—— —— 331 —— Ich komme jetzt alſo auf die Petitionen der Grundbeſitzer. Dieſe Grundbeſitzerpetitionen hier zu erwähnen. iſt ja um ſo mehr der Mühe wert, als wir uns doch geſtehen müſſen, daß die ganze Arbeit, die der Magiſtrat uns vorgelegt hat, das Reſultat eines ſiebenjührigen Krieges — ich wollte ſagen: eines ſechsjährigen Kampfes in der Mülldeputation geweſen iſt und ſchließlich vorwärts gekommen iſt ich muß das leider als Freund der Selbſtverwaltung bedauern — erſt dadurch, daß ein Druck von oben und von unten ſtattgefunden hat; ſonſt wäre die An⸗ gelegenheit noch nicht ſoweit zuſtande gekommen. Der Druck von oben beſtand darin, daß der Bundesrat die ſtaubfreie Verladung angenommen und vorgeſchrieben hat, ganz ſo, wie vor ſechs Jahren ſchon vergeblich in der Deputation empfohlen worden iſt: Die „Staubſchutzgeſellſchaft“, die ja meines Wiſſens von einem Charlottenburger ins Leben ge⸗ rufen iſt, hatte das alles ſchon empfohlen, was jetzt durch einen Druck von oben eingeführt worden iſt. Der zweite Druck kam von unten, von den Grundbeſitzern. Ich komme darauf, weil ſich in den Magiſtratsakten ſo beiläufig zu den Petitionen der Grundbeſitzervereine die Randbemerkung findet: „er war nur von 15 Leuten beſucht“. Nun, meine Herren, das kann ja ſein; denn vorher waren ſchon viele Grundbeſitzerverſammlungen geweſen wegen der Müllabfuhr, und die waren geſtopft voll. Es iſt alſo ein Irrtum, wenn damit etwa heruntergeſetzt werden ſoll, was von den Grundbeſitzervereinen als die Meinung der Stadtbürger mitgeteilt iſt. Meine Herren, warum ſind die Grundbeſitzer⸗ vereine ſo dahinter geweſen, daß die Sache endlich einmal in Gang kommt? Das hat folgenden Grund: Schon vor 4 Jahren iſt eine von den Abfuhrunter⸗ nehmungen ganz plötzlich eingegangen, ſodaß viele Hausbeſitzer in große Verlegenheit kamen. Sie er⸗ innern ſich dann ſelbſt, daß wir auch vor einem Jahr durch den Streik der Müllkutſcher in eine ſo unangenehme Verlegenheit geſetzt worden ſind. Ich erinnere daran, daß z. B. in der Lützowſtraße viele Leute den Müll zwei Monate lang auf dem Hofe haben herumliegen ſehen, und das iſt doch ein Zu⸗ ſtand, der bei drohenden Epidemien wie Cholera, Typhus uſw. ganz unhaltbar iſt. Darin ſind wir alſo alle mit dem erſten Satz der Petition einig. daß die Müllabfuhr in Regie gemacht, verſtadtlicht werden ſoll. Nun kann das aber nicht plötzlich gemacht werden, ſondern es muß ein Übergangsſtadium ſein. So hat der Magiſtrat das „Interimiſtikum“ gefunden, das Sie in der Vor⸗ lage vorgeführt ſehen. Ich möchte Sie bei dieſem Interimiſtitum auf den Schlußſatz aufmerkſam machen, den ich für ſehr weſentlich halte; er heißt: Sobald uns die auf unſere Ausſchreibung von Unternehmern eingereichten Angebote vorliegen, werden wir ſie prüfen und uns über das zur Einführung gelangende Abfuhrſyſtem ſowie über den oder die Unternehmer ſchlüſſig machen. Unſere Entſchließungen werden wir alsdann danach der Stadtverordnetenverſammlung zur Genehmigung unterbreiten. Wir folgen mit unſeren Anträgen den Beſchlüſſen unſerer Mülldeputation. Davon will ich Akt nehmen, daß hiermit noch nichts Definitives geſchieht, daß die wahre Ent⸗ ſcheidung erſt ſpäter kommt. Wenn es heißt: „Wir folgen mit unſeren An⸗ trägen den Beſchlüſſen unſerer Mülldeputation“, ſo veranlaßt mich dieſer Satz doch zu einer Bemerkung. Sie wiſſen, wenn Sie die Vorlage mit Aufmerkſam⸗ keit geleſen haben, daß immer noch nicht die Prin⸗ zipienfrage entſchieden iſt, welche Art von Müllbe⸗ ſeitigung ſchließlich eingeführt werden ſoll. Daß das engliſche Syſtem der Müllverſchwendung für unſer Land mit ſeinem armen Sandboden nicht paßt und unverantwortlich wäre, iſt wohl den meiſten von vornherein klar geweſen. Es handelt ſich alſo nur um die Müllverwertung. Da kommt nun die große Prinzipienfrage, wo ſoll der Müll, damit er verwertet werden kann, ſortiert werden? ſoll er draußen ſortiert werden oder ſchon in der Familie? Das heißt alſo: ſollen wir das Dreikaſtenſyſtem an⸗ nehmen oder nicht? Die Vorlage ſpricht ſich dahin aus — Sie wiſſen ja, in der Vorlage ſind beide Syſteme für die Zukunft offen gelaſſen — Wir haben geglaubt, dieſes Syſtem zulaſſen zu müſſen, weil wir nach eingehender Prüfung die Überzeugung gewonnen haben, daß es ſi9 durchführen läßt. Meine Herren, ich führe das deshalb an, weil dies nicht unter den Schlußſatz der ganzen Vorlage fällt, in dem es heißt: „Wir folgen mit unſeren Anträgen den Beſchlüſſen unſerer Mülldeputation“. Das iſt eine Anſicht des Magiſtrats und kein Be⸗ ſchluß der Deputation, und bei dieſer Gelegenheit muß ich es leider hier geſtehen, daß die Entſchei⸗ dung, ob überhaupt das Dreikaſtenſyſtem in Frage kommen ſollte, nur dadurch in die Vorlage ge⸗ kommen iſt, daß Ihre Deputation über alle Begriffe ſchlecht beſucht war, daß es alſo unſere eigene Schuld iſt, wenn ein Beſchluß der Deputation darüber nicht zuſtande gekommen iſt. In dieſer wichtigen Sitzung, wo die Entſcheidung über dieſe Frage kommen ſollte, ſind außer den beiden Stadträten nur anweſend ge⸗ weſen Herr Kollege Rackwitz und meine Wenigkeit; die übrigen haben durch Abweſenheit geglänzt, und daher iſt dieſe Kardinalfrage nicht entſchieden worden. Ich benutze hier dieſe Gelegenheit, das noch einmal zu konſtatieren, und befinde mich da in Über⸗ einſtimmung mit den Petitionen ich komme jetzt auf ſie zurück, da ich mir vorgenommen habe, über die Petitionen ausführlicher zu reden —: es läßt ſich unter keiner Bedingung das Dreikaſtenſyſtem allgemein durchführen. Man beruft ſich auf ameri⸗ kaniſche Städte und für die Müllverwertung auf München und Peſt, wo aber das Dreikaſtenſyſtem nicht iſt, und auf Potsdam, wo es angeblich durch⸗ geführt iſt. Nun, was die amerikaniſchen Städte betrifft, ſo iſt mir mitgeteilt worden, daß dort in der einen Stadt dadurch große Aufregung herrſcht, infolge der Polizeiſcherereien. In einer anderen Stadt ſei das Dreikaſtenſyſtem nach langem Arger und Kampfe wieder abgeſchafft, und Boſton habe es von vorn⸗ herein verworfen. Ich habe mich für dieſe ganze Mitteilung nicht weiter intereſſiert: denn die ameri⸗ kaniſchen Verhältniſſe paſſen ebenſo wenig für uns wie die engliſchen. Aber wie ſteht es in Potsdam? Dort ſollen getrennt werden Aſche und Speiſeabfälle, die am be⸗ quemſten zur Schweinezucht verwertet werden können, wenn ſie 11. . durch langes Sieden desinfiziert und unſchädli mit uns geweſen, ſtraße, und haben gemacht ſind. Die Herren ſind ja ich glaube in der Tauroggener⸗ dort bewundert, welche maſſen⸗ haften Tierkörper bei den Schweinen durch dieſe Küchenabfälle erzeugt worden ſind; wir haben uns Amt wie das alles ſo hübſch verwertet werden ann, und, meine Herren, einer der Begeiſtertſten