—— 395 — in öffentlicher Sitzung zur Sprache gebracht worden find. (Sehr richtig!) Ich möchte aber noch einen Schritt weiter gehen. Ich meine, ſelbſt wenn es ſich nicht darum handelt, die Qualifikation einer Perſönlichkeit zu verneinen oder anzuzweifeln, ſondern erſt recht, wenn etwa einer von uns in öffentlicher Sitzung von ſeinen Freunden gelobt werden ſollte, um ſeine Qualifikation zu erweiſen, ſo würde eine derartige Verhandlung in der Offentlichleit einen durchaus ungünſtigen Ein⸗ druck machen. Im Ausſchuß iſt die Möglichkeit ge⸗ geben, ſich vollkommen darüber auszuſprechen. Auch damals — ich möchte, meine Herren, das hier in dieſem Augenbiick nach den Ausführungen meine⸗ Herrn Vorredners nicht verſchweigen, auch damals war die volle Möglichkeit gegeben, die Tatſachen, um die es ſich gehandelt hat, in einwandfreier Weiſe zur Feſtſtellung zu bringen und nachher der Offentlichleit zu unterbreiten. Die Eutſcheidung eines Ehrengerichts iſt damals angetragen geweſen, ſie iſt nicht akzeptiert worden gerade von der angeblich angegriffenen Seite (zu den Sozialdemokraten), und die Flucht in die Offentlichkeit, glaube ich, iſt damals gerade nicht zu gunſten desjenigen ausgefallen, der dieſe Flucht unter⸗ nommen hat. Meine Herren, wenn Herr Kollege Hirſch über die Haltung der liberalen Fraktion oder der einzelnen Mitglieder dieſer Fraktion hier ſich wundert — na, dann wundern wir uns über Ihre Haltung auch; dies Wundern iſt gegenſeitig. Das geht ſchon ſeit einer langen Zeit vor ſich, es liegt ja durchaus in der Natur der Sache begründet. (Heiterkeit.) Aber die Beiſpiele, die er angeführt hat, ſind denn doch nicht ganz glücklich gewählt geweſen Meine Herren, der Fall Ströhler, auf den gingewieſen wird, lag damals anders. Da hatten wir uns in ſachlicher Beziehung über die unrichtige geſchäftliche Behandlung zu beklagen, und zwar hatte ſich der Ausſchuß, der eingeſetzt war, darüber zu beklagen, daß ihm die Gründe für die Ablehnung eines Stadtrates nicht mitge:eilt worden waren. Diesmal iſt eine derartige unrichtige geſckäftliche Behandlung garnicht vorhanden geweſen. Und wenn wir den letzten Fall und dieſen aus dem Jahre 1902 als vollgiltige Beweiſe noch anerkennen wollten — das find zwei Fälle aus einer ganzen Reihe von Jahren! Und das wird Herr Kollege Hirſch nicht beſtreiten lönnen, daß die Tradition, daß eine ſtändige Praris zu gunſten unſerer Interpretation geſprochen hat. Es würde mich ſonſt wundern, weshalb gerade von einer Seite, die auf die Offentlichkeit ſo großes Gewicht legt, nicht ſchon vor Jahren der Wunſch ausgeſprochen. der Antrag geſtellt, eine Beſchlußfaſſung herbeigeführt worden iſt, daß jedesmal in öffentlicher Sitzung darüber verhandelt werden ſoll. (Stadtv. Hirſch: Haben wir getan!) Meine Herren, um auf das Beiſpiel mit Ziegler einzugehen — es iſt ſo recht bezeichnend wieder für die Art und Weiſe, wie bei der Debatte von ein⸗ zelnen Herren vorgegangen wird. Man hätte ja glauben müſſen, daß wir jetzt den Antrag geſtellt haben, es ſollte die Offentlichkeit unſerer Verhand⸗ lungen ausgeſchloſſen werden! (Sehr richtig! — Stadtv. Hirſch: Kommt noch!) — Na, warten Sie es nur ruhig ab! — Es handelt ſich, wie Sie ſehen, in § 10 um eine ganze Reihe von Dingen. Es iſt uns nicht in den Sinn ge⸗ kommen, bezüglich der übrigen Beſtimmungen uns hier auszuſprechen. In einer ganz beſtimmten An⸗ gelegenheit verlangen wir, daß das, was bisher traditionell bei uns geweſen iſt, nun einmal allen Zweifeln gegenüber, die dagegen erhoben wurden, klipp und klar auch in unſeren Beſtimmungen aus⸗ geſprochen wird. Ich möchte Sie bitten, meine Herren, den An⸗ trag anzunehmen. Uns vor der Offentlichkeit zu fürchten, haben wir wahrhaftig keinen Anlaß. Aber es gibt eben gewiſſe Dinge, deren Erörterung in der Offentlichkeit unter Umſtänden außerordentlich pein⸗ lich und unangenehm wirken kann, und dieſe Dinge wollen wir nicht in die Offentlichkeit gezerrt wiſſen. Wir wollen nicht, daß das, was einmal vorgekommen iſt, ſich als ſtändige Einrichtung bei uns einbürgert, und ich glaube, die große Mehrheit unſerer Wähler wird mit uns darin einverſtanden ſein, daß die Würde der Verſammlung nicht dadurch gewahrt wird, daß wir ſolche Dinge öffentlich verhandeln. (Bravo!) Stadtu. Baake: Meine Herren, es tut mir in der Seele weh, daß gerade der Herr Profeſſor v. Liszt ſich zum Wortführer eines Liberalismus macht, der in einer weiteren Beſchräntung der Offentlichkeit das Heil erblickt. Es handelt ſich bei dem Vorſchlag, der gemacht wird, eingeſtandener⸗ maßen darum, zu verhindern, daß künftig Verhand⸗ lungen über die Wahl von Stadträten in öffentlicher Sitzung vorgenommen werden. Das iſt der Sinn des Antrages. Wie die Praris früher war, ſpielt demgegenüber eine höchſt geringe Rolle. War die Praris früher ſo, wie ſie geſchildert worden iſt, daß man ſchon damals die geheimen Verhandlungen an⸗ wandte, nun, dann war die Praris früher eben falſch und nicht in UÜbereinſtimmung zu bringen mit einer geſunden Demokratie, die die Offentlichkeit auch in derartigen Perſonenfragen für durchaus wünſchens⸗ wert hält. Der Wert der Offentlichkeit liegt eben darin, wie Ziegler, der freilich nicht gern gehört wird, wenn er jetzt von uns zitiert wird, geſagt hat, daß die Offentlichkeit der Verhandlungen die Cliquen⸗ wirtſchaft, die Bildung von beſonderen Gruppen innerhalb einer Verſammlung verhindert. Was im vollkommenen Lichte der Offentlichkeit geſchieht, das kann von dieſer Offentlichkeit kontrolliert werden, und die Scham vor der Offentlichkeit iſt eben größer als die Scham hinter verſchloſſenen Türen. Gerade dieſe Scham vor der Offentlichkeit wird es auch ver⸗ hindern, daß die Folgen aus der öffentlichen Ver⸗ handlung eintreten, die nunmehr von den Befür⸗ wortern der Anderung der Geſchäftsordnungs⸗ beſtimmung immer an die Wand gemalt werden: unliebſame Debatten, Erörterungen über die Ge⸗ ſundheit des Kandidaten oder gar, was der Herr Kollege v. Liszt beſonders fürchtet, die Notwendig⸗ keit, daß die eigenen Parteifreunde einmal mehr als gewöhnlich das Weihrauchfaß ſchwingen müſſen. Alle dieſe Dinge, meine Herren, werden dadurch aus⸗ geſchloſſen, daß die Offentlichkeit ſich eben immer nur für beſtimmte prinzipielle Fragen intereſſtert, und dieſe prinzipiellen Fragen, die bei der Wahl eines Kandidaten als Stadtrat natürlich eine ebenſo große Rolle ſpielen können, wie ſie ſie bei anderen Gegenſtänden ſpielen —, dieſe prinzipiellen Fragen ſind es auch geweſen. die uns ſeinerzeit die Ver⸗ anlaſſung dazu gegeben haben, daß die Angelegen⸗ heit des Herrn Kollegen Buka der heute nicht hier iſt und den in ſeiner Abweſenheit anzugreifen ich nicht für beſonders richtig halte — hier öffentlich aufgerollt worden iſt — ich glaube, nicht zum