—— 412 — Vorſteher Roſenberg: Nach den Ausführungen des Herrn Stadtv. Kaufmann und nach einer Rück⸗ ſprache, die ich eben mit Herrn Stadtv. Dr. Bor⸗ chardt gehalten habe, der vorausſetzt, daß auch die anderen Herren Unterzeichner ſeines Antrages, die Herren Paſche, Vogel, Scharnberg und Jander zu⸗ ſtimmen, würde nunmehr nur ein Antrag vorliegen, der folgendermaßen lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung wolle be⸗ ſchließen, den Magiſtrat zu erſuchen, ihr bal⸗ digſt eine Vorlage zugehen zu laſſen, wonach ſämtlichen ſtädtiſchen Arbeitern und denjenigen ſtädtiſchen Beamten und Lehrkräften, die ein Jahresgehalt unter 3000 ℳ beziehen, eine einmalige Teuerungszulage gewährt werde. Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Ich will nur erklären, daß dieſer Antrag mir lange nicht ſo ge⸗ fährlich erſcheint wie der zuerſt geſtellte Antrag. Auf ihn treffen mehrere andere Ausführungen, die ich gegen den erſten Antrag gemacht habe, den Herr Stadtv. Dr. von Liszt geſtellt hat, nicht zu. Stadtv. Dr. Riel: Meine Herren, ich glaube, auch namens meiner Freunde verſichern zu können, daß wir insgeſamt dem Antrag ſo, wie er jetzt vor⸗ liegt, beiſtimmen. Ich bin nicht ganz bedenkenfrei geweſen, ob nicht ein Ausſchuß zur Beratung über die Vorlage eingeſetzt werden ſollte; indeſſen ſind meine Bedenken, namentlich nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Kaufmann, vollkommen ge⸗ ſchwunden. Vor allen Dingen bin auch ich der An⸗ ſicht, daß, wenn wir mit dieſer Teuerungszulage das erreichen wollen, was wir offenbar beabſichtigen, wir recht bald darüber beſchließen müſſen. Ich bitte, den Antrag, wie er jetzt hier vorliegt, möglichſt einſtimmig anneymen zu wollen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Antragſteller Stadtv. Dr. von Liszt (Schluß⸗ wort): Meine Herren, der Herr Oberbürgermeiſter hat in meinem Referat die Gründlichkeit vermißt. Ich hatte geglaubt, meine Herren, daß dem Herrn Oberbürgermeiſter die Verhandlungen des konſtitu⸗ ierenden Städtetages noch ſo friſch in Erinnerung ſein würden, daß er die Begründung von dorther ſich nehmen würde. Wir würden, wenn wir die Not in Abrede ſtellen, in Widerſpruch geraten zu der ganzen Haltung, die wir ſowohl in der Stadt⸗ verordnetenverſammlung wie im Magiſtrat bisher eingenommen haben. Ich habe es ſehr bedauert, daß in den Aus⸗ führungen des Herrn Oberbürgermeiſters das Wort „Begehrlichkeit“ gefallen iſt — Begehrlichkeit, die durch ſolche Anträge wach gerufen würde. Ich würde das Wort ſehr begreiflich finden, wenn es etwa von agrariſcher Seite dem ſtädtiſchen Bürgertum gegenüber gevraucht würde; ich kann mich aber darüber nicht freuen, daß in unſerer Mitte ſeitens des Herrn Ober⸗ bürgermeiſters das Wort gefallen iſt. Uund wenn der Herr Oberbürgermeiſter meint, wir brauchen mit der Sache nicht ſo zu eilen, wir möchten abwarten, bis der Magiſtrat eine Vorlage bringt, ſo möchte ich als Antragſteller erwidern: die ganze Notlage datiert nicht erſt von geſtern und vor⸗ geſtern, ſondern ſie beſteht ſeit einer Reihe von Mo⸗ naten, hat alle ſtädtiſchen Verwaltungen beſchäftigt, und wenn uns bisher vom Magiſtrat keine Vorlage gekommen iſt, ſo iſt es jedenfalls nicht Schuld der Stadtverordnetenverſammlung. Ich freue mich ja, daß der Herr Oberbürger⸗ meiſter die jetzige Fafſung für weniger bedenklich findet als die frühere. Weshalb ſie weniger be⸗ denklich ſein ſollte, vermag ich nicht einzuſehen; ich bitte Sie aber um möglichſt einſtimmige Annahme des umformulierten Antrages. Oberbürgermeiſters Schuſtehrus: Die Fleiſch⸗ teuerung leugne ich nicht; es iſt mir auch nicht ein⸗ gefallen, ſie zu leugnen. Wie könnte ich das auch? Sie liegt ja auf der Hand. Wenn ich die Gründlichkeit vermißt habe bei der Begründung des Antrages, ſo habe ich dies be⸗ tont, weil bei ihm die Zuſammenſtellung der Ziffern der Gehälter und der Löhne unſerer Beamten und Arbeiter gegenüber den Gehältern und Löhnen von Berlin und Nachbarorten nicht erfolgt iſt. Nach dieſer Richtung hin iſt es notwendig, gründlich zu rechnen, und das werden wir nicht verſäumen dürfen, und die Sache nicht überſtürzen können. Es iſt mir nicht beigefallen, zu leugnen, was die Spatzen von den Dächern pfeifen, daß das Fleiſch teurer geworden iſt. Ich bitte auch nicht um eine Vertagung der Sache, ſondern ich habe geſagt: der Magiſtrat beſchäftigt ſich mit der Angelegenheit und wird vermutlich morgen oder über 8 Tage darüber Beſchluß faſſen. Das kann doch wohl als eine Ver⸗ tagung nicht angeſehen werden. Im übrigen werden wir auf Grund der Anre⸗ gungen, die uns hier gegeben worden ſind, nun mit aller Beſchleunigung die Vorarbeiten erledigen und Ihnen dann über den Beſchluß, den wir gefaßt haben, Mitteilung zugehen laſſen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, ich möchte ebenfalls mit Bezug daranf, daß der Herr Ober⸗ bürgermeiſter ſagt, es müßten namentlich die Ge⸗ hälter und Löhne in den Nachbargemeinden gegen⸗ über der Höhe der Löhne und Gehälter bei uns be⸗ rückſichtigt werden, mich nur den Worten des Herrn Stadtv. Kaufmann anſchließen, daß es ſich darum in dieſer Frage nicht handeln kann, daß bei uns die Revidierung des Normaletats nicht geſchehen iſt mit Rückſicht auf die Teuerungszulage, und daß, wenn bei uns die Gehälter höhere ſind, zum Teil auch die Lebenshaltung in Charlottenburg größere Koſten er⸗ fordert als dort. (Sehr richtig!) Im übrigen noch eine kurze Bemerkung. Der Herr Oberbürgermeiſter hat den Antrag in ſeiner jetzigen Faſſung für weitaus weuiger bedenklich er⸗ klärt als in der urſprünglichen Faſſung. Dieſe Be⸗ denklichkeit auf Seiten des Magiſtrats rührt wohl aber zu einem Teile daher, daß in der Faſſung, die Herr v. Liszt und ſeine näheren Freunde dem An⸗ trag urſprünglich gegeben haben, in ziemlich be⸗ ſtimmter Weiſe bereits die finanzielle Tragweite des Antrages zu überſehen war — um ungefähr 115 bis 120 000 ℳ ſollte es ſich handeln. Wenn in der Faſſung, die von uns gewählt war, und die von den Herren Kollegen jetzt akzepliert iſt, eine beſtimmte Summe nicht erſcheint, ſo möchte ich doch daraus nicht den Schluß gezogen wiſſen, daß nun der An⸗ trag inſofern unbedenklich ſein ſoll, als man nun⸗ mehr vielleicht ſtatt 120 000 nur etwa 30 bis 40 000 ℳ für dieſen Zweck auszugeben wünſcht. Stadtv. Braune: Meine Herren, angeſichts der erfreulichen Übereinſtimmung aller Herren Kollegen,