—— 315 — begnügen, hier 1000 % einer Anſtalt in ſo weiter Entfernung zuzuwenden, ſondern ſelbſt mit der Gründung einer ſolchen Anſtalt vorgehen. Ich möchte alſo anregen, bei dem Brandenburgiſchen Städtetage einen Antrag zu ſtellen, daß die brandenburgiſchen Städte gemeinſam eine ſolche Anſtalt gründen. Jedenfalls möchte ich Sie dringend bitten, hier nicht wieder einem Mitgliede der Kirche Gelegenheit zu geben, ſich groß zu tun, was die Kirche alles tut, wenn in letzter Linie doch die Städte das Geld geben ſollen. Ich bitte Sie, lehnen Sie dieſen An⸗ trag des Magiſtrats ab. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Pflegeſtätte „Gute Hoffnung“ in Bethel bei Bielefeld wird eine einmalige Beihilfe von 1000 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds bewilligt.) Vorſteher Roſenberg: ordnung: Punkt 18 der Tages⸗ Vorlage betr. Entſendung eines Vertreters zu dem internationalen Tuberkuloſekongreß in Paris. — Druckſache 294. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Roſe: Der Magaiſtrat wünſcht unſere Zuſtimmung dazu, den Herrn Dezer⸗ nenten des Armenweſens, Herrn Stadtrat Samter, auf den Tuberkuloſekongreß nach Paris zu ſchicken Da ja jedenfalls das Programm gar zu weitläufig iſt, als daß man erwarten könnte, daß etwas dabei heraus⸗ kommt, da es aber doch andererſeits wünſchenswert iſt, daß man die Einrichtungen, die in anderen Ländern zu gunſten der Tuberkulöſen geſchaffen werden, kennen lernt, ſo möchte ich Sie im Namen meiner Freunde bitten, dem Antrage zuzuſtimmen. Ich habe dabei nur den Wunſch auszudrücken, daß, wenn der Herr Stadtrat nach ſeiner Rückkunft dem Magiſtrat Bericht erſtattet, dieſer Bericht auch weiteren Kreiſen zugäng⸗ lich gemacht wird. Vorſteher Roſeuberg: Der Herr Berichterſtatter beantragt, dem Antrage des Magiſtrats hinzuzuſetzen: Die Verſammlung ſpricht den Wunſch aus, daß der Bericht des Herrn Stadtrats der Stadt⸗ Drn zugänglich gemacht wird. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt unter Annahme des Zuſatzan⸗ trages des Berichterſtatters Stadtv. Dr. Roſe nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Entſendung eines Vertreters des Magiſtrats zu dem vom 2. bis 7. Oktober in Paris ſtattfindenden internationalen Tuber⸗ kuloſekongreß wird zugeſtimmt. Die Verſammlung ſpricht den Wunſch aus, daß der Bericht des Herrn Stadtrats der Stadt⸗ mg zugänglich gemacht wird. Punkt 19 der Tagesordnung: Vorlage betr. Gewährung eines einmaligen Beitrages an die Kolonie Hoffnungstal. Druckſache 295. Stadtv. Otto: Meine Herren, meine Freunde und ich haben dem Antrage des Magiſtrats zu Nr. 17 der Tagesordnung zugeſtimmt. Auch bei Nr. 19 müſſen wir den guten Zweck anerkennen, den die Neugründung, die Herr Paſtor v. Bodelſchwingh plant, verwirklichen ſoll. Wir haben aber doch gegen die Idee, wie ſie in der Magiſtratsvorlage ausge⸗ ſprochen iſt, einige Bedenken. Wir meinen, die Magiſtratsvorlage iſt nicht ganz frei von Wider⸗ ſprüchen. Während Herr Paſtor v. Bodelſchwingh an einer Stelle ſagt, daß er nur Freiwillige in einer ſolchen Anſtalt aufnehmen will, ſpricht er an einer anderen Stelle davon, daß die der Vagabondage Verdächtigen dem Strafrichter überwieſen werden ſollen. Derartige Beſtrebungen wollen wir nicht ohne weiteres unterſtützen. Wir wollen uns in einem Ausſchuß, den wir beantragen werden, auch darüber belehren laſſen, ob gerade Charlottenburg durch bettelnde Arbeitsſcheue ſehr in Anſpruch genommen wird, wie es in der Magiſtratsvorlage heißt. Wir verkennen nicht den guten Zweck, der in der ganzen Idee liegt; aber wenn die Frage ſo brennend iſt, daß die Stadt Charlottenburg dieſer Kolonie 3000 ℳ Unterſtützung zu teil werden laſſen ſoll, ſo liegt es nahe, zu prüfen, ob nicht die Städte um Berlin mit Berlin zuſammen ſelbſt die Idee in die Wirklichkeit umſetzen ſollten, oder ob ſie dazu der Hilfe des Herrn Paſtors v. Bodelſchwingh bedürfen. Um dieſe Frage zu klären, möchte ich mir im Namen meiner Freunde die Bitte erlauben, die Vorlage einem Aus⸗ ſchuß von 9 Mitgliedern zu überweiſen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, wir werden dem Antrage, die Vorlage einem Ausſchuß zu überweiſen, ohne weiteres zuſtimmen. Die Punkte, die der Herr Vorredner erwähnte, regten auch ſtarke Bedenken bei meinen näheren Freunden an. Ganz ſpeziell geht aus der Faſſung, die der Magiſtrat der Vorlage und ihrer Begründung gegeben hat, nicht einmal klar hervor, ob nicht ſogar ſolche Perſonen, die in dem Aſyl für Obdachloſe übernachtet haben und ſich weigern, nach der zu gründenden Kolonie zu gehen, dem Strafrichter überwieſen werden ſollen. Man kann die Worte der Begründung ſo deuten, daß das nicht der Fall iſt; aber mit klaren Worten geht es nicht daraus hervor, und ſchon aus dieſem Grunde würde es uns unmöglich ſein, der Vorlage ſo, wie ſie uns vorliegt, zuzuſtimmen. Wir werden uns alſo dem Antrage auf Beratung in einem Aus⸗ ſchuſſe anſchließen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, es handelt ſich hier um eine hochbedeutſame Sache, um einen erſten Verſuch, der in Groß⸗Berlin gemacht wird, der Vagabondage, dem unberechtigten Umher⸗ ziehen arbeitsſcheuer Leute entgegenzutreten, und andererſeits, der großen Anzahl von arbeitſuchenden Leuten, welche wirklich redlich beſtrebt ſind, Arbeit zu finden und Arbeit nicht erhalten, und die da⸗ durch allmählich auf den Weg des Elends kommen, die helfende Hand zu reichen. Dieſer zweite Punkt iſt die Urſache bei dem Vorſchlage, des Herrn Paſtors von Bodelſchwingh, zu dem die Stadt Berlin die Hand gereicht hat — meiner Anſicht nach in äußerſt dankenswerter Weiſe —, um einen Verſuch auf dem Boden der langjährigen Erfahrungen anzuſtellen, die Herr Paſtor v. Bodelſchwingh in Weſtfalen mit her⸗ vorragendem Erfolge geſammelt hat. Da Ihnen die Dinge aber vorläufig nicht in ertenſo vollſtändig klar ſein können, ſo begrüße ich den Antrag durch⸗