—— 420 —— Herr Oberbürgermeiſter geſagt hat und wie unſere Vorlage es ſagt, zu beſchließen. Stadtv. Dr. Vorchardt: Meine Herren, ich bin dem Herrn Oberbürgermeiſter außerordentlich dankbar für ſeine vorzüglichen Ausführungen, die in ganz ſchlagender Weiſe die Gemeingefährlichkeit des privaten Beſitzes an Grund und Boden nachweiſen. (Lachen.) Meine Herren, der Herr Oberbürgermeiſter führte aus, daß, wenn 10 Häuſer nebeneinander aufgeführt werden, der Erbauer des einen ſich um den des andern in gar keiner Weiſe kümmert, daß jeder ſeine Faſſade ſo ausführt, wie er ſie eben ausführen will, ohne jede Rückſichtnahme auf andere, ohne jede Rück⸗ ſichtnahme auf das Ganze, ohne jede Rückfichtnahme auf die etwaige Ubereinſtimmung der Faſſaden der Nachbargrundſtücke, alſo ohne Rückſicht auch auf das Straßenbild. Ja, meine Herren, wenn ſie nun aber durchaus den privaten Beſitz an Grund und Boden feſthalten wollen, dann müſſen Sie ſeine Ubelſtände eben auch mit in Kauf nehmen. Wir haben ſemerzeit vergeblich uns dagegen gewehrt, daß dieſes Terrain an Herrn Schrobsdorff ausgeliefert wird, daß dieſes Terrain, das die Stadt beſaß, auch wiederum der privaten Spekulation aus⸗ geliefert wird. Sie haben es beſchloſſen und wollen nunmehr die Schäden, die damit unvermeidlich ver⸗ bunden ſind, nicht mit in Kauf nehmen. Weil die Schäden eben unvermeidlich mit dem privaten Grund⸗ beſitz verbunden ſind, werden Sie ſie ohne eine Radikal⸗ kur nicht beſeitigen können. Wenn Sie hier 15 000 ℳ ausgeben wollen, um dieſe Schäden nicht ſo ſtark hervortreten zu laſſen, ſo iſt das ja durchaus keine Beſeitigung. Der Herr Oberbürgermeiſter hat ja auch etwas elegiſch darauf hingewieſen, daß es ihm zweifelhaft erſcheine, ob der Verſuch, den der Magiſtrat hier mit Aufwendung von 15 000 ℳ unter⸗ nehmen will, gelingen wird. Wir ſind der Meinung, der Verſuch wird nicht gelingen. Es ſcheinen mir auch einige Widerſprüche in den Ausführungen des Herin Oberbürgermeiſters zu ſein inſofern, als er meint, die ſchönere Ausgeſtaltung der Faſſaden ſei mit Koſten nicht verbunden, und alsdann fordert, daß trotzdem die Stadt, um eine ſolche ſchönere Ausgeſtaltung zu erreichen, Koſten aufwenden ſoll. Meine Herren, wenn die Dinge ſo liegen würden, daß keine Koſten dadurch entſtehen, dat die Faſſaden ſchöner ausgeſtaltet werden, dann braucht ja auch die Stadt keine Koſten aufzuwenden. Es liegt eben nicht ſo; ſchönere Dinge koſten eben mehr Geld, und weil den Herren Privatbeſitzern, den Herren Baunnternehmern ja ſchließlich an der Ausgeſtaltung garnichts gelegen iſt — denn der Grund und Boden iſt eben ein Schacherobjekt, er iſt aus der Hand des Herrn Schrobsdorff übergegangen in die Hände anderer Bauunternehmer und wird aus deren Händen wiederum übergehen in die Hände anderer, und die Herren, welche die Bauten auf⸗ führen, haben kein dauerndes Intereſſe daran, ſondern ſie haben nur ein Intereſſe daran, bei etwaigem Ver⸗ kauf einen möglichſt hohen Preis zu erzielen, ohne doch ihrerſeits hohe Koſten aufzuwenden, — eben weil alle dieſe Herren das Intereſſe nicht haben, fehlt die Rückſicht auf das Ganze; ſie kann nur er⸗ möglicht werden durch Aufwendung von Koſten, und dieſe Koſten will der Magiſtrat übernehmen. Dieſe 15 000 ſtellen ſich aber, ganz gleichgiltig, ob ſie unmittelbar an die Herren bezahlt werden, oder ob ſie nicht unmittelbar an ſie fließen, ſondern an die⸗ jenigen Künſtler, die mit den Entwürfen beſchäftigt werden, dar als ein Zuſchuß, der dieſen Bauunter⸗ nehmern gezahlt werden ſoll für die Aufführung ihrer privaten Bauten. Wir, meine Herren, können dieſen Weg nicht für richtig halten. Wir haben bei mehrfachen Ge⸗ legenheiten darauf hingewieſen, wie dringend wünſchens⸗ wert es wäre, daß das Gelände in anderer Weiſe für die Stadt nutzhar gemacht wird, als durch Ver⸗ kauf und damit Ubergang in privaten Grundbefitz. Wir werden ja auch in der nächſten Sitzung uns mit einem diesbezüglichen, von uns geſtellten Antrag zu beſchäftigen haben. Bei dem Gelände aber, das Sie nunmehr verkauft haben, das in privaten Händen ſich befindet, können wir eine Veranlaſſung, nun noch den Herren darüber hinaus Zuwendungen zu machen, nicht erblicken. Vorſteher⸗Stellv. Kaufmann: Ich möchte Herrn Kollegen Dr. Borcharet darauf aufmerkſam machen, daß der Ausdruck „Schacherobjekt“ kein parlamen⸗ tariſcher Ausdruck iſt. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, die Ausführungen des Herrn Dr. Borchardt treffen die Sache doch nicht ganz richtig. Zunächſt hat die Stadt das Gelände nie beſeſſen, ſondern es iſt gekauft worden von Herrn Schrobsdorff durch unſere Ver⸗ mittelung in einem Enteignungsprozeß gegen die Wartenbergſchen Erben; aber die Stadt ſelbſt iſt Eigentümerin dieſes Geländes nie geweſen. Sodann iſt es auch nicht richtig, daß die Bau⸗ herren nun vom Magiſtrat eine Geldzuwendung be⸗ kommen ſollen, wie Herr Dr. Borchardt ausführt. Wir müſſen doch unterſcheiden, meine Herren, zwiſchen denjenigen Bauherren, die ihre Entwürfe bereits fertig haben und bauen, und den anderen, die noch nicht ſo weit ſind. Diejenigen, die bereits bauen und die Entwürfe fertig haben, müßten ja nach unſeren Vorſchlägen ihre Zeichnungen abändern, und die Ab⸗ änderung der Zeichnungen koſtet Geld. Die Bau⸗ koſten der Faſſaden an ſich ſind nicht teurer; alle unſere Vorſchläge gehen dahin, daß eine Verteuerung der Baukoſten der Faſſaden nicht eintritt. Hier handelt es ſich nur um die Koſten, die die Anferti⸗ gung der Zeichnungen verurſacht, und da wollen wir denjenigen Herren entgegenkommen, welche ihre Pro⸗ jekte umzeichnen laſſen müſſen, wollen dieſe Koſten zum Teil übernehmen, und denjenigen, die noch nicht gebaut haben, möchten wir, um unſerem Gedanken Nachdruck zu verleihen, bereits fertige Faſſaden vor⸗ legen, ſo daß ſie gar nicht mehr auf die falſchen Wege geraten, damit ſie gleich von vornherein das nehmen, was ihnen angeboten wird, was gut iſt, und hier allerdings, meine Herren, würden die Herren inſofern etwas erſparen, als ſie nicht geeignete Zeich⸗ nungen nicht anfertigen zu laſſen brauchen; dieſe Er⸗ ſparung foll eben das Lockmittel ſein, um fſie geneigter zu machen, auf unſere Vorſchläge einzugehen. Nun hat Herr Dr. Borchardt gemeint, ich hätte im elegiſchen Tone geſagt, ich wüßte nicht, ob wir Erfolg vaben würden. Elegiſch bin ich nicht geweſen; ich habe mich nur praktiſch verhalten. Ich ſehe die Sache nicht durchaus roſig an; kein Baum fällt auf den erſten Schlag; man muß verſuchen, man muß den Weg erſt betreten, dann wird man dabei lernen. Daß nun gleich alles entzückt iſt, das verſpreche ich mir nicht; aber es iſt ein Anfang zum Guten, und der iſt für verhältnismäßig billiges Geld hier zu