— 418 —— Punkt 15 der Tagesordnung: Vorlage betr. Schaffung von Faſſadenent⸗ würfen für die Gebänude auf dem früher von W eibe c Grundſtück. — Druck⸗ ache 446. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, meine Freunde ſind nicht in der Lage, dieſem Antrage des Magiſtrats ſtattzugeben. Es handelt ſich darum, daß der Magiſtrat verzichten will auf die Ausführung der Sandſteinfaſſade bei dem Grundſtück an der Gabelung der Kaiſer⸗Friedrichſtraße mit der Straße 12k—V—3; daß der Magiſtrat der Meinung iſt, daß, wenn dieſe Faſſade nicht in Sandſtein ausge⸗ führt wird, die etwa 15 000 ℳ, die ſonſt die Stadt bezahlen müßte, weil ſie nach den beſtehenden Ver⸗ trägen die Mehrkoſten der Sandſteinfaſſade gegen⸗ über einer andern zu tragen verpflichtet iſt, erſpart und dazu verwendet werden können, um den in Be⸗ tracht kommenden Bauherren Unterſtützungen zu ge⸗ währen für Ausarbeitung der Faſſaden, die ſie auf den Grundſtücken aufführen wollen. Nun ſteht in der Begründung der Magiſtrats⸗ vorlage, daß der Verzicht auf die Sandſteinfaſſade ſich empfiehlt nicht nur, um dieſe 15 000 ℳ zu er⸗ ſparen, ſondern auch „aus anderen praktiſchen Gründen“. Wenn alſo eine Reihe anderer praktiſcher Gründe dafür ſprechen, auf dieſe Sandſteinfaſſade zu ver⸗ zichten — Gründe, die ich nicht kenne, die auch hier nicht angegeben ſind, ſo haben meine Freunde gar⸗ nichts dagegen, daß auf die Ausführung in Sandſtein verzichtet wird. Aber wir ſehen keine Veranlaſſung, die dadurch freiwerdenden oder zu erſparenden 15 000 ℳ den Bauherren für die Ausführung ihrer 4 in geſchmackvoller Weiſe zur Verfügung zu ſtellen. Soweit überhaupt die Stadt einen Einfluß auf die Ausführung dieſer Faſſaden hat, ſcheint er uns gewährleiſtet durch den Zwang, den die Bau⸗ herren haben, die Faſſaden einer Kommiſſion, auf deren Beſetzung der Magiſtrat Einfluß hat, vorzu⸗ legen. Wir glauben nicht, daß darüber hinaus noch ein Einfluß erreicht werden wird, wenn den Bauherren noch 15 000 ℳ geſchenkt werden. Aus dieſen Gründen können meine Freunde ſich nicht veranlaßt ſehen, dieſer Vorlage ihre Zuſtimmung zu geben. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, in den letzten Jahren iſt bei dem Ausbau unſerer Stadt leider zu Tage getreten, daß diejenigen Häuſer, welche zu Wohnungen mit 3 bis 6 Zimmern ausgebaut werden, in der Faſſadenausbildung er⸗ heblich zurückgehen. Es werden lediglich noch Gründe der Zweckmäßigkeit geltend gemacht, die Ausnutzung eines Quadratzolles wird mit Sorgfalt berechnet, und auf die Anforderungen der Aſthetik wird leider in vielen Fällen gar kein Gewicht mehr gelegt, während ſich nach dem Urteil maßgebender ſachverſtändiger Baumeiſter beide Beſtrebungen ſehr wohl vereinigen laſſen: das Gebäude rentabel zu machen und do den einfachſten Grundregeln der Architektur nachzu⸗ kommen. Die einfachſten Grundregeln der Baukunſt werden bei den neueren Faſſaden direkt vernachläſſigt. Da ſind z. B. die entſetzlich ſchweren Erker, die jetzt überall gebaut werden. Wenn Sie ſich in dem neuen Floraterrain z. B. die Straßen anſehen, ſo finden Sie dort, wie eine ausgerichtete Reihe Soldaten, dieſe unförmigen Erker in langer eintöniger Reihe neben einander, die zudem noch hier den, der ſie mit naivem Auge betrachtet, ohne Halt, ohne Stütze voll⸗ kommen in der Luft zu ſchweben ſcheinen; das wirkt in hohem Maße unſchön, wenn wir auch wiſſen, daß ſie auf eiſernen Trägern ruhen, die wir nicht ſehen. Sie ſind ferner nicht einmal durch Pfeiler mit dem Erd⸗ boden verbunden, ſondern ſie ſchweben direkt über großen Löchern, die die Schaufenſter bilden. Dieſe Bauart iſt eine große Gefahr für die äſthetiſche Ent⸗ wickelung unſerer Stadt geworden, und der Magiſtrat, aufmerkſam gemacht von hervorragenden Sachver⸗ ſtändigen, hat nun verſucht, einen Einfluß zu ge⸗ winnen, gerade an dieſer Stelle dieſen groben und gröbſten Fehlern entgegenzutreten, die bisher in unſerm Bauſtil nicht in dem Maße auftraten wie jetzt. (Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg: Ich bitte um Ruhe, meine Herren! Oberbürgermeiſter Schuſtehrus (fortfahrend): Wenn Sie ſich die älteren Stadtteile, ja die Stadt⸗ teile, die vor 5 und 6 Jahren gebaut ſind, anſehen, ſo finden Sie dieſe Fehler vermieden. Es handelt ſich hier nun um ein Baugelände, welches an hervorragender Stelle der Stadt belegen iſt. Es liegt in Beziehung zum Schloß, einem herr⸗ lichen, ſchönen Bauwerk, das in ſeiner harmoniſchen Geſtaltung die Freude und Bewunderung aller er⸗ regt, die nach Charlottenburg kommen; es liegt an dem großen weiten Luiſenplatz, wo unſer ſchönes Kaiſer⸗Friedrich⸗Denkmal ſteht; auf der andern Seite liegt der Wilhelmsplatz, an dem unſer Rathaus liegt. Zwiſchen dieſen beiden Punkten dehnt ſich das Bau⸗ gelände wie ein Dreieck aus, ſpitzt ſich zu nach der Kaiſer⸗Friedrichſtraße, an deren Ende jetzt der Char⸗ lottenburger Bahnhof ſteht — den ich z. 3t. aller⸗ dings nicht als ein Bauwerk erſten Ranges bezeich⸗ nen möchte, der aber doch einmal einem großen ſtattlichen Fernbahnhof weichen muß. Da hat ſich nun der Magiſtrat geſagt: es iſt notwendig, es iſt Pflicht, zu verſuchen, ob man nicht auf die Bau⸗ unternehmer und Bauherren einen Einfluß ausüben kann, ihnen eine Anregung geben könnte, daß ſie ſich zunächſt einmal der Fehler in ihrer Faſſadenausge⸗ ſtaltung bewußt werden. Die meiſten Bauherren ſind ſich nämlich deſſen gar nicht bewußt, was für architektoniſche Ungeheuer ſie in die Welt ſetzen. Wir haben infolgedeſſen mit Ihrer Übereinſtimmung in den Vertrag mit Herrn Schrobsdorff den Paſſus hineingeſetzt, daß ſämtliche Faſſadenbauten im Ent⸗ wurf einer Kommiſſion des Magiſtrats vorzulegen ſind, welche darüber zu urteilen hat, und daß die einzelnen Bauherren und Bauunternehmer verpflichtet ſind, nach Möglichkeit Abänderungsvorſchlägen des Magiſtrats nachzukommen. Nun, meine Herren, handelt es ſich hier nicht etwa darum — dem möchte ich gleich entgegentreten —, daß der Magiſtrat eine reichere Ausgeſtaltung der Faſſaden haben will. Im Gegenteil der Ma⸗ ch giſtrat iſt beſtrebt, die Faſſaden wieder zu einer edlen Einfachheit zurückzuführen. Die neuere Zeit hat nach dieſer Richtung keine ſchönen Vorbilder ge⸗ zeitigt, ſondern ergeht ſich in einer Überfülle von Formen, während die älteren Bauten in Berlin heute noch hervorragend durch ihre Einfachheit wir⸗ ken. Auch in andern deutſchen Städten, namentlich in München, ſieht man in hervorragendem Maße billig hergeſtellte Faſſaden, in architektoniſcher Schön⸗ heit hergeſtellte Putzfaſſaden ohne Sandſtein, ohne