—— 360 —— Bürgermeiſter hat geglaubt, mich eines Widerſpruchs zeihen zu können. Jetzt zeigt ſich nun, daß der Widerſpruch doch nicht vorhanden war. Hätten wir das gründlicher damals beraten, wäre die Sache nicht in einſeitiger Weiſe vom Magiſtrat überſtürzt worden, dann hätten wir wahrſcheinlich darauf be⸗ ſtanden, daß eine entſprechende Kindermilch geliefert würde. Die Verantwortung dafür will ich nicht direkt dem Magiſtrat überweiſen: aber es liegt doch nahe — jedenfalls erblicke ich darin eine gewiſſe Genugtuung, daß ich damals mein Befremden über die Plötzlichkeit des Antrages ausgeſprochen habe. Was nun die bereits erwähnte Eingabe der Charlottenburger Arzte betrifft, ſo ſtehe ich nicht ſo ganz auf dem Standpunkt meines Genoſſen Vogel. In Sachen der Arztefragen haben die Sozialdemokraten ſich noch nicht zu einer einheit⸗ lichen Stellung aufgeſchwungen, darüber beſtehen noch verſchiedene widerſprechende Anſichten, die Sache iſt noch nicht geklärt. Was ich hier ſage, ſage ich — das geht ſchon daraus hervor, daß ich dem Ge⸗ noſſen Vogel widerſpreche — nicht als Vertreter des Standpunkts meiner Fraktion, ſondern von meinem eignen perſönlichen Standpunkt aus. Gewiß werden die Arzte in einem gewiſſen Maße geſchädigt. Indeß iſt die Schädigung nicht ſo arg, wie ſie dargeſtellt wird. Die Zahl der bemittelteren Leute, welche in die Polikliniken gekommen iſt, wird nicht ſo groß geweſen ſein. Außerdem iſt bereits Vorſorge ge⸗ troffen, daß dieſe Inſtitution von den Bemittelten nicht weiter ausgenutzt, wird, indem die Milch für die Wohlhabenden jetzt teu' er werden ſoll. Ich würde den Magiſtrat bitten, auch weiterhin irgend welche Vorkehrungen dafür zu treffen, daß damit kein Mißbrauch getrieben wird, vielleicht durch An⸗ ſchlag von Plakaten, durch Erkundigungen nach Stellung und Einkünften der Betreffenden uſw. Wenn ſich ſonſt hier und da mal jemand verläuft von den Bemittelten, auch vielleicht mal behandelt wird und dadurch den Privatärzten ein paar Mark vertragen werden, ſo iſt das wirklich nicht ſo ſchlimm. Das wird den Notſtand, den ich auch leider aner⸗ fennen muß und beklage, durchaus nicht vermehren. Die paar Mark machen den trocknen Kohl der Arzte wirklich nicht fett. Im übrigen bin ich der Meinung, daß ſich eine Behandlung von der Beratung ſchwerlich wird trennen laſſen. Selbſtverſtändlich ſollen nicht andere Krank⸗ heiten als die hier in Betracht kommenden behandelt werden. Aber daß man nicht alle Magen⸗ und Darmkrankheiten zurückweiſen kann, wenn es ſich um eine Beratung in Sachen der Sen rung handelt, das iſt ganz klar. Eine Schädigung kann unmöglich dadurch ſtattfinden, und meines Er⸗ achtens wird, wie ich ſchon ſagte, den Arzten dadurch kein Abbruch getan, daß dieſe Leute die Fürſorge⸗ ſtellen dauernd aufſuchen; denn ſie würden, wenn die Fürſorgeſtellen nicht da wären, in die Polikliniken gehen oder zu den Armenärzten oder überhaupt keinen Arzt konſultieren. Das alſo, was den rzten verloren geht, würden nur ganz geringe Beträge ſein, und um dieſer geringen Beträge willen können wir unmöglich — das wollen auch die Arzte nicht eine ſolche ſoziale Inſtitution preisgeben. Wir müſſen dabei bleiben, ſelbſt wenn die Arzte, was ich bedauern würde, weſentlich geſchädiat würden. Ja, wir müſſen dieſe hygieniſch⸗ſoziale Inſtitution ſogar noch weiter ausbauen; denn wir wollen vor⸗ wärts und nicht rückwärts gehen. tereſſenſphären aufeinander ſtoßen, ſo hat die wich⸗ Säuglingsernäh⸗ g Wenn zwei In⸗ h allgemeine Geſundheit, der Volkswohlſtand geht natürlich dem Wohle einer kleinen Gruppe von Leuten voran. Aus der von den Arzten im einzelnen noch angeführten Tatſache, daß 48% der Beſucher fortgeblieben ſind, entnehme ich das ſchöne Reſultat, daß 52 % in der Behand⸗ lung geblieben ſind, alſo einen ausgezeichneten Nutzen von dieſer Inſtitution gehabt haben. Wie es in dem Sprichwort heißt: si vis pacem, para bellum, ſo möchte ich der bürgerlichen Geſellſchaft in etwas veränderter Weiſe zurufen: Wenn du den Zukunfts⸗ ſtaat vermeiden willſt, ſo mache den Gegenwarts⸗ ſtaat ſo, daß es ſich auch für die große Maſſe gut darin leben läßt. 1 Alſo für uns iſt die Deviſe: mögen die Arzte ſchließlich leiden oder nicht, wir dürfen darum mit ſozialen Maßnahmen nicht ſtillhalten, geſchweige denn zurückgehen. Wir ſind der Meinung, daß die Kompottſchalen noch nicht voll ſind und daß die Fleiſchtöpfe ſogar noch ganz leer ſind, beſonders in der unmittelbaren Gegenwart. Wir haben noch ſehr viel zu tun! Und da möchte ich die Arzte, die Kol⸗ legen in Charlottenburg und auch ſonſt im deutſchen Reiche auffordern, nicht gegen die Arbeiterbewegung, welche die Kulturbewegung ſein will und iſt, zu gehen, ſondern mit uns. Mit uns ſollen ſie kämpfen, denn ſie gehören an unſere Seite nicht bloß, weil ſie berufen ſind, für ſoziale Dinge zu ſtreben und für das Kulturwerk einzutreten, ſondern aus dem eigenen Intereſſe, weil ſie Proletarier ſind ſo gut wie wir Die Arzte können von ihrem Einkommen ebenfalls knapp mehr leben, ſie gehören dem Prole⸗ tarier⸗, höchſtens dem Mittelſtande an, haben im beſten Falle 5— 6009 % Einkommen. Was wollen ſind ſie noch ſo blind? warum uns, ſondern gegen uns? tigere den Vorzug. Die chichten, den den großen Aus⸗ Da heißt Seite! Da Wenn ſie das tun daß ſie daß ſie hat ſelbſtverſtändlich niemand zu beanſpruchen Aber Gegenwart leben, werden Arzte einer gewiſſen beſſeren Poſition wegen des äußeren — Alſo wenn werden die An⸗ manche Opfer für die Offentlichteit, müſſen vieles tun, was ſie nicht bezahlt bekommen; es ſind aller⸗ and Krankmeldungen bei Infektionskrankheiten zu machen, der Verkehr mit Beamten, dem Publikum