—— 411 nichts ſchaden, wenn Sie, nachdem ich heute erklärt habe, daß der Magiſtrat in der Prüfung dieſer An⸗ gelegenheit begriffen iſt, den Antrag überhaupt ver⸗ tagen würden. Ich glaube, daß das der Sache auch am zweckdienlichſten wäre. Die Begehrlichkeit iſt in der heutigen Zeit im reichſten Maße vorhanden, und ich fürchte, daß Sie durch ſolche Anträge, wenn ſie nicht eingehend geprüft oder wenn ſie nach einem ganz oberflächlichen Vortrage, der in die Sache ſelbſt nicht eindringt, angenommen werden, die zu tadelnde Be⸗ gehrlichkeit, die ſchlechte Begehrlichkeit ſehr erheblich fördern. Das, glaube ich, iſt weder für den Stadt⸗ ſäckel gut, noch, meine Herren, iſt es gut für die Beamten und für die Arbeiterſchaft. Ich glaube, wir ſollten da vorſichtig vorgehen. Der Magiſtrat wird, wie ich annehme, in acht Tagen mit den Vorarbeiten fertig ſein, ſo daß mor⸗ gen über acht Tage die Angelegenheit im Magiſtrat zur Beratung kommen wird. Sie ſehen alſo, daß ein erheblicher Zeitverluſt nicht eintreten würde, wenn Sie dem Magiſtrat auch weiter die Behandlung der Dinge überlaſſen. Der Magiſtrat würde, rebus sie stantibus, wenn Sie den Antrag nicht annehmen oder ablehnen, Ihnen über die Sache Bericht er⸗ ſtatten, da er ſieht, daß Sie ſelbſt ein Intereſſe da⸗ ran haben, ſich mit der Frage zu beſchäftigen. Vorſteher Roſenberg: Meine Herren, was die geſchäftliche Behandlung der beiden vorliegenden An⸗ träge anbetrifft, ſo verhält ſich darüber der § 13 unſerer Geſchäftsordnung, der folgendermaßen lautet: Selbſtändige Anträge von Mitgliedern, welche eine Geldbewilligung in ſich ſchließen oder in Zukunft herbeizuführen beſtimmt ſind, — meiner Auffaſſung nach ſind beide Anträge ſolche Anträge, wie ſie hier gekennzeichnet ſind — müſſen nach Begründung durch den Antrag⸗ ſteller, ſofern ſie nicht abgelehnt oder ohne Widerſpruch angenommen werden, einem Aus⸗ ſchuſſe zur Vorberatung überwieſen werden. Ich nehme an, daß die Worte „ohne Wider⸗ ſpruch angenommen“ ſich nur auf einen Widerſpruch beziehen, der aus der Verſammlung kommt. (Stadtv. Dr. von Liszt: Sehr richtig!) Einen ſolchen Widerſpruch habe ich bis jetzt nicht gehört. Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, die Aus⸗ führungen des Herrn Oberbürgermeiſters hätten mir vielleicht genügen können, wenn er geſagt hätte, der Magiſtrat beſchäftigt ſich mit der Frage und er wird Ihnen demnächſt vorlegen, was für ein Reſultat er aus dieſen Beratungen gezogen hat. Der Herr Ober⸗ bürgermeiſter hat uns aber heute in ſeinen Aus⸗ führungen erklärt, der Magiſtrat beſchäftigt ſich mit der Frage, indem er erſt die Frage prüfen will, ob überhaupt die Notwendigkeit einer Teuerungszulage vorliegt. — und das, meine Herren, halte ich abſolut nicht erſt für notwendig zu begründen; denn wir ſelbſt haben wiederholt, und der Magiſtrat mit uns, die Teuerung betont. (Sehr richtig!) Wenn der Herr Oberbürgermeiſter ſagt, wir haben erſt den Normalbeſoldungsetat im April durch⸗ beraten, ſo darf ich darauf erwidern: er iſt nicht be⸗ raten aufgrund einer Teuerung, die eingetreten iſt, ſondern aufgrund des Ablaufs einer fünfjährigen Friſt, wo wir überhaupt den Normaletat einer Reviſion unterziehen. Die Gehälter, die wir damals feſtgeſetzt haben, waren unabhängig von der Teuerung, ſie haben blos Rückſicht genommen auf die Lebenshaltung der Angeſtellten und der Arbeiter. Die Hauptteuerung, über die wir ja klagen, iſt erſt in den Sommer⸗ monaten eingetreten. Die koloſſale Fleiſchnot, die tatſächlich für die Minderbemittelten beſteht, datiert erſt aus dem Sommer, kann alſo unmöglich bereits im April für die Aufſtellung des Etats maßgebend geweſen ſein. Meine Herren, ich glanbe, es iſt ein nobile oflcium für uns, an dieſe Frage mit vollem Be⸗ wußtſein heranzutreten und zu ſagen: es iſt ein Nol⸗ ſtand vorhanden für alle die, die mit geringen Mitteln auszukommen haben. Wir haben in unſerem Antrage eine Grenze von 3000 ℳ gezogen, und ich will auch kurz er⸗ wähnen, aus welchen Gründen wir auf dieſe Ziffer gekommen ſind. Wir wollten die Klaſſe der Aſſiſtenten, die bei der Normalbeſoldung diesmal von uns nicht in dem Maße berückfichtigt werden konnte, wie es wünſchenswert geweſen wäre, nicht von der Notſtands⸗ zulage ansnehmen, und das Gehalt der Aſſiſtenten bewegt ſich zumeiſt bis zu dieſer Grenze, die wir ge⸗ zogen haben. Aus dieſem Grunde würde ich bitten, daß der Herr Kollege Borchardt aus ſeinem Antrage die Ziffer 2400 ℳ eliminiert. Umgekehrt dagegen erachte ich es tatſächlich dann auch für zweckmäßig, daß wir uns nicht an die Summe binden, die wir als Notſtandszulage bewilligen wollen, alſo an ein halbes Monatsgehalt, ſondern ruhig den Magiſtrat erſuchen, eine einmalige Teuerungszulage für die von uns bezeichneten Kategorien in ſeinem Antrage uns vorzulegen. Der Magiſtrat mag dann ſeinerſeits kalkulieren, wie hoch dieſe Teuerungszulage ſich ge⸗ ſtalten wird. In dieſer Beziehung wurde ich dann unſeren Antrag wiederum zugunſten des vom Herrn Kollegen Borchardt geſtelllen zurückziehen, ſo daß wir alſo einheitlich beantragen: die Stadtverordnetenverſammlung möge be⸗ ſchließen, den Magiſtrat um eine Vorlage zu erſuchen behufs Bewilligung einer einmaligen Teuerungszulage für unſere ſämtlichen Arbeiter und für diejenigen ſtädtiſchen Beamten und Lehrkräfte, die ein Jahresgehalt unter 3000 ℳ beziehen, ſo daß wir die Normierung dieſer vorzuſchlagenden Notſtandszulage, wenn ich mal dieſen Ausdruck ge⸗ brauchen darf, dem Magiſtrat überlaſſen. In dieſer Richtung bitte ich Sie zu beſchließen. Es kommt gar nicht der Punkt der Geldbewilligung für uns heute in Frage, da wir den Magiſtrat ja einfach um eine Vorlage erſuchen. (Sehr richtig!) Eine eventuelle Beratung inbezug auf die Höhe der Geldbewilligung hätte dann erſt nach Eingang der Magiſtratsvorlage ſtattzufinden. Wir haben den Ausdruck „baldigſt“ gebraucht, indem wir glaubten, unter den obwaltenden Ver⸗ hältniſſen vom Magiſtrat auch wirklich eine baldige Vorlage erwarten zu dürfen. Nach den Ausführungen des Herrn Oberbürgermeiſters wird das ja auch in der nächſten Sitzung erfolgen. Wir wollten uns nicht binden, um den Magiſtrat nicht in ſeiner Arbeit zu überſtürzen, wenn er ſie nicht leiſten kann. Ich ſetze als ſelbſtverſtändlich voraus, daß, wenn der Magiſtrat ſich dazu entſchließt, eine Teuerungszulage gewähren zu wollen, wir ſie ſobald wie möglich ge⸗ währen, damit ſie den Betreffenden noch zum neuen Jahre zur Verfügung geſtellt werden kann. Ich bitte Sie, den Anträgen in der nunmehr vereinigten Form Ihre Zuſtimmung zu erteilen.