——— 438 —— Zweck. Es iſt mit dieſem Erlaß genau ebenſo ge⸗ gangen, wie es mit Polizeiverboten gegenüber Er⸗ zeugniſſen der Literatm und Kunſt zu gehen pflegt; dieſe pflegen gewöhnlich derartigen, oft minder⸗ wertigen Dingen erſt die rechte Verbreitung, den rechten Reſonanzboden im breiten Publikum zu ſichern. Auch das hat ſich hier beſtätigt. Die Ver⸗ ſammlung iſt von ſämtlichen Arbeitern der Gasanſtalt, ſoweit ich unterrichtet bin, beſucht worden, und es hat ſich das ſehr mißliche Verhältnis ergeben, daß die von der Direktion eingeſetzte Autorität dadurch, daß die Warnung nicht beachtet wurde, nicht geachtet worden iſt, und daß man kein Mittel in der Hand hat, für dieſe verletzte Autorität irgendeine Sühne zu fordern. Es hat immer etwas Mißliches, wenn man Gehorſam da heiſcht, wo man ihn nicht zu heiſchen hat. Man ſchädigt dadurch weiter nichts anderes als die doch im Intereſſe des Ganzen ſo notwendige Disziplin. Was die ſonſtigen Momente anbetrifft, die hier beigebracht worden ſind, ob fich Fernſtehende un⸗ berechtigterweiſe in die Verhältniſſe der Gasarbeiter eingedrängt haben, das will ich hier ganz unerörtert lafſſen. Ich meine, das geht uns garnichts an; wir haben uns hier lediglich mit der Frage zu beſchäftigen — und darauf geht ja auch die Interpellation des Stadtv. Hirſch —, ob eine Beeinträchtigung des Ver⸗ ſammlungsrechts ſtattgefunden hat. Hierüber habe ich mich bereits ausgelaſſen. Ich glaube, daß es abſolut nicht nötig iſt, irgendwelche Maßnahmen weiter zu treffen, ſondern daß, wenn die Verſammlung in dieſem Sinne zu dem Erlaß Stellung nimmt, das hinreichend Anlaß ſein wird, daß ſämtliche Leiter der ſtädtiſchen Werke in Zukunft bei derartigen Bewegungen ſich genügend über die Folgen ihrer Handlungsweiſe klar werden. (Bravo!) Stadtv. Hirſch: Meine Herren, ich nehme mit Genugtuung von der Erklärung des Herrn Direktors Pfudel Kenntnis, daß ihm jede Abficht einer Be⸗ einträchtigung des Verſammlungsrechtes fern gelegen hat. Damit ſcheidet die Perſon des Direktors Pfudel vollkommen aus der Debatte aus. Es bleibt mir nur noch übrig, wenige Worte über die Stellung der Deputation und des Magiſtrats zu ſagen. Die Deputation erblickt in dem Anſchlage und auf denſelben Standpunkt ſtellt ſich der Ma⸗ giſtrat — keinen Eingriff in das Verſammlungsrecht. Die Herren vom Magiſtrat haben eben aus dem Munde des Vertreters der liberalen Fraktion gehört, daß auch dieſe Fraklion genau ſo wie wir auf dem Standpunkt ſteht, daß dieſer Anſchlag tatſächlich einen Eingriff in das Koalitionsrecht der Arbeiter bedeutet. Der Magiſtrat ſieht alſo, daß er die Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung dicsmal nicht auf ſeiner Seite hat. Aus dieſem Grunde glaube auch ich, daß es nicht notwendig ſein wird, irgend welche Maß⸗ nahmen zu ergreifen, ſondern daß ſchon die heutige Debatte für die Herren Direktoren eine Belebrung ſein wird, und daß ſie die nöligen Schlußfolgerungen von ſelbſt daraus ziehen werden. 2 Erfreulich iſt weiter an der Erklärung des Stadtrats Caſſirer geweſen, daß man nun auch endlich den wahren Grund erfahren hat, warum ſich die Beantwortung dieſer Interpellation ſo ungeheuer in die Länge gezogen hat. Der Magiſtrat wollte eben abwarten, bis der „ſtarke Mann“ wieder das Dezernat der Gasanſtalten übernommen hat. (Bewegung und Widerſpruch.) Er ſeibſt traute ſich die Beantwortung der Inter⸗ pellation nicht zu. Herr Stadtrat Caſſirer hat mir eingangs ſeiner Rede vorgeworfen, daß ich Ausführungen gemacht habe, die nicht zur Sache gehören. Ich muß mir ſeitens eincs Mitgliedes des Magiſtrats einen der⸗ artigen Vorwurf recht ſehr verbitten. Wenn ich Ausführungen mache, die nicht zur Sache gehören, ſo hat lediglich der Vorſteher einzuſchreiten, niemals aber ein Mitglied des Magiſtrats. Vorſteher Roſenberg: Herr Stadtv. Hirſch, wenn Sie von Herrn Stadtrat Caſſirer als von einem ſtarten Manne geſprochen haben, ſo iſt das an ſich keine Beleidigung. Aber vielleicht könnte eine Kränkung darin gefunden werden, daß der Magiſtrat ſelbſt ohne Herrn Stadtrat Caſſirer nicht ſtark genug wäre. Inſofern muß ich die Bemerkung zurückweiſen. (Heiterkeit.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Ich möchte den⸗ jenigen Herrn gegenüber die die Städteordnung ebenſo wenig genau kennen wie Herr Stadtv. Hirſch, be⸗ tonen, daß Herr Stadtrat Caſſirer nicht für ſich, ſondern im Namen und im Auftrage des Magiſtrats geſprochen hat. Der Witz alſo, den Herr Stadtv. Hirſch — wenn es ein Witz ſein ſollte — gemacht hat, iſt nicht verſtändlich und erſcheint dem Ernſte der Angelegenheit nicht angemeſſen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, ich begreife nicht, wie der Herr Vorſteher glauben kann, daß wir in einer ſo ernſten Angelegenheit Witze machen. Meine Bemerkung ſollte durchaus kein Witz ſein, ſondern es ſollte — da der Herr Oberbürgermeiſter ſie nicht verſtanden hat, muß ich das erklären — in ironiſcher Weiſe dem Magiſtrat vor Augen geführt werden, daß ein Mann wieder das Dezernat der Gasanſtalt bekommen hat, deſſen Tätigkeit ſeinerzeit mit dazu beigetragen hat, daß der Streik ausge⸗ brochen iſt. Ich wollte damit proteſtieren gegen die Ausübung dieſes Amtes durch einen Herrn, der ſich in der Stadtverordnetenverſammlung ſcharf gegen die Einſetzung der Arbeiterausſchüſſe ausgeſprochen hat. Jedenfalls kenne ich die Städteordnung ſo weit, daß ich weiß, daß die Verteilung der Dezernate nicht Sache der Stadtverordnetenverſammlung, ſondern des Magiſtratsdirigenten iſt. Auch das weiß ich, daß Herr Stadtrat Caſſirer nicht im Namen der Deputation, ſondern im Namen des Magiſtrats ge⸗ ſprochen hat. Vorſteher Roſenberg: Ich habe nicht ange⸗ nommen, daß Sie einen Witz gemacht haben. Sie haben ſich wohl verſprochen; Sie meinen den Herrn Oberbürgermeiſter. (Zuſtimmung des Stadtv. Hirſch.) Stadtv. Dr. Hubatſch: Ich wollte mir nur er⸗ lauben, darzulegen, wie unſere Fraktion zu der Frage ſteht. Wir hätten es lieber geſehen, wenn Herr Direktor Pfudel eine ſolche Bekanntmachung nicht erlaſſen hätte. Nachdem er aber ausdrücklich erklärt hat, daß es ihm vollſtändig fern gelegen hat, in das Verſammlungsrecht der Arbeiter einzugreifen, ſo, meine ich, können wir uns mit dieſer Erklärung voll⸗ ſtändig beruhigen. Das iſt unſer Standpunkt. Vorſteher Roſenberg: Die Sache iſt damit erledigt. Punkt 14 der Tagesordnung: