—— 457 dieſe 31 Arbeiter beziehen einen Wochenlohn von 15 ℳ oder monatlich 60 ℳ Lohn! Wenn das auch noch keine Notlage iſt, dann weiß ich nicht, wo der Begriff der Notlage anfangen ſoll. Was nun die vorliegenden Anträge betrifft, ſo hätte ich es für logiſcher gehalten, wenn die Liberalen ihren Antrag ſo gefaßt hätten, daß entweder ſowohl die Arbeiter als die Beamten gleiche Zuwendungen betommen, oder aber, daß die Zuwendungen für die Arbeiter höher ſind als für die Beamten. Die Herren ſtehen ja ſelbſt auf dem Standpunkt, daß wir eine Grenze ziehen ſollen, bis zu der wir gehen ſollen; ſie haben die Grenze auf 3000 % normiert. Es iſt ja ziemlich gleichgiltig, wie hoch man die Grenze zieht; aber Sie geben damit zu, daß, je höher das Einkommen iſt, deſto weniger die Notlage zu Tage tritt. Deshalb hätten Sie die am geringſten beſoldeten Arbeiter eine höhere Zulage müſſen als für die Beumten. Aber es iſt ziemlich gleichgiltig, ob Sie den einen Antrag ſtellen oder den anderen: ich bin überzeugt, daß der Magiſtrat unſeren Gründen nicht zugänglich iſt, und daß er Ihren An⸗ trag ablehnen wird. Wir werden dem Antrage der Liberalen zu⸗ ſtimmen. Wir haben aber ferner beantragt, daß mit Rückſicht darauf, daß der Magiſtrat eine even⸗ tuelle allgemeine Reviſion des Normaletats in Aus⸗ ſicht ſtellt, die Stadtverordnetenverſammlung bereits heute klipp und klar erklärt, daß ſie eine Reviſion des Normaletats vom 1. April ab verlangt, und daß die erforderlichen Summen in den Etat einge⸗ ſtellt werden ſollen. Die beiden Anträge wider⸗ ſprechen ſich durchaus nicht. Ich werde z. B. für die Teuerungszulage ſtimmen und außerdem für eine Reviſion des Normaletats für alle diejenigen, die ein Gehalt unter 3000 ℳ beziehen, und Sie, meine Herren, können das auch ſehr wohl; denn wenn Ihr Antrag angenommen wird und der Magiſtrat ihm keine Folge leiſtet, dann haben wir wenigſtens durch unſeren Antrag dem Magiſtrat die Möglichkeit ge⸗ geben, auf andere Weiſe der Notlage abzuhelfen. Würden Sie aber nach Annahme Ihres Antrages unſerem Antrage die Zuſtimmung verweigern, ſo, fürchte ich, wird garnichts geſchehen: dann wird der Magiſtrat einmal Ihren Antrag ablehnen, und zweitens wird er bei der Beratung des Etats ſagen: ja, die Herren wollten ja überhaupt keine Reviſion des Normaletats. Dann würde alſo alles beim alten bleiben, und den Beamten wäre damit nicht gedient. Ich möchte daher die Herren von der liberalen Fraktion bitten, ſich mit uns dahin zu einigen, daß ebenſo, wie wir ihrem Antrage zuſtimmen, ſo auch ſie unſerem Antrage ihre Zuſtimmung geben. Stadtv. Gredy: Meine Herren, unſer Magiſtrat hat bis jetzt den Ruf gehabt, mit großer Sorgfalt und Liebe für ſeine Beamten und Arbeiter zu ſorgen, und ich ſehe keinen Grund ein, warum er dieſen ſ guten Ruf verloren haben ſollte. Wenn er uns in dieſer Frage nicht ohne weiteres entgegenkommen kann, ſo ſcheint mir der Grund einfach darin zu liegen, daß er die Sache genauer und beſſer kennt als wir. Und er muß ſie auch genauer und beſſer kennen. Wir erreichen nichts, meine Herren, wenn wir heute einen Beſchluß faſſen, der nur geeignet iſt, dem Magiſtrat Schwierigkeiten zu machen. Warum ſollen wir dem Magiſtrat, der uns bis jetzt immer befriedigt hat in ſeiner Fürſorge für die Arbeiter, (Stadtv. Hirſch: Oho!) beantragen — in den meiſten Fällen befriedigt hat, in dieſem Falle gewiſſermaßen ein Mißtrauensvotum erteilen? Ich würde Ihnen vorſchlagen, meine Herren⸗ und ich glaube, wir werden damit unſer Ziel beſſer erreichen —, die Sache gemäß dem früher von dem Herrn Oberbürgermeiſter ausgeſprochenen Wunſch in einem Ausſchuß zu behandeln, der ja möglichſt früh tagen kann. Ich ſtelle den Antrag, die Frage einer Teuerungszulage in einem Ausſchuß von 11 Mit⸗ gliedern zu verhandeln. Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, ich will bei der vorgeſchrittenen Zeit mich möglichſt kurz faſſen. Ich ſage auch jetzt immer noch: wir haben das volle Vertrauen zum Magiſtrat, daß er in ſeinen Ent⸗ ſcheidungen ſich von ſeinem beſten Willen leiten läßt. Aber mit dieſem Vertrauen iſt die Möglichkeit eines Irrtums nicht ausgeſchloſſen. Und ich glaube, der Magiſtrat befindet ſich in einer irrtümtichen Auf⸗ faſſung. Gerade dasjenige, was vom Magiſtrat in ſeiner Vorlage betreffs einer eventuellen Reviſion des Normaletats ausgeführt wird, iſt ein Punkt, der mich von der Unrichtigkeit der Auffaſſung des Magiſtrats überzeugt. Wir wollen einer vom Magiſtrat zugeſtandenen Notlage — die Notlage iſt vom Magiſtrat zugegeben, er hat das Wort in ſeiner Vorlage gebraucht — augenblicklich abhelfen, und wir wollen ihr abhelfen, ſo unzureichend auch das Mittel ſein mag, das wir anwenden können. Wir können nicht für die Geſamtheit der Bürgerſchaft ſorgen. Wir können aber dem Beiſpiel, der uns vorangegangenen Nachbargemeinde folgen und eine beſtimmte Summe zur Steuerung der Notlage auswerfen. Nun ſagt der Herr Oberbürgermeiſter: unſere Beamten ſind beſſer geſtellt als diejenigen in anderen Gemeinden. Ich will auf die Ziffern im einzelnen nicht eingehen. Ich gebe ja zu, daß das bei vielen Kategorien der Fall iſt. Bei den Afſiſtenten bin ich trotz der Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters nicht ganz darüber aufgeklärt; denn es fragt ſich doch: wie lange Zeit der Vorbereitung in anderen Bureaus braucht der Aſſiſtent, um in ſeine Stellung hineinzukommen? Er wird vielleicht ſpäter als anderswo Affiſtent. (Bürgermeiſter Matting: Nein, ſofort!) — Er wird doch nicht als Aſſiſtent geboren! (Bürgermeiſter Matting: Er belommt aber die Diäten als Affiſtent!) — Dann freue ich mich, daß die Herren beſſer ge⸗ ſtellt find. (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (den Redner unterbrechend): Meine Herren, ich bitte, keine Dialoge zu halten. Stadtv. Kaufmann (fortfahrend): In Schöneberg ind mir die Verhältniſſe nicht genau bekannt. Dort iſt aber tatſächlich das Anfangsgehalt höher und das Endgehalt desgleichen. Ich laſſe aber dieſe Einzel⸗ heiten ganz dahingeſtellt. Ich kann nicht zugeben, wenn wir einen Notſtand anerkennen — und den müſſen wir anerkennen; denn jeder, ob er in einem ganz kleinen oder größeren Hausſtand wirtſchaftet, wird fortwährend von derjenigen Stelle, die die Wirt⸗ ſchaft zu führen hat, von der Hausfrau die Klage hören: ich kann mit dem Wirtſchaftsgeld nicht mehr auskommen —wenn wir auch einen Notſtand anerkennen, ſo kann ich mich doch nicht mit dem Herrn Kollegen Hirſch auf einem Boden bewegen, wenn er ſagt: der Arbeiter