—— 287 — Seit geraumer Zeit macht ſich der ÜUbel⸗ 2— geltend, daß Wege und unbebaute Grund⸗ tücke innerhalb der Stadt durch Verladen von Müll, Unrat aller Art, ja ſelbſt menſchlicher Erkremente verunreinigt werden. Damals herrſchte alſo in unſerer guten Stadt Charlottenburg noch Idylle. Von der Streitfrage, ob Müllverbrennung oder Müllabfuhr, war man noch nicht im mindeſten angekränkelt; man warf den Unrat einfach auf die Straße. Später nahm man die Sache viel ernſter⸗ Stadtbaurat Bredtſchneider hat über dieſe, wie über die eng verwandte Frage der Abwäſſerbeſeitigung 1 eingehende Studien gemacht und auch ver⸗ öffentlicht; er iſt dabei zu dem Reſultat gekommen, daß für Charlottenburg lediglich die Müllabfuhr in Frage kommen könne. Das in England vielfach angewandte Syſtem der Müllverbrennung könne nicht platzgreifen, weil, wie ſich die Magiſtrats⸗ vorlage hier ausdrückt, es techniſch zwar möglich iſt, aber ſur Charlottenburg nicht wirtſchaftlich — d. h. alſo auf Deutſch: es kommt zu teuer. Ich verweiſe in dieſer Beziehung ausdrücklich auf die der Magiſtratsvorlage beigefügte vorzügliche Schrift unſeres Herrn Stadtbaurats für Tiefbau. So kommt alſo für uns nur noch die Müllabfuhr in Frage. Die jetzige Art der Müllabfuhr iſt den Herren bekannt. Der Grundbeſitzer überträgt die regelmäßige Abfuhr des Hausmülls an einen Privat⸗ unternehmer, deren es eine ganze Anzahl in Char⸗ lottenburg gibt oder gab, und alle Teile ſtanden ſich wohl gut bei dieſer Regelung. Nun beſtimmt die Verordnung des Bundesrats vom 3. Februar 1904, daß das Verladen von Hausmüll auf den Bahnhöfen nur in geruch⸗ und ſtaubfreier Weiſe erfolgen darf. Das hat zur Folge gehabt, daß ein großer Teil der Privatunternehmer ihr Geſchäft aufgeben mußte, weil eine eigene Müllverladehalle notwendig wird, um dieſer Ver⸗ ordnung nachzukommen. Wir haben vor einiger Zeit ſelbſt 69000 ℳ für eine derartige Verladehalle bewilligt. Es iſt das aber ein ganz gewaltiger Betrag, den die meiſten Unternehmer nicht auf⸗ bringen konnten, ſodaß die weniger bemittelten Privatunternehmer das Geſchäft einſtellen mußten. Auf dieſe Art erwarb die mit größerem Kapital ausgeſtattete Wirtſchaftsgenoſſenſchaft faſt das Monopol in Charlottenburg. Da leuchtet es denn ohne weiteres ein, wenn ſchon einmal die freie Konkurrenz durch den Zwang der Verhältniſſe aufhören mußte, daß die Stadt an die Stelle einer Privatunternehmerin tritt. Das 5 To auch die Magiſtratsvorlage, welcher der größte Teil meiner Freunde ſympatiſch gegen⸗ überſteht. Der Magiſtrat wünſcht nun aber einen Über⸗ gang zu ſchaffen, um Erfahrungen zu ſammeln, und will 15 Jahre lang die Abfuhr einem oder mehreren Unternehmern verpachten, um dann ſpäter die Sache in eigene Regie zu nehmen. Die Grundbeſitzer alſo haben dann ſchon während der 15 Jahre ledig⸗ lich mit dem Magiſtrat zu tun, während der Unter⸗ nehmer als Vaanſtcagtee des Magiſtrats das Müll 1 ½ hat. Um geeignete Bewerber zu finden, ſoll der Magiſtrat ermächtigt werden, zu Zwecken der Verſtadtlichung der Müllabfuhr eine öffentliche Ausſchreibung Guf Grund der in der Vorlage ab⸗ gedruckten Bedingungen zu erlaſſen und nach der erfolgten Zuſchlagserteilung die gleichfalls in der Vorlage abgedruckte „Ordnung betreffend die Er⸗ ſorgfältigſte un lieber geſehen haben, wenn der ſchloſſen hätte, eine Vorlage mit dem Antrage zu bringen, die Abfuhr in eigne Regie zu nehmen. hebung von Gebühren für die Wegſchaffung des Hausmülls“ zu erlaſſen. Die Magiſtratsvorlage iſt unſtreitig auf das d gründlichſte durchgearbeitet. Trotz⸗ dem, meine Herren, dürften vegſcnche Punkte der umfangreichen Vorlage doch noch einer näheren Prüfung zu unterziehen ſein. So läßt ſich darüber ſtreiten, ob es durchaus nötig iſt, daß 15 Jahre lang der Verſuch mit Unternehmern gemacht wird. Ich halte es doch für möglich, daß man ſchon früher zu einem Reſultate kommen wird. Ferner bedarf die Gebührenordnung einer ſehr genauen Prüfung. Die Gebühren wurden bisher an die Privatunternehmer pro Woche und Kaſten bezahlt alſo nach der Leiſtung. Die uns vom Magiſtrat hierfür gegebene Skala, iſt nach meinen Erfahrungen nicht ganz richtig; denn die meiſten Hausbefitzer gehören einem Hausbeſitzerverein an, und der hat ganz erhebliche Ermäßigungen bei der Wirtſchaftsgenoſſenſchaft, ungefähr 20 %. Dieſe Skala würde ſich alſo um etwa 20 % ermäßigen. Die Magiſtratsvorlage macht uns nun jetzt den Vorſchlag, nicht nach der Leiſtung zu bezahlen, ſondern eine Einſchätzung nach dem Gebäudenutzungs⸗ wert vorzunehmen. Das iſt meines Erachtens durch⸗ aus bedenklich. Wenn ich etwa das Beiſpiel an⸗ führen darf: am Kurfürſtendamm iſt ein Haus mit 50000 ℳ eingeſchätzt, es ſind etwa 10 Mieter darin, das Haus hat Zentralheizung, in den Küchen wird mit Gas gekocht, es hat demnach ſehr wenig Müll, ſehr wenig Abfälle und ſehr wenig Aſche. Ein anderes Haus, das vielleicht die doppelte Anzahl kleiner Mieter hat und etwa mit 10000 ℳ Gebäude⸗ nutzungswert veranlagt iſt, wird ſehr viel mehr Müll und Aſche haben, als das mit 50000 ℳ an⸗ geſetzte Gebäude. Es müßte alſo nach der Magiſtrats⸗ vorlage der Hausbeſitzer, der weniger Müll hat, 5 mal ſoviel bezahlen als der andere, bei dem viel Müll abzufahren iſt. Ich halte das, wie geſagt, für außerordentlich bedenklich. Ferner ſcheint mir auch die Polizeiverordnung in einigen Punkten geändert werden zu müſſen. Hier ſteht in § 2: 8 Der Standort der Gefäße iſt von dem Grundbeſitzer zu beſtimmen. Er muß ſich auf den Höfen oder Gärten befinden und von der Straße her direkt und leicht zugänglich ſein. Nun, meine Herren, wie ich geſehen habe in meinem Hauſe iſt es auch ſo —, findet das Müll ſehr gute Unterkunft im Keller. Der Keller muß natürlich entſprechend hergerichtet, muß ventiliert ſein, den verſchiedenen Anforderungen entſprechen. Ich muß ſagen, ich finde es auch ſehr viel ſchöner, wenn nicht jeder das Müll auf dem Hofe oder gar im Garten gleich in die Augen bekommt, ſondern wenn es etwas verſteckt gufgehoben wird. Alſo auch nach der Richtung ſind Anderungen nötig. Ich beantrage demnach die Einſetzung eines Ausſchuſſes von 15 Mitgliedern zur Prüfung dieſer Vorlage. Stadtv. Dr. Zepler: Ich habe nur im Namen meiner Fraktion zu erklären, daß wir für die Vor⸗ lage ſind. Wir halten es für notwendig, daß die Müllabfuhr, eine ſo wichtige hygieniſche Maßregel, einheitlich geregelt wird. Allerdings würden wir es agiſtrat ſich ent⸗