waren bei uns ſehr teuer waren. Da war eine praktiſche Berliner Dame, Frau Lina Morgenſtern, die nahm die Sache in die Hand und gründete den Berliner Hausfrauenverein. Damals wurde auch darüber räſonniert und behauptet: das können wir nicht machen. Aber die Gründung des Berliner Hausfrauenvereins bewirkte ſofort ein Fallen der Kolonialwarenpreiſe! Es würde wohl gut ſein, wenn mehrere Städte ſagten: wir wollen die Fleiſcherei ſelbſt in die Hand nehmen. Nach allem kann ich mich mit dem Antrage Kaufmann und Gen. durchaus einverſtanden erklären, beſonders weil er ſich auf das zu Erreichende zunächſt beſchränkt, und wenn der Magiſtrat die kleinen An⸗ regungen, die ihm ſonſt gegeben ſind, für weitere Arbeiten benutzt, um eine Verbilligung des Fleiſches herbeizuführen, ſo müſſen wir damit wohl zunächſt zufrieden ſein. (Bravol) Stadtv. Dr. Zepler: Meine Herren, es hieße wirklich Eulen nach Athen tragen, wenn man in dieſer Sache noch lange Reden halten wollte. Es iſt ſchon ſo furchtbar viel über dieſen Gegenſtand ge⸗ ſchrieben und geſprochen worden, daß man füglich wirklich nichts Neues mehr dazu ſagen könnte. Und vor allen Dingen, darüber ſind wir wohl alle einig: es nützt nichts, wir werden nicht gehört! Da oben, die heimſen das Geld ein und lachen ſich ins Fäuſtchen. Wenn man nun noch mit Anträgen ſo leiſe tritt, wie Herr Kollege Kaufmann es tut, ja, damit werden wir noch viel weniger erreichen. Wenn man zuletzt noch hört, daß Herr Kollege Kaufmann ſich ſogar de⸗ und wehmütig — ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken ſoll — vor den Stufen des Thrones niederwerfen und um billiges Fleiſch und Nahrungsmittel wehmütig winſeln will, ſo kann einem nur ſchlimm davor werden. (Große Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Herr Stadtv. Dr. Zepler, ich muß Sie wegen dieſes Ausdrucks zur Ordnung rufen. Stadtv. Dr. Zepler (fortfahrend): Da verliert man jede Achtung vor ſich ſelbſt. Wenn die Reichen noch reicher werden, dann ſoll man noch de⸗ und wehmütig um Gnade betteln? Dieſen Ton können wir nicht mitſingen; wir ſprechen anders. Ich will mich auf einige kurze Bemerkungen beſchränken, zunächſt mediziniſchen Inhalts. Es iſt ins Feld geführt worden, daß die Arzte der Meinung ſind, es würde im allgemeinen viel zu viel Fleiſch gegeſſen. Das iſt in gewiſſem Sinne richtig. Aber von den Reaktionären wurde das ausgenntzt und falſch ausgelegt. Wer ißt denn zu viel Fleiſch? Etwa die Arbeiter, die viel arbeiten? Die nicht Die Reichen eſſen zu viel Fleiſch, die nicht arbeiten! Bis zum Ekel eſſen ſie zu viel Fleiſch! (Große Heiterkeit.) Sehen Sie ſie nur an: ſchon beim Kaffee eſſen ſie Schinken dazu, dann ein gutes Frühſtück ufw. (Erneute Heiterkeit.) Dann kommen die langen Diners bis zum Erbrechen, wie die alten Römer es ſchon getan haben, die ſich den Finger in den Mund ſteckten, um nach dem Erbrechen wieder von Nenem anfangen zu können (Stürmiſche Heiterkeit. Ja, da wird zu viel Fleiſch gegeſſen! Aber die⸗ jenigen, die arbeiten müſſen, die das Fleiſch zum A11 —— Erſatz ihrer aufgebrauchten Kraft gebrauchen, können nicht zu viel Fleiſch eſſen. Wenn es alſo heißt: es wird zu viel Fleiſch gegeſſen, dann ſollen die Arbeiter wieder heran! Ich habe dieſer Tage ge⸗ leſen: in der Stadtverordnetenverſammlung zu Spandau hat ſich ein Fachkollege von mir er⸗ dreiſtet, ſo etwas zu ſagen. Ich weiß nicht, wie der Mann heißt; viel Ehre hat er ſich damit nicht gemacht. (Heiterkeit.) Ich möchte energiſch Verwahrung dagegen einlegen, daß man das eiwa als Rechtfertigung bei der Er⸗ höhung der Fleiſchpreiſe ins Feld führt. Was die gemiſchte Deputation anlangt, ſo möchte ich recht ſehr bitten, daß man die Sache in Angriff nimmt. Freilich, für die jetzige Not werden wir zu ſpät kommen; aber es gilt, einen Riegel vor⸗ zuſchieben der Habſucht der Agrarier für ſpäter; wir wollen uns ſchützen. Es iſt nicht das erſtemal, daß das deutſche Volk ausgenützt würde unter dem Vor⸗ wand: die nationale Arbeit ſoll geſchützt werden; und es wird auch nicht das letztemal ſein. Wer ſoll ge⸗ ſchützt werden? Nicht die Arbeit, ſondern die Aus⸗ beutung der nationalen Arbeit! Die nationale Faulheit ſoll geſchützt werden! Und würden die Ausbeuter nicht Itzenplitz und Lüderitz heißen, ſo würde die nationale Arbeit nicht geſchützt werden. Mürden die Ausbeuter Cohn oder Schulze heißen, (Heiterkeit) dann würde es heißen: es iſt eine Frechheit, das zu verlangen! Aber wenn die Itzenplitze und Lüderitze und andere Lüderjahne das verlangen, da geſchieht alles! Das iſt eine ungeheure Ungerechtigkeit. Deshalb müſſen wir uns dagegen ſchützen. Deshalb haben wir damals bei der Milchfrage auch beantragt, eigene Kuhſtälle zu errichten, und ich komme jetzt darauf zurück. Wir könnten eigene Vieh⸗ und Schweinezucht betreiben; beſonders auch mit Hilfe der Küchenabfälle können wir das machen bei der Dreiteilung der Müllbeſeitigung; da haben wir ſchon eine Möglichkeit, dieſe Abfälle, zu verwenden. Wir tönnen ſehr viel tun und den Leuten zeigen, was die Glocke geſchlagen hat! Aber mit Leiſetreten werden wir nichts erreichen; da werden wir nur ausgelacht von denen da oben. (Heiterkeit.) Stadtv. Dr. Riel: Meine Herren, nach den witzvollen Ausführungen des Herrn Vorredners bin ich allerdings der Überzeugung, daß es heißt Eulen nach Athen tragen, wenn man zu dem Antrage, der auf der Tagesordnung ſteht, noch auch nur ein einziges Wort verliert. Ich bitte deshalb nur, dieſen Antrag anzunehmen. Was den ſogenannten Amendementsantrag be⸗ trifft, ſo möchte auch ich ſagen, daß man dieſer Sache durchaus ſympathiſch gegenüberſtehen kann. Nur bedaure ich, daß uns dieſer Antrag nicht früher mitgeteilt worden iſt; denn immerhin geht er ſo weit, daß er nicht ohne weiteres einer gemiſchten Deputation überwieſen werden kann, ſondern daß wir alle erſt in die Lage verſetzt werden müſſen, uns durch privates Studium darüber klar zu werden: kann man die Sache durchführen, wie ſoll man ſie durchführen? — und wenn wir uns darüber klar geworden ſind, dann zu einem Entſchluß zu kommen, ob wir die Sache einer gemiſchten Deputation oder bloß einem Ausſchuß überweiſen ſollen. Ich bedaure, weil ich mich vor den Eulen fürchte, nicht weitere