—— 340 —— ſchützt, und noch andere Einrichtungen, die ihre Ge⸗ ſundheit ſchützen. Wir werden ihnen ſagen müſſen, wie ſie ſich verhalten müſſen in bezug auf Reinigung, wir werden ihnen Gelegenheit geben müſſen, zu baden, die Hände häufig zu waſchen uſw. Ich brauche darüber nicht weiter zu ſprechen. Wir glauben ohne⸗ hin, daß wir die Sache noch einmal in einer Kom⸗ miſſion beraten werden. Sollte nicht von anderer Seite der Antrag geſtellt werden, ſo werden wir es tun, die Sache eventuell in einem Ausſchuß noch einmal zu beraten, damit wir auch die Geſichtspunkte, die jetzt noch berührt ſind, berückſichtigen können. Vorſteher Roſenberg: Bis jetzt iſt der Antrag auf Zurückverweiſung in den Ausſchuß noch nicht geſtellt. Dann ſtellen Sie den Antrag? (Stadtv. Dr. Zepler: Jawohl!) Stadtv. Heiſe: Meine Herren, ſelten haben wir wohl eine Vorlage gehabt, die von ſo einſchneidender Wirkung für die Intereſſierten iſt wie gerade dieſe. Sie haben aus den Debatten wohl ſchon erſehen, daß eine Klage noch nicht beſteht. Selbſt der Magiſtrat weiß noch nicht — wir können es ihm nicht übel⸗ nehmen, wie ſollte er auch informiert ſein —, wie die Gebührenfeſtſetzung wirkt, und wie ſie nicht wirkt. Ferner hat der Herr Referent geſagt: die Pe⸗ titionen des Haus⸗ und Grundbeſitzervereins oder der verſchiedenen Vereine haben den Stein ins Rollen gebracht, ſodaß der Magiſtrat uns dieſe Vorlage ge⸗ macht hat. Meine Herren, in letzter Minute haben wir noch wieder eine Petition von Haus⸗ und Grund⸗ beſitzern bekommen. Wenn das richtig iſt, daß der Haus⸗ und Grundbeſitzer der veranlaſſende Teil war, dann haben wir auch die moraliſche Verpflichtung, noch einmal die Sache in einen Ausſchuß zu ver⸗ weiſen und dieſe Petition noch einmal in Erwägung zu ziehen. Ich ſtelle direkt den Antrag. Stadtv. Mittag: Meine Herren, ich will nicht weiter auf die Magiſtratsvorlage zurückkommen, der ich ſehr ſympatiſch gegenüberſtehe. Aber ich möchte einige Worte zu dem Zuſatzantrag des Herrn Kollegen Jolenberg ſprechen. Der Herr Stadtbaurat ſagte, von einer Polizeiverordnung, die heute geſchaffen wird, und die im vorliegenden Falle alſo darauf hinausgeht, daß Müll⸗ und Aſchekäſten nur auf dem freien Hofe aufgeſtellt werden dürfen, würden ſpäter einzelne Ausnahmen geſtattet werden. Meine Herren, ich perſönlich würde auf ſolche Ausnahmefälle nicht rechnen; denn iſt einmal eine Polizeiverordnung auf⸗ geſtellt, ſo gilt ſie. Durch unſere Bauverordnungen ſind wir wohl zur Genüge belehrt worden, daß Aus⸗ nahmen in den ſeltenſten Fällen gemacht werden. Ich ſehe auch garnicht ein, warum der Zuſatz: Ausnahmen können unter Wahrung aller ſani⸗ tären Vorſichtsmaßregeln geſtattet werden nicht gemacht werden ſoll. Wenn ich ein hochherr⸗ ſchaftliches Haus habe und ſtelle den unäſthetiſchen Müllkaſten auf dem Hofe unter die Fenſter einer Wohnung, ſo, meine ich, liegt die Gefahr der In⸗ fizierung doch mehr vor, als wenn ich einen Raum in meinem Hauſe für die Aufbewahrung baue, den ich der Reinlichkeit wegen ſogar mit Wandflieſen auslegen kann, und dem ich zur Ventilation einen Schornſtein, der direkt über das Dach hinausgeht, und eine Luftzuführung von außen gebe. Das deckt ſich aber nicht mit einer Polizeiverordnung: „Sie haben nur Käſten auf dem Hofe oder in dem Garten aufzuſtellen“. Ein derartiger Zuſatzantrag, der das nicht in das Belieben des Hausbeſitzers ſtellt, wo er die Käſten hinſtellen will, ſondern der bedingt, daß alle ſanitären Vorſichtsmaßregeln gewahrt werden müſſen, — ich bin der Meinung, der kann der Sache nichts ſchaden, ſondern ſie nur fördern. (Bravo! und Sehr richtig!) Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, ich möchte nur kurz auf die Begründung des Ge⸗ dankens eingehen, daß wir überhaupt an eine Ver⸗ ordnung zur Beſeitigung des Mülls herangehen, und Sie darin erinnern, daß das Müll ein Bruder iſt von einem böſen Geſellen, gegen den wir ſtändig ſchon ſeit vielen Jahrzehnten zu kämpfen gewohnt ſind: das Müll iſt, wie der Herr Baurat Bredtſchneider es einmal in einer Ausſchußſitzung bezeichnete, nicht⸗ flüſſiger Unrat, gegen den wir in allen Groß⸗ ſtädten bisher noch nichts getan haben. Dem Bruder aber, dem flüſſigen Unrat, ſind wir ſchon ſeit Jahr⸗ zehnten auf den Leib gerückt: den Fäkalien, den mit flüſſigen Stoffen vermiſchten Erkrementen der Menſchen. 2 Und das Sonderbare iſt, daß der Kampf gegen den flüſſigen Unrat ganz ähnliche oder gar gleiche Phaſen durchgemacht hat, wie jetzt der Kampf gegen das Müll. Früher beachtete man auf dem Lande und in den Städten dieſe Fäkalien nicht, man über⸗ ließ ſie dem Wind und dem Wetter, man ließ ſie verwittern, und dachte nicht daran, ſich um ſie zu kümmern. Je größer die Städte wurden, deſto weniger ging das; je ſtärker die Bebauung wurde, um ſo weniger ließ ſich dieſe urſprüngliche Vernach⸗ läſſigung aufrechterhalten: man baute in und unter jedes Haus große Gruben hinein, in denen die Fä⸗ kalien jahrhundertelang viele Meter tief aufgeſpeichert lagen. Man beachtete ſie auch hier nicht. Dieſe Nichtbeachtung hat ſich dann ſchwer gerächt: wir haben in den verſchiedenſten Städten unſeres Vaterlandes den Typhus endemiſch gehabt und uns jahrzehntelang keine Rechenſchaft darüber abgelegt, woher das kam, bis ſchließlich die Wiſſenſchaft den Nachweis erbracht hat, daß das Grundwaſſer durch jene Fäkaliengruben verunreinigt war und dadurch die Epidemie herbei⸗ geführt wurde. Da ſagte man nun: man muß mit dieſen Fäkalien aus den Städten hinaus, und ſie wurden beſeitigt. Man dachte aber nicht gleich daran, dieſe Fäkalien zu verwerten. Das war erſt dem dritten Stadium vorbehalten, in dem wir uns heute in allen Städten befinden: entweder werden ſie in Pudrett⸗Anſtalten verwertet, oder ſie werden auf Rieſelfelder hinausgeleitet, um dort neue Werte zu ſchaffen. Mit dem Müll iſt es nun ebenſo gegangen. Man hat das Müll früher garnicht beachtet; die Haus⸗ frau ließ es zuſammenfegen, es wurde auf die Straße geworfen und dem Wind und Wetter überliefert. Jetzt iſt man bei uns in Groß⸗Berlin und in anderen Städten in dem zweiten Stadium: man fährt das Müll aus der Stadt weg und häuft es außerhalb zuſammen zu großen Bergen und läßt es dort liegen. Allmählich aber fängt nun auch hier durch die drei⸗ fache Teilung der Müllbeſtandteile die Idee der Verwertung an einzuſetzen. Das iſt eine ausgezeich⸗ nete Idee, weil ſie nicht nur hygieniſch, wie der Herr Baurat auseinandergeſetzt hat, vortrefflich wirkt, ſondern weil ſie auch nationalökonomiſch zweckmäßig iſt, weil die großen Werte, die in dem Müll einer Großſtadt vorhanden ſind, nicht nutzlos weggeworfen, ſondern dem Nationalvermögen wieder zugeführt werden, weil neue Werte aus ihnen geſchaffen werden.