hebung der Grenzſperre, der Bevölkerung Charlottenburgs gutes und billiges Fleiſch in genügender Menge verſchafft werden kann. Wird dieſer Antrag angenommen, dann nehme ich an, daß der Antrag Borchardt und Gen. zu 3 abgelehnt iſt; wird er abgelehnt, dann laſſe ich über den An⸗ trag Borchardt und Gen. zu 3 abſtimmen. Stadtu. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Der Antrag zu 3 iſt in der urſprünglichen Faſſung zurückgezogen. Vorſteher Roſenberg: Gut, dann ergibt ſich für die Faſſung des Antrages zu 3 der zuletzt von mir verleſene Wortlaut. Nach der Abſtimmung über dieſen Antrag laſſe ich dann über den von Herrn Stadtv. Kaufmann und Gen. geſtellten Antrag abſtimmen und, ſollte dieſer abgelehnt werden, über den Antrag Borchardt zu 1, welcher den Magiſtrat erſuchen will: von der Regierung die ſofortige Offnung der Grenzen für geſundes Vieh zu verlangen. (Die Verſammlung lehnt den Antrag Borchardt und Gen. zu 2 ab und ſtimmt ſodann dem Antrage Borchardt und Gen. zu 3 in der von dem Stadtv. Baake abgeänderten Faſſung ſowie dem Antrage Kauf⸗ mann und Gen. zu. Damit iſt der Antrag Bor⸗ chardt und Gen. zu 1 erledigt.) Punkt 15 der Tagesordnung: Vorlage betr. Beteiligung an dem diesjähri⸗ gen K e Städtetage. — Druck⸗ ache 291. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Zu den Verhandlungen des diesjährigen Bran⸗ denburgiſchen Städtetages werden 24 Mitglieder der Stadtverordnetenverſammlung abgeordnet und wählt zu Abgeordneten die Stadw. Barnewitz, Dr. Bauer, Dr. Borchardt, Braune, Bruns, Callam. Döbler, Dr. Frentzel, Freund, Heiſe, Holz. Dr. Hubatſch, Kaufmann, Leben, Paſche, Dr. Penzig, Protze, Otto, Rackwitz, Dr. Roſe, Roſenberg, Sachs, Scharnberg und Vogel.) Punkt 16 der Tagesordnung: Vorlage betr. Bewilligung von Mitteln zur Inſtandſetzung einer Döcker ſchen Baracke. Druckſache 292. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Dem Zentralkomitee der Deutſchen Vereine vom Roten Kreuz werden zur Inſtandſetzung einer der Stadtgemeinde leihweiſe überlaſſenen Döckerſchen Baracke 800 ℳ aus dem Dis⸗ poſitionsfonds bewilligt.) Punkt 17 der Tagesordnung: Vorlage betr. Gewährung eines Beitrages für die Pflegeſtätte für Lungenkranke Gute Hoffnung. Druckſache 293. 914 ——— Stadtv. Dr. Zepler: Meine Herren, es handelt ſich hier, wie Sie geleſen haben, um eine Bewilligung für eine an ſich außerordentlich vortreffliche Inſtitution, und man könnte der Sache ohne weiteres zuſtimmen. Es iſt wohl niemand in dieſer Verſammlung, welcher nicht der ſozialdemokratiſchen Fraktion zutraute, ſtets 10 ſolche Zwecke die nötigen Mittel bewilligen zu wollen. Indeſſen liegt die Sache hier doch etwas anders. Sehen Sie ſich an, von wem die Gründung der Heimſtätte für unheilbare Lungenkranke ausgeht! Es iſt der vielbekannte Paſtor v. Bodelſchwingh. Die Sache riecht alſo ein bischen nach kirchlicher Ein⸗ miſchung. Sie kennen unſere Stellungnahme gegen alle Dinge, die mit der Kirche in Zuſammenhang ſtehen. Wir machen kein Hehl daraus und betonen das, ſo oft es irgend angeht: alles, was mit der Kirche oder mit kirchlichen Perſonen zuſammenhängt, iſt wert, von uns mit einem gewiſſen Mißtrauen betrachtet zu werden. Gerade in einer Zeit der unerhörten Verfrommung und Verkirchlichung, in einer Zeit, wo die zirchlichen Beziehungen von oben herab in jeder Weiſe dem Volke, das in ſeiner großen Mehrheit nicht kirchlich geſinnt iſt, aufgedrängt werden, in einer Zeit, wo es von kirchlichen Ein⸗ miſchungen wimmelt, haben wir mehr Grund als je, alles, was von kirchlichen Perſonen oder von der Kirche ſelbſt geſchaffen wird, uns ſcharf anzuſehen. Der gute Zweck, der mit der hier zu begründenden oder ſchon begründeten Anſtalt verbunden iſt, kann uns darüber nicht hinwegbringen. Über die Perſönlichkeit des Paſtors v. Bodel⸗ ſchwingh können ja die Anſchauungen verſchieden ſein. Ich habe mir kein Urteil über ſeine Perſön⸗ lichkeit gebildet; ſie iſt mir vollſtändig gleichgiltig; ich laſſe ſie aus dem Spiel. Was ich hier ſage, iſt nicht perſönlich gegen den Paſtor v. Bodelſchwingh gerichtet, ſondern ich ſpreche rein grundſätzlich. Wenn eine ſolche hygieniſche Anſtalt errichtet wird von dieſer Seite, ſo kommen wir über den Verdacht nicht hinweg, ob nicht damit auch kirchliche Nebenzwecke verbunden ſind. Einmal derart, daß die Kirche Propaganda machen will. Da ſoll es heißen: Seht her, was die Kirche alles Gutes tut! — Es ſoll alſo hier etwas zum höheren Nutzen der Kirche geſchaffen werden. Andererſeits wiſſen wir nicht, wie der Ton gegenüber den Kranken iſt, ob nicht vielleicht wieder den unheilbaren Patienten, den Siechen eine kirchliche Frömmigkeit in unerhörter Weiſe aufgedrängt wird. Davor müſſen wir uns in acht nehmen und die Bewohner der Anſtalt zu ſchützen ſuchen. Solange dieſe Fragen nicht geklärt ſind, können wir nicht ohne weiteres einer ſolchen Inſtitution eine Unterſtützung von unſerer Seite zuwenden. Wenn etwas Derartiges zu gründen nötig iſt — und es kann ja keine Frage ſein, daß wir Heim⸗ ſtätten für unheilbare Lungenkranke brauchen —, ſo ſollen die Städte die Sache ſelbſt in die Hand nehmen. Wir, die Stadt Charlottenburg, können Derartiges ſelbſt gründen; wir können eventuell eine Abteilung in unſerem Siechenhauſe für ſolche Kranke ſpeziell reſervieren. Jetzt, wo der Brandenburgiſche Städtetag in Ausſicht ſteht, wäre es vielleicht ange⸗ meſſen, anzuregen, daß die Brandenburgiſchen Städte gemeinſam eine ſolche Anſtalt gründen. Denn ab⸗ geſehen von den kirchlichen Gründen habe ich noch den Grund, daß man die unheilbaren Kranken nicht nach Bielefeld ſchicken kann: dieſe weite Reiſe wäre für ſie eine Gefahr. Wir ſollten uns nicht damit