—— 4323 — können. Ich werde mich, ohne auf diejenigen Punkte einzugehen, die er berührt hat, und die meiner An⸗ ſicht nach zur Sache nicht gehören, einzig und allein auf die Beantwortung der Interpellation ſelbſt ein⸗ laſſen. Wenn der Herr Stadto. Hirſch in erſter Linie hervorgehoben und dem Magiſtrat Vorwürfe gemacht hat, daß die Angelegenheit über Gebühr verzögert worden iſt, ſo verweiſe ich auf die Antwort, die zum Teil Herr Siadto. Hirſch ſelbſt verleſen hat; und die von dieſer Stelle aus der Stadtverordneten⸗ verſammlung bereits gegeben worden iſt. Wenn der Herr Stadto. Hirſch meint, daß in der Interpellation von den Lohnverhältniſſen nur wenig die Rede ge⸗ weſen iſt, ſo iſt es doch ein gutes Recht der Depu⸗ tation, der die Angelegenheit zur Bearbeitung über⸗ tragen worden iſt, die Lohnverhältniſſe gleichzeitig zu prüfen, und wenn dieſe Prüfung mit großer Sorg⸗ falt und mit großem Eifer ausgeführt worden iſt, o kaun man der Deputation daraus keinen Vorwurf machen. Es ſind Erhebungen notwendig geweſen, die eine geraume Z it in Auſpruch genommen haben, und ſobald der Ausſchuß. der ſpeziell für dieſen Zweck eingeſetzt war, ſeine Arbeiten beendet hatte, iſt ein Brſchluß gefaßt worden. Die Angelegenheit iſt alsdann an den Magiſtrat gelangt, und die Beant⸗ wortung geht Ihnen ſo frühzeitig zu. wie der Magi⸗ ſtrat eine Gelegenheit dazu erhielt. Der Magiſtrat war in der letzten Zeit ſehr beſchärtigt, vielleicht iſt auch durch den Wechſel des Dezernats die Ange⸗ legenheit etwas vrzögert worden, kurzum, in dem Augenblick, wo der Magiſtrat in der Lge geweſen iſt, Ihnen eine Antwort zu erteilen, tut er es. Was nun die Sache ſelbſt betrifft, ſo bat die ſiändige Deputation auf die Interpellation der Siadtv. Hirſch und Gen. vom 3. Mai 1905, ob dem Magiſtrat bekannt iſt, daß die Ar⸗ veiter der ſtadtiſchen Gasanſtalten durch An⸗ ſchlag an ihrer Arbei sſtelle, unterzeichnet „Char⸗ lottenburg, 19. IV. 05. Pfudel“, vor dem Beſuch einer öffentlichen Verſmmlung zur Be⸗ ſprechung ihrer Lohnverhältniſſe dringend ge⸗ warnt worden ſind, und was der Magiſtrat zu tun gedenk!, um derartige Beeinträchtigungen des Verſammlungsrechtes der ſtädtiſchen Ar⸗ beiter für die Zukunft zu verhüten, folgenden Beſchluß gefaßt: „daß ſie in dem Anſchlage des Direktors Pfudel keinen Eingriff in das Vereins und Verſammlungsrecht der Arbeiter, ſondern einen Hinweis auf den vorgeſchriebenen Weg für die Geltendmachung ihrer Wünſche bei dem Arbeiterausſchuß und der Direltion erblicke.“ Der Magiſtrat hat ſich mit dieſer Erklärung der De⸗ putation, obgleich er ſich vollſtäudig auf den Boden des Deputationsbeſchluſſes ſteüt, noch nicht beruhigt, ſondern er hat außerdem auch den Direktor Pfudel befragt, und dieſer hat ausdrücklich erklärt, daß ihm jede, wie auch geartete Beeinträchtigung des Ver⸗ ſammlungsrechts fern gelegen habe, und daß er es bedaure, wenn bei ſeiner oft bewieſenen und von den Arbeitern auch anerkannten Fürſorge für das Wohl der Arbeiter eine ſo mißverſtändliche Auffaſſung dieſer Bekanntmachung überhaupt Platz greifen konnte. Nach dieſer durch nichts eingeſchränkten Er⸗ klärung des Direktor Pfudel hat e ni Angelegenheit als erledigt angeſehen, und ich möchte bitten, meine Herren, daß Sie ſich auf denſelben Standpunkt ſtellen. (Sehr richtig! Vorſteher Roſenberg: Es iſt die Beſprechung des Gegenſtandes der Anfrage von mehr als 5 Stadt⸗ verordneten beantragt worden. Ich eröffne die Be⸗ ſprechung. Stadtu. Dr. Frentzel: Meine Herren, was die formale Behandlung der Angelegenheit angeht, ſo kann ich auch nicht anders als mein Bedauern darüber ausſprechen, daß über derſelben anſcheinend ein gewiſſer Unſtern gewaltet hat, und daß 7 Monate verfließen mußten, bis wir auf die Anfrage eine Antwort bekommen konnten. Es liegt mir ganz fern, die Gründe, welche den Magiſtrat dazu ver⸗ anlaßt haben, zu kritifieren. Ich kenne ſie nicht, ich nehme ohne weiteres an, daß ſie ſchwerwiegend ge⸗ weſen ſind. Wenn aber die Kritik auch ſchweigt, ſo darf ich doch jedenfalls einen Wunſch ausſprechen, und der wäre, daß, wenn zukünftig Interpellationen, ſei es von welcher Seite dieſes Hauſes, an den Ma⸗ giſtrat geſtellt werden, ein günſtigeres Geſchick über iynen leuchten möge, ſodaß ihre Beantwortung ſich in eiwas ſchnellerem Tempo vollziehen läßt. Zur Sache ſelbſt bemerke ich, daß ich bereits an der Deputationsſitzung teilgenommen habe, deren Beſchluß Herr Stadtrat Caſſirer eben verleſen hat. Ich habe mich damals in der Minorität befunden und habe erklärt, daß ich mich der Auſicht nicht anſchließen konnte, daß in dieſem Anſchlage der Gas⸗ anſtaltsdirektlion eine Beeinträchtigung des Ver⸗ ſammlungsrechts nicht gefunden werden könnte. Auch heute noch ſtehe ich auf demſelben Standpunkt und muß ihn hier, nunmehr im Namen der größten An⸗ zahl meiner Freunde, zum Aus druck bringen. Es iſt bereits in dieſer Sitzung dasjenige von Herrn Dircktor Pfudel erklärt worden, was uns heute loy ulerweiſe die Erklärung des Magiſtrats bekunnt giot. Herr Direktor Pfudel hat bereits damals er⸗ klär), daß er ſich die Folgen dieſes Anſchlages nicht ſo weit klar gemacht habe, daß ihm bewußt geweſen ſei, darin eine Beeinträchtigung des Verſammlungs⸗ rechts zu ſehen. Dies baut uns eine gewiſſe Brücke, fann uns aber nicht veranlaſſen, unſere Stellung⸗ nahme zu ſeiner Handlungsweiſe zu modifizieren. Wir haben niemals angenommen, nehmen auch heute nicht an, daß der Verwaltung eine mala fides inne gewohnt hat, daß ſie nun hier mit einer gewiſſen Brutalität die Autorität. die ihr ihre Stellung ver leiht, einſetzen wollte, um die Arbeiter am Beſuch der Verſammlung zu verhindern. Tatſächlich hat ſie es aber getan. Es iſt richtig, wie auch Herr Kollege Hirſch bereits hervorgehoben hat, daß in dem ganzen Anſchlag kein Ausdruck wie etwa: „Geht nicht in die Verjammlung!“ enthalten iſt, ganz abgeſehen davon, daß weder Drohungen noch irgendwelche Be⸗ lohnungen angegeben worden ſind, was ja auch ſelbſt⸗ verſtändlich iſt. Aber wenn der Erlaß einen Sinn haben ſollte, ſo konnte er eben nur den haben: geht nicht in die Verſammlung! Und in dieſem Sinne ſehen wir allerdings eine Beeinträchtigung des Ver⸗ ſammlungsrechts, dadurch hervorgerufen, daß eben der Leiler eines großen ſtädtiſchen Werkes die ganze Autorität ſeiner Stellung dafür einſetzt, daß die Ar⸗ beiter in ihren Enſchließungen, ob ſie Verſammlungen berufen wollen oder nicht, nicht mehr ſo frei ſind, wie wir es eben gern wünſchen möchten. Praktiſch haben ja derartige Erlaſſe gar keinen bei der Freien Vereinigung)