— 356 —— liche Zufälle, für die kein Menſch verantwortlich gemacht werden kann. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Zur Verſtärkung der Ausgabenummer 1 des Abſchnitts 1 vom Kapitel X des Ordinariums für 1905 werden 5736,03 ℳ aus dem Dis⸗ poſitionsfonds bewilligt. Vorſteher Roſenberg: ordnung: Vorlage betr. Etatsüberſchreitungen bei der Stadthauptkaſſe für das Rechnungsjahr 1904. — Druckſache 355. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Etatsüberſchreitungen bei der Stadthaupt⸗ kaſſe für das Rechnungsjahr 1904 von im ganzen 74018,81 ℳ werden nachträglich ge⸗ nehmigt.) Punkt 11 der Tages⸗ Punkt 12 der Tagesordnung: Vorlage betr. Fortſetzung der Milchlieferung durch die 44 . 21 — Druck⸗ ache 350. Stadtv. Vogel: Meine Herren, die Vorlage 350 entſpricht in ihrem erſten Teil den Anträgen und Wünſchen der Arzte der Fürſorgeſtellen, aber nur zum Teil. Die Arzte der Fürſorgeſtellen haben noch einen ſehr wichtigen Wunſch gehabt, wenn ſie ihn auch nicht gemeinſchaftlich vorgebracht haben. nämlich den Wunſch, eine Station für ſchwerkranke Säug⸗ linge, die ärztlicher Hilfe bedürfen, einzurichten. Herr Dr. Pilger von der erſten Stelle ſagt in ſeinem Bericht: Abhilfe gegen ungünſtige Reſultate ließe ſich beſonders dadurch erzielen, daß an die Fürſorgeſtellen eine kleine Station von vielleicht 6 Betten angegliedert würde, in der die Kinder aufgenommen würden, die täg⸗ licher ärztlicher Beobachtung und Behandlung bedürfen. Herr Dr. Bendir von der dritten Fürſorgeſtelle ſagt: Die unverkennbaren Vorteile der Säuglings⸗ fürſorgeſtellen würden ſich in Zukunft noch ausſichtsvoller geſtalten, wenn in denſelben auch gewiſſe Arten von kranken Kindern ver⸗ ſorgt würden: erſtens bei ſchweren akuten Er⸗ krankungen, für die eine Überweiſung an andere Arzte wegen des Zeitverluſtes, der da⸗ durch entſteht, Lebensgefahr bringt; zweitens für ſcheinbar leichte Fälle, bei denen die Mütter in Verkennung der Gefahr ärztliche Hilfe nicht in Anſpruch nehmen. Ahnlich ſpricht ſich Herr Dr. Miſch von der vierten Fürſorgeſtelle aus. Herr Dr. Kettner von der zweiten Fürſorgeſtelle ſpricht ſich auch für die Errichtung einer kleinen ſtändigen Station für ſchwertranke Säuglinge aus und fügt dann hinzu: Die Verbindung mit der geburtshilflichen Station würde es ermöglichen, die armen, elenden Geſchöpfe die wiſſenſchaftlich zu for⸗ dernden Segnungen der Frauenmilch dur Ammen genießen zu laſſen. ch teilungen glauben möchte, Den Vorſchlag einer wenn auch kleinen Säuglingsſtation ſehen ſich die Arzte der Für⸗ ſorgeſtellen deshalb zu machen genötigt, weil es in dieſem Jahre direkt unmöglich war, die elen⸗ deſten unter den ſchwerkranken Säuglingen, die zu ihrer Errettung dauernder ärztlicher Hilfe bedürfen, in den Mauern Charlottenburgs unter⸗ zubringen. Wer mit eigenen Augen das Elend geſehen hat, das in dieſem Jahre dadurch ver⸗ urſacht wurde, daß Mütter mit ihren ſchwer⸗ kranken Säuglingen von Krankenhaus zu Kran⸗ kenhaus gewieſen, ſchließlich mit dem ſterbenden Kinde im Arm hoffnungslos den häuslichen Herd wieder aufſuchen mußten, wird ſich der dringenden Notwendigkeit unſeres Vorſchlages an die ſtädtiſchen Körperſchaften nicht ver⸗ ſchließen können. Ich ſagte ſchon, der Magiſtrat iſt leider dieſem Wunſche der Arzte nicht nachgekommen; er hat ſich auch nicht darüber geäußert. Es iſt keine Entſchul⸗ digung für ihn, daß ähnliche Zuſtände durch dieſelbe Unterlaſſungsſünde auch in Berlin hervorgerufen worden ſind. Meine Herren, Sie haben in der letzten Sitzung eine Vorlage vom Magiſtrat bekommen, mehrere hunderttauſende Mark für einen eigentlich unnützen Zweck, nämlich für die Ausſchmückung der Charlottenburger Brücke zu verwenden. Ich glaube, wir dürfen uns dadurch nicht abhalten laſſen, für ſolche dringend notwendigen Zwecke wie den hier erwähnten das Erforderliche zu bewilligen. Deshalb appeliere ich, meine Herren, an Ihr Menſchlichkeits⸗ gefühl und bitte Sie, nicht länger zu zögern, dieſem Notſtand, der von allen Arzten der Fürſorgeſtellen hervorgehoben wird, bald Rechnung zu tragen und den Vorſtand des ſtädtiſchen Krankenhauſes zu be⸗ auftragen, in Verbindung mit den vrzten der Für⸗ ſorgeſtellen die Einrichtung einer ſolchen ärztlichen Station für arme ſchwerkranke und der ſofortigen Hilfe bedürftige Säuglinge einzurichten, damit ein Arzt nicht wieder zu ſagen braucht, daß Mütter mit ihren ſchwerkranken Säuglingen in der reichen Stadt Charlottenburg von Krankenhaus zu Kranken⸗ haus gewieſen, doch ſchließlich mit dem ſterbenden Kinde im Arm hoffnungslos den häuslichen Herd wieder aufſuchen mußten. Vorſteher Roſenberg: Einen Antrag haben Sie nicht geſtellt, Herr Stadtv. Vogel? Stadtv. Vogel: Zunächſt will ich abwarten, wie der Magiſtrat ſich zu dieſem Wunſche verhält. Stadtv. Dr. Bauer: Meine Herren, wenn man das überblickt, was in den Berichten der Säuglings⸗ fürſorgeſtellen von den Arzten, in privaten Eingaben und ſonſt an Außerungen für die Säuglingsfürſorge⸗ ſtellen verlautet, ſo kann man leicht zu dem Ein⸗ druck kommen, daß dies jüngſte Kind der Wohl⸗ fahrtspflege der Stadt Charlottenburg auf dem beſten Wege iſt, ſich zu einem Schmerzenskind zu entwickeln. Es iſt das vielleicht nicht ganz wunderbar: die ganze Sache iſt noch ziemlich neu, es mußten Erfahrungen gemacht werden. Auch in anderen Städten geht die Sache nicht recht; in Cöln und auch anderswo hört man manche Klagen. Selbſt in Paris, wo die Ein⸗ richtung ſeit einer Reihe von Jahren eriſtiert, liegt die Sache doch nicht ſo, wenn man die Berichte auf⸗ merkſam lieſt, wie man nach den allgemeinen Mit⸗ ſondern es ſind manche Fehler und Mißſtände vorhanden, die abzuſtellen