—— 280 — wir es nicht einſehen, weshalb hier noch Geld dafür ausgegeben werden ſoll, um Religionsunterricht zu erteilen. Ich möchte Sie erſuchen, ebenfalls gegen dieſe Vorlage zu ſtimmen. Stadtſchulrat Dr. Neufert: Meine Herren, es ſind die katholiſchen Eltern nicht verpflichtet, die Kinder nach der katholiſchen Konfeſſionsſchule zu ſchicken. Der Magiſtrat ſteht auf dem Standpunkte, daß ein jeder von unſeren katholiſchen Bürgern ſein Kind nach einer Schule ſchicken kann, nach welcher er will, und ich bin erſtaunt, daß ich gerade auf dieſer Seite der Verſammlung eine andere Meinung finde. Es handelt ſich eben gerade um ſolche Bürger, welche nicht wollen, daß ihre Kinder in eine Kon⸗ feſſionsſchule gehen. Aber dieſelben Bürger haben doch zumeiſt ein Intereſſe daran, daß ihre Kinder Religionsunterricht bekommen, und hätten ſie es nicht, ſo würden ſie doch gezwungen werden, ihre Kinder mit Religionsunterricht zu verſorgen; denn der Re⸗ ligionsunterricht iſt bei uns ein obligatoriſcher Lehr⸗ gegenſtand, und die Stadtgemeinde iſt verpflichtet, für ausreichenden Religionsunterricht zu ſorgen. Wir können gar nicht anders, wir müſſen auch für katholiſchen Religionsunterricht ſorgen, und wir wollen es auch den katholiſchen Mitbürgern ſo bequem wie möglich machen. Da nun die genügende Zahl von Kindern vorhanden iſ, wollen wir in allen Stadtteilen in einigen nicht konfeſſionellen Schulen katholiſchen Religionsunterricht erteilen laſſen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Etatsnummer Ord. III — 1—3b fur 1905 „Katholiſcher Religionsunterricht an den Gemeinde⸗ und Hilfsſchulen“ iſt um 645 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds zu verſtärken.) Vorſteher Roſenberg: Puntt 10 der Tagesordnung: Vorlage betr. Einſetzung einer Markthallen⸗ bandeputation. — Druckſache 243. Stadtu. Braune: Meine Herren, vor Eintritt in die Ferien, währenddem die laufenden Projekte durch den Magiſtrat weiter bearbeitet werden, glaube ich es mir nicht verſagen zu dürfen, auf 4 weſentliche Punkte zur Markthallenbaufrage bei dieſer Gelegen⸗ heit hinzuweiſen, die, wenn ſie jetzt nicht zum Aus⸗ druck gelangen, evtl. ſpäter berückſichtigt werden müßien und dadurch leicht eine Vertenerung und Verzögerung des qu. Baues herbeigeführt werden fönnte, dem ich vorbeugen möchte angeſichts der dringenden Notwendigkeit der ſchleunigſten Fertig⸗ ſtellung des Baues der Zentralmarkthalle. Leider ging mir erſt heute das Material hierfür zu. Es fehlte die Zeit zu einer Vorbeſprechung mit meinen Fraktionskollegen, weshalb ich dieſe Mitteilungen für mich perſonlich mache. Der erſte Punkt wäre der, daß zur Erſparung der ſehr hohen Koſten, die u. a. der Berliner Zentral⸗ markthallenverwaltung durch den koſtſpieligen Fahr⸗ ſtuhlbetrieb erwachſen, und zur Vermeidung des Um⸗ ladens in Karren, die beladenen Eiſenbahnwagen vom Hauptgeleiſe durch eine 80 pferdige eletriſche Lokomotive über ein ca. 200 m langes Rampen⸗ gefälle von 1: 40 auf die Straßenhöhe der Markt⸗ halle herabgeführt und dann mittelſt einer Schiebe⸗ bühne und Weiche auf Strahlengeleiſe geleitet, über dieſe direkt zu den Verkaufsſtänden bezw. Ein⸗ ladeſtelle der Geſchäftswagen geführt werden. Ein viel einfacheres, ſchnelleres Umlade verfahren als bisher projektiert, würde jedenfalls durch die angegebene Einrichtung herbeigeführt, die ähnlich auch g dem Görlitzer Bahnhofe ſeitens der Poſtverwaltung in Ausführung gebracht wird. Die Länge unſeres Markthallengrundſtücks von 420 m läßt wohl die Anlage eines 200 m langen Gleiſes zu, zwiſchen der durchzuführenden Krummeſtraße und der Leibniz⸗ ſtraße ausführbar. Der zweite Punkt, auf den ich beſonders hin⸗ weiſen möchte, wäre die Einrichtung einer Steueramtsfiliale auf dem Zentralmarkthallen⸗ grundſtück. Es hat ſich als ſehr zeitraubend und verluſtbringend u. a. in Berlin gezeigt. daß die den Markthallen zugeführten Waren, u. a. beſonders leicht verderbliches Obſt und Blumen aus Italien 2c. erſt über ein nicht in der Markthalle etabliertes Steueramt gehen müſſen. Namentlich die aus⸗ wärtigen Lieferanten und Produzenten erleiden viel⸗ fach dadurch Einbußen, daß ſich in Berlin eine Klicke von Händlern gebildet hat, die den Umſtand, daß die Früchte und Blumen ꝛc. durch das Umſtändliche dieſes Verſteuerungsweges an Ausſehen verlieren, benutzen, um auf die Preiſe zu drücken, indem ſie bei den Auktionen durch ſchlaue Manipulationen andere Mitbieter fernhalten, um die Waren zu Schundpreiſen an ſich zu bringen. Durch Einrichtung einer Steueramtsfiliale in unſerer Markthalle würden qu. Waren dem Verderben viel weniger ausgeſetzt ſein, die Lieferanten vor Übervorteilung bewahrt und veranlaßt werden, ihr Abſatzgebiet in unſere Markthalle zu verlegen. Welch eine Fülle oon Vorteilen erwüchſe dieſer hieraus der Berliner gegen⸗ über durch die Zufuhr beſſerer, friſcherer Waren für unſer auch kaufkräftigeres Publikum! Drittens möchte es ſich empfehlen, nicht auf eine über das Maß des Nötigen hinausgehende Anlegung von Detailbeſtänden Bedacht zu nehmen. Die Berliner Markthallenverwaltung hat große Ent⸗ täuſchungen erlebt: die Detailmarkthallenſtände ſind zum Teil oft nur zur Hälfte beſetzt, einige Detail⸗ markthallen ſind wegen zu geringer Benutzung ge⸗ ſchloſſen, eine Markthalle iſt ſpeziell für den Blumen⸗ handel eingerichtet. Unſere Ladengeſchäfte liefern im Durchſchnitt mindeſtens ebenſo gute, oft beſſere Waren zu ebenſo billigen Preiſen als die Markthallengeſchäfte, Das Publikum wird auch nirgends im großen ganzen ſo rückſichtslos behandelt wie in den Markthallen. Es bekommt in den Ladengeſchäften, wenn es einmal ungeeignete Waren erhält, dieſe gern umgetauſcht, während den Hausfrauen in den Markthallen ſelbſt bei berechtigten Beanſtandungen Szenen bereitet werden, die meiſtens ſehr peinlich für dieſelben ſind. Viertens möchte ich darauf hinweiſen, daß der Teil des Markthallengrundſtückes, welcher vorläufig nicht bebaut wird, für Spielplätze eingerichtet werden möchte. Meine Herren, am Sonntag iſt auf Weſtend ein ſchön verlaufenes Spielfeſt abgehalten worden, das jedenfalls bei den Teilnehmern, beſonders auch bei den Vertretern der Behörden den Wunſch angeregt hat, daß die für unſere Jugend ſo wichtigen Turnſpiele, mit denen ſo vorzügliche Erfolge erzielt ſind, weiter gefördert zu werden verdienen. Auf dem Markthallenplatz ſpielen zur Zeit 12 ſtäd⸗ tiſche Schulen, Vereine der Techniſchen Hochſchule uſw. und iſt es dringend nötig, da wir in der ganzen Umgebung keinen entſprechenden Platz haben, daß dieſer Platz, natürlich ſoweit er nicht zur Bebauung