——— 2346 —— Arbeitskraft aufzuwenden, wie wir ſie von ihm ver⸗ langen können, und die indirekte Folge iſt, daß die Induſtrie aufhört, auf dem Weltmarkt konkun renzfähig zu ſein — ein Hauptmotiv, das bei allen Fragen nicht aus dem Auge gelaſſen werden ſollte. Ich zweifle nicht daran, daß Sie, meine Herren die e, Ausführungen der Preſſe, die uns ja ſeit Wochen von Tag zu Tag vorgelegen haben, mit Intereſſe verfolgt haben, ſo daß ich hier nicht mit derjenigen Gründlichkeit die Frage zu erörtern brauche, die ſie an und für ſich an anderer Stelle wohl erfordern würde. Ich trete auch nicht in die ſubtile Unterſcheidung ein, ob wir unter einer Fleiſch⸗ not oder einer Fleiſchteuerung zu leiden haben. Tat⸗ ſache iſt, daß unerſchwingliche Fleiſchpreiſe zur Zeit eine Kalamität erzeugt haben, und ich habe in dieſem Raum umſoweniger nötig, Beweismittel dafür zu be⸗ ſchaffen, als ein verehrtes Mitglied unſeres Magiſtrats dem wir auf dieſem Gebiete zweiffellos Autorität zu⸗ erkennen müſſen, Herr Profeſſor Jaſtrow, ſich in ſeiner Zeitſchrift folgendermaßen äußert: „Nach den amtlichen Notierungen iſt der Stand der Schlachtviehpreiſe (Rinder, Schweine, Kälber, Hammel) ſeit 1895 noch nie ſo hoch wie gegenwärtig. Auch im Vergleich mit früheren Perioden kann behauptet werden, daß die gegenwärtigen Preiſe überhaupt noch nicht da⸗ geweſen ſind. Für Deutſchland kann die Be⸗ wegung der Schlachtviehpreiſe etwa bis 1850 zurück einigermaßen vergleichbar verfolgt werden. Bei einem ſolchen Vergleich findet ſich kein einziges Jahr, in dem der Durchſchnitt für die erwähnten vier Schlachtviehgattungen aunch nur annähernd an den jetzigen Preisſtand herangereicht hätte. Steht nun aber die Tat⸗ ſache feſt, daß wir in Deutſchland augenblicklich Schlachtviehpreiſe haben, wie ſie im letzten Jahrhundert niemals zu beobachten waren, ſo läßt ſich nicht länger beſtreiten, daß das Angebot ſehr knapp, die Nachfrage dagegen auf dem Viehmarkt ziemlich ſtark iſt. Damit wäre aber bewieſen, daß trotz aller Einwände in Deutſchland zur Zeit ein Vieh⸗ reſr. Fleiſchmangel beſteht.“ Ich glaube, meine Herren, dieſe Außerungen, die von einer ganz unparteiiſchen Seite ausgehen, ſind wohl imſtande, die von den verſchiedenen Intereſſengruppen hin⸗ und hergeſchobenen Angriffe auf ihre wirkliche Baſis zurückzuführen. Ich will Sie auch nicht mit einem Zahlen⸗ material von Umfang behelligen. Das würde zu weit führen, weil allzuviel Angaben gemacht ſind, und bekanntlich ziffernmäßige Angaben ſich beliebig gruppieren laſſen, je nach dem Standpunkt, von dem aus man eine Angelegenheit betrachtet. Ich möchte aber einige wirklich unrichtige Ziffern auf die Wirklichkeit zurückführen. Der Herr Landwirtſchaftsminiſter hat in ſeiner famoſen Rede am 11. Auguſt davon geſprochen, daß die Zahl des Schweineviehes in Deutſchland ſich weſentlich geſteigert habe. Er führte als Ziffer des Schweinebeſtandes an 10900000 Stück früher gegen 12563000 Stück jetzt. Dem gegenüber ſind die amtlichen Angaben, die wir aus der Fleiſchzählung vom Dezember 1904 haben im Gegenſatz zu den Ergebniſſen der außerordentlichen Fleiſchzählung im Jahre 1902 bei Gelegenheit des damaligen Not⸗ ſtandes tatſächlich weſentlich andere. Es wurden im Jahre 1902 12749988 Schweine gezählt, das ſind rund 168 000 mehr als im Jahre 1904, und die Zahl der unter einem halben Jahre alten Schweine war damals mit 7000000 — ich nenne die runde Ziffer — ſogar um 428000 Stück größer als jetzt. Daraus erhellt, daß die Zahl des Schweinebeſtandes in den Jahren von 1902 bis 1904 nicht nur nicht geſtiegen, ſondern weſentlich zurückgegangen iſt, während die Bevölkerungsziffer in dieſen Jahren um ca. 1000 000 zugenommen hat. Eine weitere Ziffer, die ich richtig zu ſtellen hätte, habe ich anzuführen gegenüber einer Aus⸗ führung, die erſt in den letzten Tagen im Reichs⸗ anzeiger erſchienen iſt zum Beweiſe dafür, daß eine Knappheit nicht vorhanden wäre. Es iſt dort auf⸗ geſtellt es iſt alſo eben auch wieder eine Gruppierung von Zahlen, die man ja beliebig machen kann —, daß der Auftrieb an den 8 größten preußiſchen Schlachtviehmärkten in den erſten 8§ Monaten des laufenden Jahres ſich gehoben hätte. Man gibt allerdings zu, daß der Schweineauftrieb im laufenden Jahre etwas zurückgegangen wäre, doch betrage der Rückgang im ganzen von allen 8 Monaten zuſammen nur 21 849 Stück. Dem gegenüber konſtatiere ich, daß nach den amtlichen Auskünften von folgenden 18 deutſchen Großſtädten, der Städte Berlin, Breslau, Chemnitz, Cöln, Dort⸗ mund, Dresden, Düſſeldorf, Elberfeld, Eſſen, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Leipzig, Magdeburg, Mannheim, München, Nürnberg und Stuttgart — alſo ſo ziemlich aller Städte, in denen eine größere namentlich induſtrielle Bevölkerung vor⸗ handen iſt — daß in den 18 Städten an den letzten fünf Markttagen, die zwiſchen dem 19. Juli und dem 16. Auguſt liegen, der Antrieb von Schweinen 161572 Stück betrug gegen 217 693 Stück im Vorjahre, mithin ein Rückgang von 56121 Stück an den fünf Markttagen, die ich eben erwähnte! Naturgemäß hat ſich auch in dieſen letzten Wochen die Steigerung fortgeſetzt, und ſie dürfte mit einer 30prozentigen Erhöhung jetzt wohl nicht zu hoch gemeſſen ſein. Es iſt ferner mit dem geringeren Antrieb auch eine Abnahme der Qualität zu konſtatieren, wie ich in einem Bericht der Magdeburger Schlachthausver⸗ waltung gefunden habe, wie das ja auch natur⸗ gemäß iſt, weil man in ſolchen Zeiten auch alles ſchlechte Vieh zu Markte treibt und zu Gelde macht. Es ſind ziemlich belangreiche Ziffern, die dort nach⸗ gewieſen werden als qualitative Abnahme des zu Markt gekommenen Viehes. Der Herr Landwirtſchaitsminiſter, der den ſubtilen Unterſchied zwiſchen Fleiſchnot und Fleiſch⸗ teuerung konſtruiert hat, hatte ja am 11. Auguſt verſprochen, daß in etwa vier Wochen ein Uberfluß von Schweinen vorhanden wäre, und der Preis ins Sinken käme. Das hat ſich nicht erfüllt; die Preiſe ſind weiter geſtiegen, und von der dem Herrn Land⸗ wirtſchaftsminiſter ſo naheſtehenden Verwaltung ſeines eigenen Gutes ging einem Fleiſchermeiſter in Braunſchweig, der ſich an die Verwaltung der Podbiele kiſchen Güter gewandt und gebeten hatte, ihm von dem Überſchuß an Vieh im Monat September etwas zukommen zu laſſen. ein Schreiben zu, daß ſie nicht in der Lage wäre, im September überhaupt Schweine abzugeber. So ſieht es ans mit dieſem enormen Zuwachs! Der Herr Landwirt⸗ ſchaftsminiſter hat die Hungernden einfach darauf verwieſen, daß es anders werden würde. Er hat aber keine definitive Zuſage nach irgend einer Richtung machen können. Daß die alten Einwände, es ſei bei einer ver⸗