—— 402 —— Stadtv. Döbler: Meine Herren, ich bin ganz überraſcht geweſen, als ich am Montag Abend in unſerer Fraktionsſitzung eine Vorlage vorfand, die ich noch nicht bekommen hatte, und zwar eine Vor⸗ lage über die ergrößerung des Schillertheaters. Ich wunderte mich ſehr darüber, und es wurde mir geſagt, daß die anderen Herren bereits die Vorlage bekommen hätten. Ich will das blos in Parentheſe einſchalten; vielleicht iſt das ein Mangel in der Be⸗ ſtellung geweſen. Aus der Vorlage ging hervor, daß eine Ver⸗ größerung des Schillertheaters in ganz bedeutendem Maße vorgenommen werden ſollte. Meine Herren, dagegen möchte ich warnend meine Stimme erheben. Sie wollen hier zu dem Schillertheater auch noch ein Opernhaus haben, wollen alſo beides kombinieren. Das verträgt ſich nach meiner Meinung doch ſehr ſchlecht. Es iſt eine künſtliche Pflanze, die hier er⸗ zeugt werden ſoll, und deren Erhaltung uns ſpäter ſehr viel Sorge machen wird. Das Opernhaus er⸗ fordert 99 Plätze für das Orcheſter. Man denke: erflensmal das Orcheſter zu bilden und zu erhalten, wenn es notwendig iſt, in den zwei Monaten! Zweitens wird durch Anbau eine Vergrößerung, und zwar durch Zunahme von 60 oder 70 Quadratruten Land beabfichtigt. Nimmt man dazu noch die ſonſtigen Wünſche, die ausgeſprochen ſind, ſo bedeutet das eine Vergrößerung des Objektes um über 300 000 ℳ. Meine Herren, glauben Sie doch nun nicht, daß Sie durch eine Erweiterung des Ge⸗ dankens der Schillertheatergeſellſchaft, durch eine Er⸗ weiterung auf dem Gebiete der Oper eine ſo große Zukunft haben werden. Es iſt doch klar, wenn über⸗ haupt Opern in Konkurrenz treten ſollen mit den Kräften unſrer königlichen Oper, ſie doch garnicht konkurrieren können. Wenn mittelmäßige Arbeit ge⸗ liefert wird, dann wird ſie auch ſchlecht bezahlt, und ſchlecht Bezahltes können wir ja überall hören. Sollen ſie aber was Gutes liefern, ſo muß es auch ſehr gut bezahlt werden, und dann ſind diejenigen nicht da, die das bezahlen wollen und bezahlen ſollen; denn die nehmen nachher eben die bequeme Untergrundbahn, fahren nach Berlin und ſehen ſich dort eine wirkliche Muſteroper an. Von dieſem Ge⸗ ſichtspunkt aus habe ich gegen eine Erweiterung Be⸗ denken. Jetzt wird geſagt: die Oper iſt bloß für die Monate im Sommer gedacht. Ja, meine Herren, den zwei Monaten die Mehrkoſten, herausgewirtſchaftet werden? Das iſt doch ein Ding der Unmöglichkeit! Wenn wir nicht hohe Preiſe nehmen, kommen wir nicht zurecht. Nehmen wir niedrige Preiſe, dann be⸗ kommen wir keine Künſtler. Wie Sie es alſo machen, ſo iſt es falſch. Wir haben den Theater⸗ gedanken aufgenommen, haben ihn verarbeitet und haben ſchließlich Ja und Amen geſagt, aber viele mit ſchwerem Herzen. Jetzt wird nun noch der Ge⸗ danke einer Erweiterung hineingebracht, und noch dazu auf ſo ſchlüpfriger Bahn, die von vornherein uns nicht die Möglichkeit bietet, daß daraus etwas wird! Das, meine ich, dürfen wir nicht machen Wenn hier geſagt wird: wir müſſen für die Zukunft vorſehen — ja, dann können Sie überhaupt nicht arbeiten! Wenn Sie auf die Zukunft ſehen wollen, dann wird auch das, was Sie jetzt machen wollen, falſch ſein. Sie wiſſen garnicht, was für Anforderungen, wenn einmal der Vertrag mit Herrn Löwenfeld zu zwei ſollen denn in die erforderlich werden, Ende ſein wird, in dieſer Beziehung geſtellt werden § können. — Wenn Sie auch mit der Hand winken, Herr Oberbürgermeiſter, ich habe die ÜIberzeugung, daß wir das alles nicht vorherſehen können. Jeden⸗ falls möchte ich unter allen Umſtänden warnend meine Stimme erheben, damit wir nicht ins Uferloſe hineintreiben bei einem folchen Unternehmen. Das erſcheint mir zu gewagt, und wir haben außerdem garnicht die Veranlaſſung dazu, wo wir nun ſchon auf dem Theatergebiet unſeren Bürgern etwas leiſten wollen, auch noch das Gebiet der Oper hier in Be⸗ tracht zu ziehen. Es ſoll, wie es ſcheint, eine Muſter⸗ anſtalt gemacht werden. Dazu haben wir aber nicht die Erfahrungen, auch nicht die Pflicht und auch nictt das Geld. Laſſen wir es bei unſerm urſprüng⸗ lichen Programm, was uns ſchließlich allen ſchmack⸗ haft gemacht worden iſt und auch ſympathiſch ge⸗ worden iſt, finden wir uns damit ab, befaſſen wir uns aber nicht noch mit der Bildung einer Oper uſw. Ganz abgeſehen von der Schwierigkeit, Künſtler zu bekommen — das iſt ja eine Sache für ſich, in dieſer Beziehung würden wir wohl ſchon geeignete Kräfte. haben, die das beſorgen —, aber die Uberzeugung haben doch wohl ſchon viele der Kollegen, daß ſelbſt das Theater nicht imſtande ſein wird, diejenigen Ver⸗ pflichtungen zu erfüllen, die es erfüllen ſoll. Denn die ganze Sache iſt auf den Schultern eines einzelnen Mannes aufgebaut. Meine Herren, das wollen wir doch nicht vergeſſen! Mit dem Angenblick. wo der Mann dahingeht oder wo ihm die Puſte ausgeht, ſtehen wir vor der Frage, wie das Unternehmen von neuem zu finanzieren und durchzuführen iſt. Ich möchte alſo bitten, die Vergrößerung heute abzulehnen. Dagen bin ich damit einverſtanden, daß wir vielleicht ſonſtige Verbeſſernngen vornehmen, die das Theater ſelbſt betreffen: z. B. verbeſſerte Bühnen⸗ anlagen, vielleicht auch eine beſſere Faſſade, was ich leider hier vermiſſe — ſie wird wohl verlangt, aber die Zeichnungen ſind nicht vorgelegt. (Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Ausſchuß!) — Ja, ein Ausſchuß wird wohl zuſtande kommen, aber ich halte einen ſolchen garnicht für nötig. Ich würde vorſchlagen, daß wir die angeregte Erweiterung ablehnen, aber uns eine Vorlage machen laſſen, welche Verbeſſerungen des Theaters ſelbſt betrifft. Dem bitte ich Sie zuzuſtimmen. Stadtv. Stein: Meine Herren, Sie kennen meinen Standpunkt vom vorigen Jahre. Wir waren nur ſehr wenige, die wir gegen das Theater geſtimmt haben, und leider ſind von dieſen einige nicht mehr in der Verſammlung, wie z. B. mein früherer Nach⸗ bar Gleim. Wir ſind aber überſtimmt worden, das Theater wird alſo gebaut. Ich hatte in der gemiſchten Deputation, der ich eine Zeitlang augehörte, darauf aufmerkſam gemacht, daß das Geld, welches von uns verlangt wird, nicht ausreichen würde. Ich ſagte damals, es kommen ſicher noch andere An⸗ forderungen hinzu. Darauf erwiderte mir der Herr Oberbürgermeiſter: mehr wird nicht verlangt. Ich ſagte: wenigſteus werden doch ein paar Feuerwehr⸗ leute für die Wache verlangt, nach den jetzigen Grund⸗ ſätzen über Sicherung genen Feuersgefahr wäre das doch das Mindeſte. Auch das wurde mir beſtritten; es hieß: nein, es wird nichts mehr verlangt! Heute werden über 300 000 ℳ verlangt! Meine Herren, ich muß offen geſtehen, ich bewundere den Mut des Magiſtrats, uns jetzt mit Hieſer Forderung zu kommen, und ich kann durchaus meinem Freunde Döbler bei⸗ ſtimmen, daß ich wohl für eine Verbeſſerung der aſſade wäre, weil das Haus zufällig in die Bis⸗ marckſtraße hineinſieht und in dieſe vornehme Straße