Stadtv. Dr. Zepler: Meine Herren, auch ich kann mich über den erſten Teil der Vorlage ſelbſt⸗ verſtändlich zuſtimmend ausſprechen trotz der Ein⸗ wendungen, die von manchen unſozialen Arzten ge⸗ macht werden, die wir als gewiſſermaßen ungerecht betrachten müſſen. Ich möchte mich bei der vor⸗ gerückien Stunde darüber nicht äußern. Dagegen muß ich mich auch über den letzten Teil der Vorlage ausſprechen, den ich nur als Schwanz anſehe, der ſchlecht weggekommen iſt. Herr Kollege Dr. Spiegel hat Ihnen gewiſſermaßen die Stellung⸗ nahme ſeiner Fraktion kundgegeben. Ich hatte die Herren, mißtrauiſch, wie wir einmal find, in dem Verdacht, daß vor den Wahlen die Nichtanweſenheit dieſer drei Kommiſſionsmitglieder ein diplomatiſcher Zug geweſen iſt: (Rufe: Oho! bei den Liberalen.) Ich habe mich ja wenigſtens in Bezug auf Herrn Kollegen Spiegel geirrt, und die Sache iſt erledigt. Wenn Herr Kollege Spiegel nicht davon geſprochen hätte, ſo hätten wir eben den Antrag geſtellt, daß dieſe Sache noch einmal in die Kommiſſſon zurück⸗ gewieſen würde. In der Kommiſſion ſelbſt war außer unſern beiden ſozialdemokratiſchen Stimmen keinerlei Neigung für die Sache vorhanden, trotzdem ich furchtbar mit mir handeln ließ: ſtatt eines Be⸗ trages von 50000 bis 100000 Mk., wie er mir aufanglich, als ich die Idee hatte, notwendig ſchien, habe ich mich bis auf 20000 Mk. herunterdrücken laſſen, um einen Anfang im Anſchluß an die Für⸗ ſorgeſtellen zu ermöglichen. Es war für mich ein Prüfſtein, wie weit die Herren entgegenkommen würden, und es hat ſich beſtätigt, wie wenig bereit⸗ willig ſie ſich gegenüber ſozialen Forderungen ver⸗ halten. Hoffentlich wird ſich die Sache etwas ändern, wenn die drei freifinnigen Herren dabei ſein werden; es wird dann etwas Poſitives herauskommen. Ausführlicher will ich über die Sache heute nicht ſprechen; Sie werden mich deswegen vielleicht loben. Meine ſpeziellen Gründe behalte ich mir für ſpäter vor. Ich möchte nur noch ſagen, daß ich nicht aner⸗ tenne, was der Magiſtrat hier ſagt, daß mein Antrag keine genügende Grundlage war. Ob eine Statiſtik eriſtiert, wieviel Frauen infolge der Notwendigkeit, außerhalb des Hauſes ihren Erwerb zu ſuchen, nicht ſtillen können, weiß ich im Moment nicht. Es wird nölig ſein, den Dingen nachzuforſchen. Um eventuell, falls keine Statiſtik eriſtiert, eine Grundlage zu ſchaffen, habe ich daran gedacht, daß wir ſelbſt eine Statiſtik aufſtellen vielleicht dadurch, daß wir die Standesämter interpellieren über alle Geburten in einem beſtimmten Jahre und dann gedruckte Frage⸗ karten an die einzelnen Mütter ſchicken. Es wird dann notwendig ſein, in der Preſſe darauf vorzu⸗ bereiten, daß die Stadt die Statiſtik veranſtaltet zu gemeinnützigen Zwecken, und daß die Mütter keinen Schaden haben, wenn ſie die Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Alles das würde notwendig ſein. Die Frage wird immer wieder aufs Tapet kommen. Wenn wir nur mit der kleinen Summe von 20000 ℳ den Anfang machen, ſo iſt es, um wenigſtens zunächſt das Allernotwendigſte zu tun⸗ Späier, wenn der Etat wächſt, werden wir auch ent⸗ ſprechend größere Poſten verlangen; das wird die Stadt garnicht merken. Daß es ſich hier um eine gemeinnützige Veran⸗ ſtaltung handelt, nicht um eine wohltätige, das geyt aus folgender Erwägung hervor. Die Frauen kommen der eignen Verantwortlichkeit ja nach, wie das der Herr Bürgermeiſter verlangt, indem ſie eben notwendig 351 — — auf Arbeit gehen und daher ihre urſprünglichere Mutterpflicht vernachläſſigen müſſen; ſie müſſen eben auch für ihre anderen Kinder und nicht bloß für ihre Säuglinge ſorgen, ſie müſſen Geld verdienen. Wir, die wir für die Wehrfähigkeit und Geſundheit unſeres Volkes eintreten müſſen, müſſen zu den Frauen kommen und ſie erſuchen, daß ſie, wenn ſie ſtillen, eine kleine Entſchädigung, wie ich mich aus⸗ drücken möchte, dafür annehmen, daß ſie nicht auf Arbeit gehen können. Ich bitte, von dieſem Geſichtspunkt aus die Sache zu betrachten und die Angelegenheit noch ein⸗ mal in die Kommiſſion zurückzuverweiſen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, es bleibt mir, nachdem die Debatte ſich lediglich auf den letzten Abſatz der Vorlage beſchränkt hat, auch nur übrig, mich mit dieſem Gegenſtande zu beſchäftigen. Es iſt ganz erklärlich, daß vor allen Dingen Herrn Stadtv. Dr. Zepler das Ergebnis, welches ſein Antrag in der Deputation bezw. im Magiſtrat gehabt hat, nicht befriedigt hat und nicht befriedigen konnte, und ich finde es durchaus natürlich, daß ſowohl er wie auch Herr Stadtv. Dr. Spiegel dieſe Materie, die, wie es den Anſchein erweckt, hier etwas oberflächlich und zu kurz behandelt worden iſt, noch weiter verfolgen will. Ich gebe auch ohne weiteres zu, daß eine ganze Reihe von Geſichtspunkten dieſer Frage abzugewinnen ſein werden, die bei der bis⸗ herigen Beratung in der Deputation ihr nicht abge⸗ wonnen worden ſind. Ich möchte nur meinen, daß der Fehler an dieſer nicht vollkommenen und nicht genügenden Behandlung nicht der Deputation zuzu⸗ ſchieben iſt, ſondern den Herren Antragſtellern, die eventuell durch Erörterung der weiteren Geſichtspunkte der Deputation die Arbeit hätten erleichtern müſſen. Da ich aber wünſche, daß von vornherein für die weitere Bearbeitung der Angelegenheit doch eine gewiſſe Klarſtellung und eine gewiſſe Direktive ge⸗ geben wird, ſo möchte ich nicht unterlaſſen darauf hinzuweiſen, daß der Magiſtrat ſich bei der Stellung⸗ nahme zu dieſem Beſchluſſe der Deputation ganz ausdrücklich und mit großer Entſchiedenheit dahin ſchlüſſig gemacht hat, daß er unter keinen Umſtänden bereit iſt, ſtädtiſche Mittel aus ſtädtiſchen Fonds zu verwenden, um den ſtillenden Müttern und ſogar Schwangeren daraus unmittelbar Beihilfen zu zahlen. Der Magiſtrat war der Meinung, daß es nicht Auf⸗ gabe der Stadtverwaltung ſein könne, in dieſer Weiſe, und zwar unter Umgehung der armenrechtlichen Ge⸗ ſichtspunkte, hier mit ſtädtiſchen Mitteln die ſicherlich in vielen Fällen vorhandene Bedürftigkeit bei den ſtillenden Müttern zu beſeitigen. Herr Stadtv. Dr. Zepler hat darauf hinge⸗ wieſen, daß er urſprünglich mit einer Summe von 50 000 bis 100 000 ℳ, die ſein Antrag koſten würde, gerechnet habe, und daß er ſich nachher bis auf 20 000 ℳ habe herabhandeln laſſen, wie er es bezeichnet hat. Meine Herren, das iſt ganz richtig: wenn Herr Stadtv. Ir. Zepler ſeinen Antrag ſo, wie er ihn urſprünglich formuliert hatte, in der Deputation wirklich hätte in die Tat umſetzen wollen. ſo hätte dies, wie ich nachträglich an der Hand der Er⸗ klärungen, die Herr Dr. Zepler nach dieſer Richtung abgegeben hat, feſtgeſtellt habe, eine Summe von 100 000 ℳ gekoſtet. Ich habe ein — allerdings ſehr oberflächliches — Material zur Beurteilug ſeines Antrages mir zu verſchaffen geſucht: ich habe feſt⸗ geſtellt, daß wir im letzten 4. eine Geburtenzahl von 4767 gehabt haben; die Zahlen in den 3 vor⸗