— 264 — bezug auf die Stadtratswahlen überflüſſig en9te Aber, meine Herren, das Verhalten der Herren ier in den letzten Minuten läßt es mir doch einigermaßen zweifelhaft erſcheinen, ob hier der Standpunkt nicht nur der Gerechtigkeit, ſondern auch — Gerechtigkeit und wohl verſtandener Vorteil gehen eben immer Hand in Hand — ſondern auch der Standpunkt des wohl verſtandenen Vorteils der Entwicklung der ſtädtiſchen Angelegenheiten überwiegen werde. Ich bin eben doch zweifelhaft geworden, ob ſich die Mehrheit für dieſen Antrag finden wird, und wenn dieſer Antrag abgelehnt wird, ſo würde ich ja keine andere Gelegenheit mehr haben, über die Stadtrats⸗ wahlen als ſolche und die übrigen Vorſchläge des Ausſchuſſes auch zu ſprechen. Deswegen geſtatten Sie mir auch in dieſem Moment der Verhandlung über die Vorſchläge des Ausſchuſſes noch ein paar Worte! Die Angelegenheit des Stadtrats Moll iſt vor⸗ hin ſchon geſtreift worden; ich will darauf nicht weiter eingehen. Aber ich möchte den Herren Kollegen von der liberalen Fraktion doch zu be⸗ denken geben: wenn Sie, wie Herr Kollege Spiegel akzeptierte, den Biſſen Buka nun abſolut nicht ſchlucken und abſolut nicht verdauen wollen, ſo haben Sie doch noch keine Veranlaſſung, alles das zu ſchlucken und zu verdauen, was Sie vorher ab⸗ gelehnt haben, bevor der Fall Buka aktuell wurde. Ich möchte Ihnen deswegen die Außerung des Herrn Stadtrats Waldſchmidt, an der Sie ſich früher ge⸗ ſtoßen haben, doch noch etwas lebendiger in das Ge⸗ dächtnis zurückrufen: Die Bekämpfung der Sterblichkeit wird in jüngſter Zeit in einer Weiſe in den Vorder⸗ grund gedrängt, daß man glauben könnte, ſich dem neueſten Sport auf dem Gebiete der ſozialen Fürſorge gegenüber zu befinden. Meine Hernen, wenn Sie die Anſchauung des Em⸗ pfindungslebens, das aus dieſer Außerung heraus⸗ ſpricht, früher für ſo bedenklich gehalten haben, daß Sie deswegen den Mann nicht wiederwählen wollten, ſo kann er Ihnen doch nicht dadurch verdaulicher werden, daß Sie eben den Biſſen Buka ausſpeien wollen, und ich möchte Sie bitten, in dieſer Beziehung wenigſtens an Ihren früheren Beſ chlüſſen feſtzuhalten. Dann aber, meine Herren, geſtatten Sie mir noch ein paar Worte zu der Kandidatur Caſſirer! Mir iſt es ſeinerzeit nicht ganz klar geworden, warum Herr Stadtrat Eaſſirer — ich glaube, es war vor zwei Jahren — fallen geeſſen wurde. Meine näheren Freunde haben das Fallenlaſſen dieſes Mannes jedenfalls nur ganz freudig begrüßt; denn an den Namen des Herrn Stadtrats Caſſirer knüpft ſich der Gasarbeiterſtreik, jener Streik, in welchen die Arbeiter eingetreten ſind in einer ganz, ich möchte beinahe ſagen: wilden, ſpontanen Weiſe, außerordentlich erbittert durch die Behandlung, die ihnen ſeitens einiger Beamten der Gasanſtalt zuteil wurde. Der Streik brach damals aus entgegen den Mahnungen aller Leute, die den Arbeitsmarkt einigermaßen über⸗ ſchauen konnten, entgegen der offenbaren Tatſache, daß zweifellos die Streikenden im Zeitraum von 1 bis 2 Tagen bis auf den letzten Mann erſetzt werden könnten, entgegen der offenſichtlichen Tatſache, daß der Streik verunglücken mußte, und entgegen dem ernſtlichſten Abraten aller in Betracht kommenden Organe, aller in Betracht kommenden Leute, die von den Dingen etwas verſtanden — entgegen dieſem Abraten brach der Streik mit elementarer Wucht hervor, ein im Beginn ſchon verlorener Streik, weil die allgemeinen Verhältniſſe damals nicht ſo lagen, daß ein Streik irgendwie Erfolg haben konnte. Daß dieſer Streik nicht verhindert wurde — und er hätte verhindert werden können durch eine auch nur einigermaßen vernunftgemäße Behandlung der Arbeiter —, das ſchreiben wir dem damaligen Herrn Stadtrat Caſſirer mit zu, und deswegen be⸗ grüßten wir es damals mit gewiſſer Genugtuung, daß der Mann fallen gelaſſen wurde. Jetzt, meine Herren, iſt von Seiten der Gasanſtaltsverwaltung gerade wieder ein Verſuch unternommen worden, die Arbeiter in ihrem Koalationsrecht zu beeinträchligen, das Koalationsrecht der Arbeiter anzutaſten. Meine Herren, wir, meine näheren Freunde, haben in der Angelegenheit eine Interpellation an den Magiſtrat ſchon vor mehreren Wochen gerichtet, und ſie iſt bis heute noch nicht beantwortet worden; wir hoffen ſtark, daß die Beantwortung dieſer Interpellation und die öffentliche Verhandlung bei Gelegenheit dieſer Interpellation noch vor den Ferien ſtattfinden wird. Aber, meine Herren, gerade die Liberalen, die doch ebenfalls auf dem Standpunkt ſtehen, daß das Koalationsrecht, ich möchte beinahe ſagen: ein modernes Naturrecht iſt, daß der moderne Arbeiter das natür⸗ liche Recht hat, ſich zu vereinigen. ſich zuſammen⸗ zutun, — gerade die liberale Fraktion, die auch auf dem Standpunkt ſteht, wenigſtens nominell, das Koalationsrecht nicht antaſten zu wollen, gerade die Liberalen ſollten es ſich zweimal bedenken, einen Mann, mit deſſen Namen eine ſolche unſoziale Hand⸗ lungsweiſe gegenüber den Arbeitern verknüpft iſt, zum Stadtrat wiederum zu wählen. Das ſind die Gründe, die uns verhindern werden, für die genannten Herren Stadträte zu ſtimmen. Das find aber die Gründe, die nicht nur uns verhindern werden, die, wie wir annehmen würden, auch Sie verhindern ſollten, dem Herrn Caſſirer Ihre Stimme zum Stadtrat zu geben. Noch einen Punkt möchte ich zur Sprache bringen. Ich bin nicht Juriſt genug, um zu wiſſen, ab dieſer Irund ein in der Städteordnung vorgeſehener Grund iſt. Soviel mir bekannt iſt, wohnt Herr Caſſirer überhaupt nicht in Charlottenburg, ſondern in Wilmersdorf, (Zurufe) und ich würde immerhin gern eine Klarheit über dieſen Punkt ſehen. Es wäre doch unpraktiſch, jemand zu wählen, deſſen Wahl aus irgend welchen geſetz⸗ lichen Gründen annulliert werden müßte. Aber, meine Herren, das nur nebenbei. Die weſentlichen Gründe, die gegen die Wahl des Herrn Caſſirer zum Stadtrat ſprechen, ſind diejenigen Gründe, die ich vorhin auszuſprechen mir erlaubte. Vorſteher Roſenberg: Ich ſchließe die Beſprechung. (Rufe: Gott ſei Dank! — Große Unruhe.) Ich laſſe abſtimmen über den Antrag des Stadtv. Baake und Genoſſen: Wir beantragen, die Vorlage betr. die Wahl von 8 . Magiſtratsmitgliedern an den Ausſchuß mit dem Auftrage zurückzuver⸗ weiſen, die Aufſtellung der Kandidaten nach dem Stärkeverhältnis der einzelnen Fraktionen vorzunehmen, und zwar erfolgt die Abſtimmung namentlich, weil es von mehr als 10 Herren beantragt iſt. Stadtv. Gredy (zur Geſchäftsordnung): Herr Vorſteher, wir konnten hier nicht genau verſtehen,