—— 256 — es unbedingt notwendig war, dieſe Worte gerade ſo zu wählen, wie Sie ſie gewählt haben. Ich bitte, fortzufahren. (Andauernde Unruhe.) Meine Herren, ich bitte um Ruhe! (Stadtv. Marcus: Das iſt gelogen! Das andere iſt auch gelogen! Alles iſt falſch!) Stadtv. Buka (fortfahrend): Ich höre eben den Ausdruck von Herrn Marcus, daß alles gelogen ſei, was ich vorgebracht. Ich bitte die Herren (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Bitte, einen Augenblick, Herr Stadtv. Buka! Wenn der Ausdruck „gelogen“ gefallen ſein ſollte ich habe ihn nicht gehört, ich werde ihn durch den ſteno⸗ graphiſchen Bericht feſtſtellen — dann werde ich meine Maßregeln treffen. Herr Stadtv. Buka hat weiter das Wort. Stadtv. Buka (fortfahrend): Herr Kaufmann erwiderte, davon wiſſe er nichts, wenn aber Marcus aufgeſtellt werden wolle, ſo müßten ſie ihn natürlich aufſtellen. — Herr Marcus war damals in Karlsbad. — Ich erklärte: „Natürlich“ und brach die Unter⸗ redung ab. Bei dem Eſſen am 20. Mai ſprach ich mit dem Herrn Stadtv.⸗Vorſteher Roſenberg über meine Kandidatur zum Stadtrat. Herr Kaufmann kam hinzu, und Herr Roſenberg erklärte, als wir beide ſprachen: „Vor Ihnen, Herr Kollege Kaufmann, haben wir keine Ge⸗ heimniſſe.“ Meine Herren, was blieb mir übrig — da ich ja übrigens nebenbei dieſe Unterredung nicht für ge⸗ heim hielt „ als zu erklären: „Auch ich habe keine Geheimniſſe“ und fortzufahren. Darauf erklärte mir Herr Vorſteher Roſenberg: „Wir wählen Sie, aber natürlich nur, wenn die Liberalen einverſtanden ſind.“ Kaufmann erklärte: „Ich perſönlich habe gar nichts gegen Sie, ich bin Ihnen ja ſogar zu Dank verpflichtet, — ich komme nachher auf diejenigen Punkte, wegen deren Herr Kaufmann mir zu Dank verpflichtet zu ſein glaubte — aber wie die Fraktion ſtimmt, das hängt ganz von Marcus ab, können Sie denn nicht auf ihn einwirken?“ Ich erwiderte: — und, meine Herren, ich weiß es heute noch genau, und Sie werden erfahren, warum ich es genau weiß, daß ich eine entrüſtete Bewegung machte — „Das werde ich ganz gewiß nicht tun. Ich glaube aber kaum, daß er bei dieſer Gelegen⸗ heit das Kriegsbeil ausgraben wird, denn es hätten ſich zwiſchen ſeiner und meiner Familie im Laufe der Zeit recht freundliche Beziehungen entwickelt, die kaum gefährdet werden würden. Im übrigen käme es doch auf ſolche perſön⸗ lichen Sachen gar nicht an, es komme do aus chließlich darauf an, ob meine Fraktion mich präſentiere; dann müſſe ich ja nach den beſtehenden Gebräuchen gewählt werden. Kaufmann erwiderte, ſeine Freunde würden Marcus nicht im Stich laſſen, wenn er alſo gegen mich wäre oder gegen mich agitiere, ſo ᷓ würden ſie weiße Zettel abgeben, was ein Teil aus perſönlichen Gründen ohnehin tun würden. Ich erwiderte, das ſollten ſie ruhig tun. Meine Herren, ich will noch bei dieſer Gelegen⸗ heit, weil es bezeichnend iſt, auf den Grund hinweiſen, aus dem Herr Stadtv.⸗Vorſt.⸗Stellv. Kaufmann mir dankbar ſein zu müſſen glaubte. Es waren im Seniorenkonvent vor einigen Jahren gegen ihn, als er zum Beſitzer vorgeſchlagen war, Bedenken erhoben worden, und zwar zwei: das eine Bedenken waren die dritten Perſonen zunächſt nicht erklärlichen Umſtände, aus denen Herr Kaufmann ſein Mandat als Stadtverordneter in Berlin nieder⸗ gelegt habe — es hieß: dieſe Umſtände bedürften der Aufklärung —, und das zweite: Herr Kaufmann ſei früher pekuniär zuſammengebrochen und habe daher noch ungetilgte Verbindlichleiten. (Bewegung.) Ich war damals Mitglied des Seniorenkonvents, und in dieſer Eigenſchaft hat mich Herr Kaufmann aufgeſucht und ſich bei mir beſchwert über das, was ihm widerfahren, und mir erklärt, daß er auf mein Urteil ein ganz beſonderes Gewicht lege. Ich erteilte den Rat dahin, daß die einzige Rehabilitation für Herrn Kaufmann darin beſtehen könne. daß ſeine Fraktion ſeine Kandidatur aufrechterhalte. Wie das nun kam, meine Herren, weiß ich nicht — die An⸗ gelegenheit war für mich mit den Rat erledigt —: Herr Otto iſt von der Fraktion der Liberalen zum Beifitzer vorgeſchlagen worden. Ich mußte das erzählen, weil ich glaube Veranlaſſung zu haben, auf das Vertrauen des Herrn Kaufmann beſonders ſtolz ſein zu müſſen das habe ich zu keiner Zeit empfunden —, aber, meine Herren es iſt für die Geſinnungs⸗ weiſe des Mannes bezeichnend, um den es ſich hier handelt, daß er unter dem Schutz verſchloſſener Türen denjenigen Mann mit Schmutz zu bewerfen verſucht, zu dem er ſich (Glocke des Vorſtehers. Große Unruhe.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Ich muß Sie unterbrechen, Herr Stadtv. Buka. Herr Stadtv. Kaufmann hat Sie nicht mit Schmutz beworfen, ſondern hat hervorgehoben, daß er nach ſeinem Empfinden und Ermeſſen berechtigt und verpflichtet ſchien, das vorzubringen, was er vorgebracht hat. meine Herren, nicht Stadtv. Buka (fortfahrend): — alſo, zu dem er ſich begeben hat, um Schutz nicht gegen heimlich, ſondern gegen offen und ehrlich erhobene Bedenken zu ſuchen. Wie Sie aus meiner Darſtellung erſehen, ſind die Angaben des Herrn Kaufmann im Senioren⸗ konvent unwahr (Zurufe bei den Liberalen: Sind ſie was?) — ſind ſie unwahr! Vorläufig ſtehen die Dinge ſo: wenn meiner Rede die Ausführungen des Herrn Kaufmann gegenüberſtehen, und wenn über Wahrheit und Unwahrheit, Moral und Unmoral nicht politiſche oder Fraktionsrückſichten entſcheiden, dann, meine Herren, werden in meine Worte kaum Zweifel geſetzt werden. Ich brauche keine Zeugen für meine Worte. So war es bisher, und ſo wird es auch trotz der ch Behauptungen des Herrn Kaufmann noch einige Zeit bleiben. Aber, meine Herren, ich kann ſogar Zeugen anführen. Denn die Worte des Herrn Kaufmann waren derart unvorſichtig, weil ſie erkennen ließen, welche ungewöhnliche Handlungsweiſe er ſeinem reunde Marcus zutraut, und ferner, weil ſie mir die Niedrigkeit zumuteten, mich um die Gunſt eines Mannes zur Erlangung eines Ehrenamtes zu be⸗ mühen, mit dem ich gebrochen habe; ſie waren ſo