Vorlage betr. weitere Maßregeln zur Be⸗ kämpfung der Ss c e, e — Druck⸗ ache 484. Stadtv. Vogel: Meine Herren, in dem Bericht iſt geſagt worden, daß der Magiſtrat ſich vorbehält, wegen der Einſtellung von Mitteln in den Etat zum Betriebe der Fürſorgeſtellen und zur eventuellen Ein⸗ richtung der Milchküchen uns eine beſondere Vorlage zu machen, ebenſo, daß die gemiſchte Deputation die Frage eingehend geprüft hat und zu dem Ergebnis gelangt iſt, die Einſtellung von 20 000 ℳ für den Zweck der Unterſtützung der Mütter und Schwangeren in den Etat des nächſten Jahres zu empfehlen. Es iſt in der Vorlage noch hervorgehoben: „und zur Unterſtützung Schwangerer“. Das iſt allerdings in dem Beſchluß vom 11. Oktober nicht erwähnt worden, weil die Sache dort kürzer behandelt worden iſt. Die gemiſchte Deputation hat ſich aber eingehend mit der Sache beſchäftigt und iſt zu dem Ergebnis ge⸗ kommen, daß, um einen wirklich wirkſamen Erfolg zu erzielen, dieſe Unterſtützung eines Teiles der Schwangeren durchaus notwendig iſt. Aus ver⸗ ſchiedenen Berichten, ſowohl amtlichen Berichten der Gewerbeaufſichtsbeamten wie der Arzte von Kranken⸗ kaſſen, z. B. der der Schneider, iſt feſtgeſtellt worden, daß eine Reihe Schwangerſchaften und Entbindungen deshalb ungünſtig verlaufen und die Kinder elend werden, weil die Mütter ſich genötigt geſehen haben, bis in die letzten Tage vor ihrer Entbindung in den Fabriken und Gewerben tätig zu ſein, und daß es zur Verminderung der hohen Säuglingsſterblichkeit notwendig iſt, Mittel und Wege zu finden, um zu ermöglichen, daß ſich Schwangere in den letzten Wochen ihrer Schwangerſchaft vor der Entbindung der ge⸗ werblichen Arbeit enthalten können, daß ſie in die Lage verſetzt werden, eine entſprechende Pflege ſich und ihrem noch nicht geborenen Kinde zu gewähren. Deshalb iſt dieſer Zuſatz ſeinerzeit von der Kommiſſion aufgenommen worden. Ich möchte dringend bitten, um der ganzen Vorlage eine genügende Wirkſamkeit zu geben, dieſen Punkt durchaus mit aufrechtzu⸗ erhalten. Vorſteher Roſenberg: Ohne einen beſtimmten Antrag zu ſtellen, Herr Stadtverordneter? Stadtv. Vogel: (Gewiß, ich ſtelle den Antrag, daß das — — Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Wollen Sie ſo „ . ſein, mir den Antrag ſchriftlich zu über⸗ reichen. Stadtv. Dr. Penzig: Meine Herren, mir iſt in der Dienſtanweiſung für die Arzte der Säuglings⸗ fürſorgeſtellen eine Kleinigkeit aufgefallen. Dort heißt es im § 3: Die Beratung der Mütter erſtreckt ſich, ab⸗ geſehen von dem Falle einer Lebensgefahr, nur auf geſunde Säuglinge; die Behandlung kranker Säuglinge iſt ausgeſchloſſen, ſoweit ſie ſich nicht auf rein diätetiſche Maßnahmen beſchränkt oder ausdrücklich von dem behandelnden Arzte erbeten wird. Das letztere iſt mißverſtändlich. Ich nehme an, daß der behandelnde Arzt nicht der Arzt der Säug⸗ lingsfürſorgeſtelle iſt, ſondern der Arzt, der den Säugling ſonſt behandelt. So kann man es wenig⸗ ſtens nur verſtehen. Nun iſt aber anzunehmen, daß 434 —— die Herrſchaften, die dieſe Anſtalt in Anſpruch nehmen, in der Regel nicht in der Lage ſind, ſich einen Haus⸗ arzt zu halten, ſodaß man nicht gut ſagen kann: „der dieſe Kinder bereits behandelnde Arzt“: es wird ſich in den meiſten Fällen um Kaſſenärzte und der⸗ gleichen handeln, und da meine ich, daß es nicht richtig iſt, es dem Arzt der Fürſorgeſtelle freizuſtellen, die Behandlung zu übernehmen, wenn ein Kaſſenarzt oder ein Arzt, der früher einmal den Säugling be⸗ handelt hat, ihm das anheimſtellt oder den Wunſch ausſpricht. Ich würde bitten, daß Sie ſchon im Intereſſe der Deutlichkeit und Klarheit den letzten Satz von dem Worte „oder“ bis zum Schluß einfach ſtreichen, ſodaß es heißt: die Behandlung kranker Säuglinge iſt ausgeſchloſſen, ſoweit ſie ſich nicht auf rein diätetiſche Maßnahmen beſchränkt — und dann folgt der Punkt. Stadtv. Vogel: Ich wollte auch auf den Punkt noch hinweiſen, daß nicht nur rein diätetiſche Maß⸗ nahmen notwendig ſind, ſondern überhaupt hygieniſche, daß nicht nur die Ernährung, ſondern die geſamte Pflege der Kinder beurteilt und entſprechend be⸗ raten wird. Vorſteher Roſenberg: Das iſt ein Wunſch, den Sie an den Magiſtrat richten. Stadtv. Vogel: Nein, ich beantrage, daß die Dienſtanweiſung dahin ergänzt wird. Vorſteher Roſenberg: Ich muß dann aber jeden⸗ falls um ſchriftliche Firierung Ihres Antrages bitten. Bürgermeiſter Matting: Ich möchte zunächſt gegenüber Herrn Stadtv. Dr. Penzig darauf hinweiſen, daß die Geſchäftsanweiſung, die vom Magiſtrat er⸗ laſſen wird, der Stadtverordnetenverſammlung zur Kenntnis mitgeteilt iſt. Wenn Herr Stadtv. Dr. Penzig alſo den von ihm geäußerten Geſichtspunkt zur Geltung bringen will, ſo würde es meiner Anſicht nach in der Weiſe zu geſchehen haben, daß der Magiſtrat erſucht wird, die Geſchäftsanweiſung in dieſem Sinne abzu⸗ ändern. Zur Sache möchte ich mir erlauben zu bemerken, daß ich Herrn Dr. Penzig und der Verſammlung nicht empfehlen möchte, in dieſem Sinne zu beſchließen. Wir haben dieſen Satz aufgenommen, um dem Vor⸗ wurf der hieſigen praktiſchen Arzte zu begegnen, daß unſere Säuglingsfürſorgeſtellen ihnen in der Behand⸗ lung von zahlungsfähigen Patienten — denn um dieſe wird es ſich doch nur handeln — Konkurrenz machen. Es ſoll zunächſt überhaupt vermieden werden, daß neben dem behandelnden Arzt — das heißt natürlich dem fremden, außerhalb der Säuglingsfür⸗ ſorgeſtellen behandelnden Arzt — nun auch noch der Säuglingsfürſorgeſtellenarzt eine Behandlung über⸗ nimmt oder, da er unentgeltlich arbeitet, den andern wahrſcheinlich ausſchaltet. Handelt es ſich um zahlungs⸗ unfähige Patienten, ſo wird ja zunächſt ein behandelnder Arzt wahrſcheinlich nicht vorhanden ſein. Wenn ſich nun die Notwendigkeit der Behandlung herausſtellt, ſo hat allerdings trotzdem der Säuglingsfürſorgeſtellen⸗ arzt noch nicht die Berechtigung, die Behandlung zu übernehmen; er wird dann der Mutter ſagen müſſen: „Gehen Sie zu einem Arzt“. Dieſer Arzt wird allerdings einem ſolchen Patienten gegenüber dann vielleicht ſagen: „Bleibe Du doch lieber bei Deinem Säuglingsfurſorgeſtellenarzt, der kennt ja Dein Kind