ſagt der Herr: „Daß das Kind, ein Dreikäſehoch, noch nicht 16 Jahre alt iſt, darüber wollen Sie eine ſchriftliche Beſcheinigung haben?“ — „Ja, es iſt ſo Vorſchrift, und ich kann das Abonnement nicht geben, wenn Sie mir nicht dieſe ſchriftliche Beſcheinigung beſchaffen.“ Da hebt der Herr das Kind auf den Ladentiſch — es war eine große Menge Leute an⸗ weſend — und fragt: „Iſt vielleicht irgend einer unter den Anweſenden, der noch einer beſonderen Be⸗ ſcheinigung dafür bedarf, daß dieſes Kind noch nicht 16 Jahre alt iſt?“ Natürlich allſeitig größtes, lautes Gelächter! (Heiterkeit.) Meine Herren, das iſt ſo ein Beiſpiel dafür, wie das Bureauperſonal inſtruiert iſt, und wie es verfährt. Was das Fahrperſonal betrifft, ſo hat ein jeder von uns Dutzende von Malen die Erfahrung gemacht, wie ſehr wir unter der ſchlechten Inſtruierung zu leiden haben. Wenn ich mit einem E⸗ oder R⸗Wagen von Weſtend herunterkomme und nach dem Branden⸗ burger Tor mit dem N-Wagen weiter fahren will, ſo kann ich ganz feſt darauf wetten, daß in dem Augenblick, wo ich aus dem P⸗Wagen ausſteige, der N-Wagen abgeht, oder umgekehrt, wenn ich aus der Stadt komme und nach Weſtend herauf will, daß der Wagen, in den ich umſteigen kann, grade im ſelben Moment abfährt, und daß es keinem der Be⸗ amten einfällt, auch nur eine Minute darauf Rück⸗ ſicht zu nehmen, daß ein neuer Wagen ankommt. Das, meine Herren ſind die großen Mängel unſerer Straßenbahn. Ich habe ſchon früher häufig Gelegenheit genommen, darauf hinzuweiſen, daß ſie faum anders abzuändern ſind als dadurch, daß zur Verbeſſerung unſerer Verkehrsverhältniſſe, die wir unſern Einwohnern ſchuldig ſind, wir uns die größte Mühe geben, eine Konkurrenz herbeizuführen, welche uns einen größeren Einfluß auf die Verwaltung der Straßenbahn ſichert, als wir ihn ſonſt auszuüben ver⸗ mögen. Ich erlaube mir, nachdem ich ſchon ſo häufig über dieſe gleiche Angelegenheit hier an dieſer Stelle geſprochen habe, einem klaſſiſchen Beiſpiel zu folgen und zum Schluß ein Citat anzuführen, an dem i nur ein einziges Wort ändern will, im übri⸗ gen paßt es vollſtändig auf uns. Ich richte dieſe Bitte ganz beſonders an die Herren Bürger⸗ meiſter, an den Herrn Baurat und den Herrn Syndikus — nämlich: ceterum censeo, monopolium esse delendum! (Heiterkeit und Bravo!) Mitberichterſtatter Stadtv. Hirſch: Meine Herren, daß wir eine ſo wichtige Vorlage einem Ausſchuß überweiſen, darüber werden ja wohl Meinungsver⸗ ſchiedenheiten unter uns nicht beſtehen. Ich möchte mir geſtatten, das Referat des Herrn Kollegen Marcus durch einige Ausführungen unter Bezug⸗ nahme auf die umfangreichen Akten zu ergänzen. Die Anderungen, die der gegenwärtige Entwurf gegenüber den Beſchlüſſen der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung vorſieht, ſind in der Vorlage ſo eingehend geſchildert, daß ich ſie nicht noch einmal anzuführeu brauche. Ich möchte nur darauf hinweiſen, daß ſeinerzeit der Artikel XIV, der ſich auf das Ein⸗ ſpruchsrecht bezieht, und der Punkt 2 der Ausſchuß⸗ anträge, der die Feſtſtellungsklage betrifft, ein⸗ ſtimm ig von der Stadtverordnetenverſammlung angenommen ſind. Ich mache beſonders deshalb darauf aufmerkſam, weil der Magiſtrat durch ſeine heutige Vorlage den Beweis liefert, daß er trotz des einſtimmigen Beſchluſſes der Stadtverordnetenver⸗ 371 Unterhandlungen ſammlung doch zu einer anderen Anſchauung ge⸗ kommen iſt. Nachdem der damals von uns genehmigte Ver⸗ trag der Geſellſchaft vorgelegt war, bezeichnete die Geſellſchaft eine Reihe von Forderungen, die wir aufgeſtellt hatten, als unannehmbar, darunter bei⸗ ſpielsweiſe die Forderung des7 1¾%ðMinuten⸗Verkehrs, eine Forderung, die gewiß nicht als übertrieben an⸗ geſehen werden kann. Auch die Forderungen inbezug auf die Regelung des Verkehrs jenſeits der Spree und ſpäter auch die Streichung des Artikels I1I § 18 wurden als unannehmbar bezeichnet. In dem urſprünglichen Entwurf der Geſellſchaft fand ſich dieſelbe Beſtimmung, die in der heutigen Magiſtrats⸗ vorlage wiederum Aufnahme gefunden hat — Sie finden ſie auf Seite 607 der Vorlage —: Für die dereinſt durch die Bismarckſtraße zwiſchen Schloß⸗ und Wilmersdorferſtraße wieder einzurichtende Straßenbahnverbindung wird auf die Hineinführung nach Berlin und. zwar nach dem Lützowplatz und dem Branden⸗ burger Tor verzichtet. Dieſen Verzicht geſtand die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung der Geſellſchaft nicht zu; ſie beſchloß, dieſe Beſtimmung zu ſtreichen. Die Geſellſchaft be⸗ zeichnete aber den Beſchluß der Stadtverordneten⸗ verſammlung als unannehmbar. Nun, meine Herren, fanden ſehr langwierige zwiſchen dem Magiſtrat und den Vertretern der drei Straßenbahngeſellſchaften ſtatt. Dieſe Verhandlungen waren, wie die zahlreichen Schriftſtücke in den Akten beweiſen, äußerſt ſchwierig. So berechneten beiſpielsweiſe die Geſellſchaften ihren Einnahmeausfall in einer Weiſe, die zu den größten Bedenken Anlaß gibt. Auf die Summe kommt es ja garnicht an; es kann uns ganz gleichgiltig ſein, mit welchen Einnahmeausfällen die Geſellſchaften zu rechnen haben. Uns muß vor allen Dingen daran liegen, daß wir unſern Standpunkt gegenüber dem Standpunkt der Geſellſchaften ſchärfer hervorkehren. Die Geſellſchaften betrachten ſich in erſter ch Linie als reine Erwerbsgeſellſchaften; die Befriedigung des Verkehrsbe dürfniſſes liegt ihnen erſt in zweiter, vielleicht in noch ſpäterer Linie am Herzen. Aber, meine Herren, die Stadt hat darauf zu achten, daß die Geſellſchaften, mit denen ſie Verträge ſchließt, vor allen Dingen den Verkehr innerhalb des Gemeindegebiets und darüber hinaus ſo regeln, wie es den Bedürfniſſen der Be⸗ völkerung entſpricht. (Sehr richtig!) Aus jedem Blatt der Akten, aus jedem einzelnen Schriftſtück, das zwiſchen Magiſtrat und Geſellſchaften gewechſelt iſt, geht deutlich hervor, daß die Ge⸗ ſellſchaften ſich ſagen: in erſter Linie haben wir darauf zu achten, daß „unſere Aktionäre möglichſt hohe Dividenden ſchlucken. (Sehr richtig!) Meine Herren, das kann uns ziemlich gleichgiltig ſein, ob die Aktionäre Dividenden bekommen oder nicht, danach haben wir nicht zu fragen, ſondern wir haben danach zu fragen: wie wird am beſten der Verkehr in unſerm Gemeindegebiet geregelt? Der Standpunkt, den die Geſellſchaften einnehmen, be⸗ weiſt aber auch klar, wie verkehrt es ſeinerzeit geweſen iſt, daß wir überhaupt Privatgeſellſchaften die Ausnutzung“ der“ Straßen! überlaſſen haben. Hätten wir von vornherein den Betrieb in eigen dann wären wir über alle dieſe Regie genommen, ä Schwierigkeiten hinweg; dann hätte auch die Be⸗