache gar kein Hehl daraus — bei der letzten Stadtratswahl Se. Erxzellenz Herrn Jebens als unſern Kandidaten in Vorſchlag gebracht haben. (Heiterkeit.) Als es ſich um die Feſtſetzung der Kandidatur der Gruppe Alt⸗Charlottenburg handelte, wurde Herr Stadtv. Buka vorgeſchlagen. Hierauf erhob ſich der Stadtv. Kaufmann und ſagte, daß die Liberalen nicht in der Lage wären, für Herrn Buka zu ſtimmen. Er wies darauf hin, daß Herr Buka ſich an den Arbeiten der Stadtverordnetenverſammlung in letzter Zeit wenig beteiligt hätte, und fügte dann hinzu, er habe dem Ausſchuß mitzuteilen, daß Herr Buka ſich in zwei Fällen eines Mangels an Wahrhaftigkeit ſchuldig gemacht hätte. Er führte dieſe beiden Fälle an; ſie hängen mit einer alten perſönlichen Feind⸗ ſchaft zuſammen, die den Herrn Stadtv. Buka mit ſeinem Schwager, dem Herrn Stadtv. Marcus, ver⸗ bindet. (Heiterkeit. Rufe: Trennt!— Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Herr Stadtv. Baake, ich möchte bitten, das verwandtſchaftliche oder Schwägerverhältnis zwiſchen zwei Stadtverordneten nicht auszudrücken, ſondern nur von dem Stadtv. Buka und dem Stadtv. Marcus zu reden. Stadtv. Baake (fortfahrend): Sehr gern! Es iſt ja auch bereits geſchehen, und es wäre nur eine überflüſſige Wiederholung. Ich ſage alſo: es hängt das zuſammen mit beſtimmten Konflikten, die ich allert ings nicht anders als Familienkonflikte nennen kann. Denn ſonſt wird es überhaupt nicht verſtändlich, wie ſich die ganze Angelegenheit in ſolcher Form entwickeln konnte. Es handelte ſch um die Frage, ob Herr Marcus etwas gegen die Kandi⸗ datur des Herrn Buka einwenden vürde oder nicht, wie Herr Buka behauptet haben ſoll. Ich will auf die Einzelheiten dieſer Sache nicht eingehen, weil ſie mich gar nicht in dem Maße intereſſieren. Ich bin auch davon überzengt, daß Herr Stadtv. Kauf⸗ mann, wie er ja vorhin auch erklärt hat, die Auße⸗ rungen, die er getan hat, in allen Punkten wieder⸗ holen wird, und daß Herr Stadtv. Buka Gelegen⸗ heit nehmen wird, hierauf zu erwidern. Ich weiſe nur darauf hin, daß im Grunde genommen bei allen Mitgliedern des Ausſchuſſes der Eindruck entſtehen mußte, als wäre hier ein Familienkonflikt die Ur⸗ ſache, weshalb ein Stadtverordneter nicht Stadtrat werden ſollte. In der Ausſchußſitzung wurde von verſchiedenen Seiten erklärt, daß die Behauptungen, die ſeitens des Stadtv. Kaufmann im Auftrage des Stadtv. Marcus über die Wahrheitsliebe des Stadtv. Buka ausgeſprochen worden ſeien, doch ſo wenig — wie ſoll ich ſagen? — ſubſtanziiert ſeien und ſo wenig politiſcher Natur wären, daß ſie bei der Entſchei⸗ dung der Frage, ob Herr Buka kandidieren ſolle oder nicht, durchaus nicht die Rolle ſpielen dürften, die die liberale Fraktion ihnen ingeräumt hätte. Jedenfalls hätte es der liberalen Fraktion freige⸗ ſtanden, wenn ihr die Perſönlichkeit des Herrn Buka nicht gefällt — niemand iſt zur Liebe verpflichtet —, hei der Stadtratswahl durch die Abgabe weißer Zettel oder auch durch Entfernung aus dem Saale zu proteſtieren. Es kam aber ganz anders. Ich mußte in dieſem Stadium der Dinge die Ausſchußſitzung dann ſelber verlaſſen. Das Schweige⸗ gebot, das der Herr Stadtv. Kaufmann — aller⸗ dings nicht erlaſſen hat, ſondern das er wohl nur angeregt hatte, (Zuruf des — ſo ſagten Sie doch gebot wurde in meiner Stadtv. Kaufmann: Ich nicht!) vorhin? — das Schweige⸗ Abweſenheit gefaßt. Außer⸗ dem bin ich der Meinung, daß ſolche Dinge un⸗ möglich durch ein Schweigegebot, nachdem bereits ein ſo großer Kreis davon Kenntnis genommen hat, erledigt werden können. Ich kann hinzufügen, daß dies Schweigegebot in der zweiten Sitzung dadurch tatſächlich aufgehoben worden iſt, daß Herr Kauf⸗ mann ſeine Lußerungen wiederholte und ein Mit⸗ glied der Fraktion des Herrn Buka den Auftrag er⸗ hielt, dieſe Außerungen Herrn Buka gegenüber zu wiederholen, damit in einer perſönlichen Beſprechung feſtgeſtellt würde, um was es ſich eigentlich handelte. Herr Buka hat dieſen Weg nicht eingeſchlagen, ſon⸗ dern nimmt die Offentlichkeit für ſeine Angelegen⸗ heit in Anſpruch. Was aber, meine Herren, — es iſt unangenehm für einen Unbeteiligten, überhaupt allzu ſehr auf dieſe Sache einzugehen — was aber dieſe Stadtratswahl beſonders charakteriſiert, das iſt der Umſtand, daß auf Grund der Unmöglichkeit, den Stad v. Buka als Kandidaten dadurch zu beſeitigen, daß die Fraktion Alt⸗Charlottenburg auf ſeine Kandidatur verzichtete, die liberale Fraktion leider zu einer Maßregel ſchritt, die die gemeinſame Arbeit aller Fraktionen in dieſem Saale, aller Gruppen tatſächlich aufhob. Und es handelt ſich hier um einen außerordentlich wichtigen Punkt. Das Wahlrecht der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung für das Magiſtratskollegium iſt ein Grundrecht der Verſammlung, ein Recht, das ihr allein die Möglichkeit gibt, Delegierte in den Magiſtrat zu entſenden, ein Recht, das auf keine Weiſe irgend einem Teile dieſer Verſammlung ge⸗ ſchmälert werden ſollte. Die liberale Fraktion und im Verein mit ihr auch die Vertreter der großen Fraktion, der Freien Vereinigung, einigten ſich in der zweiten Ausſchußſitzung dahin, daß der Se⸗ niorenkonventsbeſchluß aufgehoben wird, und daß an ſtelle deſſen die Mehrheit bei der Stadtratswahl entſcheiden ſollte Und ſo iſt denn auch verfahren worden. Es wurde ſeitens der Mehrheit beſchloſſen — die Vertreter der Fraktion Alt⸗Charlottenburg und die Vertreter der ſozialdemokratiſchen Fraktion beteiligten ſich an dem Beſchluſſe nicht, es iſt alſo natü rlich ganz ausgeſchloſſen, daß er einſtimmig zu⸗ ſtandegekommen wäre — es wurde beſchloſſen, die alten Herren Stadträte wieder vorzuſchlagen und Herrn Caſſirer hinzuzunehmen. Nun, meine Herren, iſt es eine eigentümliche Sache, daß die liberale Fraktion ſich bereit fand, nach zwei Herren, die ſie in der erſten Ausſchuß⸗ ſitzung bereits von der Kandidatur für den Stadt⸗ ratspoſten ausgeſchloſſen hatte, nämlich den Herren Stadtrat Moll und Stadtrat Waldſchmidt — zwei