— 326 — uns loszuwettern. Ich verſtehe das nicht. Als er von neuem gegen uns loswetterle, machte es auf mich den Eindruck, als wenn wir im Herrenhauſe wären, und als ob die dortigen törichten Sozialiſten⸗ freſſereien ihn bereits angeſteckt hätten. Das habe ich in meinem Zwiſchenruf ausſprechen wollen, und ich weiſe den Vorwurf der Unehrlichkeit, den der Herr Oberbürgermeiſter daran geknüpft hat, als anmaßliche Uberhebung zurück. (Glocke des Vorſtehers.) Vorſt.⸗Stellv. Kaufmann: Ich muß bemerken, daß ich einen ſolchen Ausdruck, wie der Herr Redner ihn zuletzt gebraucht hat, nicht für paſſend erachte. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Uber den Vor⸗ wurf, daß ich in zu ſtarken Ausdrücken aggreſſiv gegen die Vertreter der ſozialdemokratiſchen Partei mich bewege und einen derartigen bedauerlichen Ton der Diskuſſion provoziere, brauche ich mich wohl nicht weiter auszulaſſen, nachdem Herr Baake in ſeinen letzten Worten inbezug auf mich hier Ausdrücke ge⸗ braucht hat wie „eine törichte Auffaſſung“ und „eine anmaßliche Überhebung“. Sie ſehen, meine Herren, wo der Ton ſitzt, gegen den ich mich gewendet habe und auch nach wie vor wende. Nachdem Herr Baake offiziell erklärt hat, daß er nicht „Narrenhaus“ ſondern „Herrenhaus“ ge⸗ ſagt habe, entfällt der Vorwurf der Unwürdigkeit, den ich daran geknüpft habe, und ich nehme dieſen Vorwurf nunmehr zurück, weil er nicht mehr be⸗ gründet iſt. Was die Sache ſelbſt anbetrifft, habe ich meine Gründe ausführlich dargelegt, die dafür ſprechen, daß es ſich um eine gute Sache handelt, die wert iſt, unterſtützt zu werden. Im übrigen möchte ich Herrn Dr. Penzig mit⸗ teilen, daß der Magiſtrat ſich im vergangenen Jahre veranlaßt geſehen hat, den Antrag auf Unterſtützung der Schiffer abzulehnen, weil in reichem Maße damals Geld aus privaten Mitteln zur Unterſtützung der Schiffer gefloſſen war, und weil der Magiſtrat, als der Antrag an ihn gelangte, oder als er den Antrag beriet — ſo wird es vielleicht richtiger ſem —, nach den Erkundigungen. die er angeſtellt hatte, ſich überzeugt hatte, daß eine Not nicht mehr vorlag. Lediglich dieſer tatſächliche Grund war es — meiner Erinverung nach —, aus dem der Magiſtrat im vorigen Jahre die Unterſtützung ablehnte. ſo Stadtv. Vogel: Meine Herren, ich bedaure, daß die Herren Beiſitzer es nicht gemerkt haben, daß ich mich bereits vor dem Kollegen Hirſch zum Wort ge⸗ meldet habe; es wäre vielleicht manches überflüſſig geweſen. Der Herr Oberbürgermeiſter hat ſich darüber gewundert, daß wir uns durch die ganze Reihe von ſozialen Beſtrebungen, die hier für die Schiffer an⸗ geführt ſind, nicht beſtimmen laſſen, auch die kirchliche Fürſorge mit anzunehmen. Es iſt nicht das erſte Mal, wir haben eine Reihe Vorlagen ſchon bekommen, wo Vereinigungen Unterſtützungen erbaten, die ſoziale Beſtrebungen verfolgen und dieſe in den Vordergrund geſchoben haben, um ihren kirchlichen Zwecken förder⸗ lich zu ſein. Da iſt der Eliſabethverein, das Rote Kreuz uſw. Sehen Sie, mit den Schiffern wird es ſo gemacht, und mit den Laubenkolonien vom Roten Kreuz wieder anders. Da müſſen die Leute ihre freie Zeit dazu verwenden, die Kolonien zu pflegen; im Sommer müſſen ſie, wenn ſie von der Arbeit kommen, die Kolonien gießen; da haben ſie keine Zeit übrig, Zeitungen zu leſen, ſie werden voll⸗ ſtändig damit beſchäftigt, die Männer und die Frauen müſſen ihren Sonntag vollſtändig dazu hinbringen. Wenn ſie ihre Arbeit am Sonntag gemacht haben, dann gehen ſie nicht erſt weiter, dann bleiben ſie da, und es werden ihnen auch Traktätchen gebracht, wie ich mich überzeugt habe, ſodaß ſie von dem ſozialen Gift hametſc abgeſchloſſen werden. Das gefällt uns nicht, daß ſoziale Zwecke dabei vor den kirchlichen in den Vordergrund geſchoben werden, um uns, die Sozialdemokratie zu bekämpfen. Da können Sie es uns nicht verdenken, daß wir überhaupt gegen die Beſtrebungen dieſer frommen Vereinigungen uns ent⸗ ſchieden erklären. (Die Beratung wird geſchloſſen. Stadtv. Dr. Penzig zieht den Antrag auf Überweiſung der Vor⸗ lage an einen Ausſchuß zurück; Stadtv. Roſenberg nimmt dieſen Antrag wieder auf. Die Verſammlung lehnt die Überweiſung der Vorlage an einen Aus⸗ ſchuß und ſodann auch die Magiſtrats vorlage ſelbſt ab.) Vorſteher Roſenberg: Punkt 31 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Bereitſtellung der Mittel für den Anſchluß des ſtädtiſchen Grundſtücks Leibnizſtraße 53 an die Schwemmkanali⸗ fation. — Druckſache 307. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Für den Anſchluß des ſtädtiſchen Grundſtück⸗ Leibnizſtraße 53 an die Schwemmkanalifation werden 1500 ℳ aus dem Grundſtückserwerbs⸗ fonds bewilligt.) Punkt 32 der Tagesordnung: Vorlage betr. Neuſchaffung von Beamten⸗ ſtellen. — Druckſache 308. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, wenn man die ſehr ausführliche Begründung, die der Magiſtrat dieſer Vorlage mitgegeben hat, durchlieſt, ſo kommt man zu der Meinung, daß dieſe Vorlage einfach glatt anzunehmen iſt, und ich könnte Ihnen auch dieſe glatte Annahme nur empfehlen. Aber ich möchte mir doch ein paar Worte bei Ge⸗ legenheit dieſer Vorlage nicht verſagen. Bereits im November v. I. haben wir uns mit einer ganz ähnlichen Vorlage beſchäftigt, welche die Vermehrung derſelben Beamtenkalegorie zum 1. Jannar in Ausſicht nahm und von uns ver⸗ langte. Ich begründete auch damals die Vorlage, empfahl ſie zur Annahme und fügte nach dem ſtenographiſchen Bericht etwa die Worte hinzu, daß man nach dem Studium der Akten ſogar zweifelhaft ſein könnte, ob die damals geforderte und bewilligte Zahl von Begmten ausreichend wäre, um die Mehr⸗ arbeit ohne Überbelaſtung zu leiſten, — wie wir alle es doch wünſchen. Dieſe Befürchtung iſt durch⸗ aus Wahrheit geworden. Aus der Durchſicht der Aklen erſteht man, daß in der Tat bereits in der abgelaufenen Zeit die Beamten eine ganz außer⸗ ordentliche Mehrarbeit zu leiſten hatten; ich habe die Zahl nicht genau im Kopfe, aber ich glaube, es handelt ſich um nahezu 500 Überſtunden an Mehr⸗