—— 431 — Kategorie unſerer Bürger, die den Beamten ſehr nahe ſteht, und an die Sie nicht gedacht haben: von unſeren Penſionären, die ſich in viel ſchlimmerer Lage be⸗ finden als unſere Beamten. Aber es kommen hier auch in Betracht alle kleinen Handwerker, alle kleinen Gewerbetreibenden, die bei den ſchwankenden Ein⸗ nahmen ſehr viel ſchlechter ſtehen als unſere Beamten mit ihrem feſten Einkommen; dieſe können ſich bei einer Teuerung, wie ſie zur Zeit vorliegt, ſehr viel eher einrichten als unſere kleinen Handwerker und Gewerbetreibenden, die nicht nur ſelbſt darunter zu leiden haben, daß die Lebensmittel teurer geword en ſind, ſondern es auch an den Beſtellungen in ihrem Geſchäft merken, daß andere darunter leiden. Alſo ohne dieſen anderen ein Unrecht zu erweiſen, können wir unmöglich den uns beſonders nahe ſtebenden Beamten und Lehrern etwas gewähren, was wir den anderen neymen würden. Wir find nicht berechtigt — das iſt unſere Anſicht —, aus dem allgemeinen Steuerſäckel Geſchenke zu geben, wo nicht nachge⸗ wieſen iſt, daß die Notwendigkeit dafür vorliegt, daß eine Notlage vorhanden iſt, in der den Leuten ge⸗ holfen werden muß. Alſo noch einmal, meine Herren: keine außergewöhnlichen Zuwendungen ohne eine Notlage, ohne eine nachgewieſene Notlage! — das iſt der Grundſatz, auf dem wir ſtehen. Ich komme zum Schluß. Wir gehen bei unſerer Anſicht, wie ich mir eben erlaubte, Ihnen auseinander⸗ zuſetzen, davon aus, daß die zeitige Teuerung eine vorübergehende ſei. Zeichen dafür ſind vor anden, daß ſie in nicht zu langer Zeit weichen wird. Ich will darauf nicht näher eingehen. Wir ſind der An⸗ ſicht, daß es ſo ſein wird. Aber ich gebe zu, wir können uns irren. Sollte das eintreten, ſollten wir uns wirklich irren, ſollte die Teuerung wider Erwarten eine dauernde ſein, ſo wollen wir nach unſerer Vorlage in eine erneute Prüfung ein⸗ treten, ob die Löhne unſerer Arbeiter und die Ge⸗ hälter unſerer am wenigſten beſoldeten Beamten und Lehrer in der Tat noch den zeitigen Teuerungs⸗ verhälmiſſen entſprechen. Das heißt alſo, wir wollen dann in eine frühzeitige Reviſion unſeres Normal⸗ etats nach dieſer Richtung eintreten. Sie ſehen, meine Herren, daß wir nach unſerem pflichtmäßigen Ermeſſen zu unſerer Ablehnung ge⸗ kommen ſind, aus den beſonderen Verhältniſſen un⸗ ſerer Stadt heraus. Wir bitten Sie, meine verehrten Herren, ſich überzeugt zu halten, daß wir es bedauern, in dieſer Angelegenheit Ihrer Anregung nicht Folge leiſten zu können, wie wir es ſonſt gewohnt ſind, den Anregungen, die aus dieſem Saale an uns gelangen, freudig und gern Folge zu geven. Es iſt uns auf Grund der von uns angeſtellten Recherchen und der ruhigen Prüfung der Dinge in dieſem Falle leider nicht möglich. Vorſteher Roſenberg: Bevor ich den angemeldeten Herren Rednern weiter das Wort gebe, möchte ich zunächſt den Punkt 25 der Tagesordnung erledigen: Feſtſetzung des erſten Sitzungstages im nenen Jahre. Nach § § unſerer Geſchäftsordnung muß heute der erſte Sitzungstag im nächſten Jahre feſtgeſtellt werden. Ich ſchlage den 10. Januar vor. Da ſich kein Widerſpruch erhebt ſielle ich feſt, daß die Verſamm⸗ lung damit einverſtanden iſt. Ferner bemerke ich noch, daß auch der Antrag des Herrn Stadtv. Huſch, den ich ſchon zu Aufang unſerer Sitzung vorgeleſen habe, Gegenſtand der Debatte iſt. Der Antrag lautet folgendermaßen: Die Unterzeichneten beantragen, den Ma⸗ giſtrat um eine ſofortige Reviſion des Normal⸗ etats für die ſtädtiſchen Beamten und Arbeiter mit weniger als 3000 ℳ Einkommen zu er⸗ ſuchen und den erfon derlichen Mehrbedarf in den Stadthaushaltsctat für 1906 einzuſtellen. Das Wort hat jetzt der Herr Stadtv. Dr. v. Liszt. Stadtv. Dr v. Liszt: Meine Herren, daß der von uns an den Magiſtrat gerichtete Antrag von ihm abgelehnt werden würde, das kann uns wohl eigent⸗ lich nicht überraſchen, obwohl uns eine ganz leiſe Hoffnung auf Annahme des Antrages durch die ſeinerzeit gefallene Außerung des Herrn Oberbürger⸗ meiſters gegeben worden iſt, daß der modifizierte Antrag ihm weit weniger bedenklich erſcheinen wolle als der urſprünglich von uns geſtellte. 2.ber, meine Herren, wenn uns auch die Ablehnung nicht über⸗ raſcht hat, ſo muß ich doch, für meine Perſon wenigſtens, ſagen, daß die Begründung der Ab⸗ lehnung, und zwar ſowohl in der uns ſchriftlich gemachten Vorlage als in den heutigen Ausführungen des Herrn Oberbürgermeiſters, eine ÜUberraſchung ge⸗ bracht hat. Der Herr Oberbürgermeiſter wird ſich wohl daran erinnern, daß er in der letzten Sitzung die Worte ſprach von dem „recht oberflächlichen Vor⸗ trag, der nicht ſelber in die Sache eingedrungen ſei“, und auf Grundlage deſſen man zu einer Entſcheidung nicht gelangen könne. Er hat dieſen Vorwurf mir gegenüber damit motiviert, daß er ſagte, gründlich wäre ein ſolcher Vortrag nur dann, wenn das Ver⸗ hältnis unſerer Angeſtellten und Arbeiter gegenüber den Angeſtellten und Arbeitern von Berlin und den anderen Vororten ins Auge gefaßt worden wäre. Ich gebe das zu. Ich hätte aber erwartet, daß der Ablehnung unſeres Antrages gegegenüber der Magiſtrat, der ja viel bequemer als wir über das nötige Material verfügen kann, uns dieſe unſerem Antrage fehlende ſtatiſtiſche Unterlage gegeben hätte. Es kommt auf zweierlei dabei an. Es kommt nicht blos an auf die Höhe der Löhne und der Bezüge, ſondern da⸗ neben auch — und das iſt vielleicht ſogar das Ent⸗ ſcheidendere — kommt es darauf an, wie die Teuerungs⸗ verhältniſſe, die ganzen Lebensverhältniſſe in den einzelnen Orten ſind. Es kommt auf die Kaufkraft des Geldes in den betreffenden Bezirken an, und es wäre vielleicht zu unterſuchen geweſen, ob denn nicht inbezug auf die Koſtſpieligkeit der Lebens⸗ haltung die Sache in Charlottenburg etwas anders liegt als in den einzelnen Berliner Bezirken oder den übrigen Nachbarorten. Aber auch, meine Herren, wenn wir die Frage blos auf die Löhne und die Bezüge einſchränken, ſo muß zwar im allgemeinen zugegeben werden, daß die Gehälter unſerer Ange⸗ ſtellten, unſerer Arbeiter günſtig ſind im Verhältnis zu den benachbarten Orten; aber wir haben das letzte Mal ſchon gehört, und ich möchte es bei dieſer Gelegenheit noch einmal betonen: wir haben eine recht zahlreiche Klaſſe von Beamten — ich meine die Bureauaſfiſtenten —, bezüglich deren das Ver⸗ hältnis gegenüber den Nachbarorten alles andere als günſtiger iſt. (Widerſpruch am Magiſtratstiſch.) Ich weiſe darauf hin, daß bez üglich Berlins die Ziffern ſind: Anfangsgehalt 2000 ℳ,; es ſteigt dann bis auf 4200 ℳ nach der Erhöhung, die Berlin in dieſem Jahre vorgenommen hat. Bei uns be rägt