muß mehr bekommen, der Beamte weniger. Ich kann ihm deshalb nicht folgen, weil die ganze Lebenshaltung des Beamten etwas höher eingerichtet iſt als die des Arbeiters und man dieſem Umſtande bei einer Notlage auch Rechnung tragen muß. Ich kann auch die Richtigkeit des Standpunktes nicht zugeben, daß, wenn auch unſere Beamten beſſer ge⸗ ſtellt ſind als anderswo, wir aber einen Notſtand anerkennen müſſen, wir uns nun aus der Poſttion, in h die wir gelangt ſind, dadurch zurückziehen, daß wir ſagen: unſere Beamten leiden weniger Not als die Beamten in Berlin und Schmargendorf z. B. Aber ſie leiden doch Not! (Zuruf des Oberbürgermeiſters Schuſtehrus.) — Die Notlage iſt doch von uns allgemein aner⸗ kan nt worden! Den Weg möchte ich nicht beſchreiten. Ich gebe zu, wir können das abſolut Richtige nicht treffen; irgendwo müſſen wir aber eine Grenze ziehen. Wir werden denjenigen, der ſich über dieſer Grenze befindet, unzufrieden machen, wir werden den Hand⸗ werker auch damit nicht zufrieden ſtellen. Aber wir können da eingreifen, wo uns das Material zur Ver⸗ fügung ſteht. Ausgleichend können wir nicht wirken; es wird immer welche geben, die unzufrieden ſein werden. Wir werden auch immer gewiſſe Uneben⸗ heiten ſchaffen. Denn es werden ſich unter denen, die die Zulage erhalten, einzelne finden, die Ver⸗ mögen haben, die weniger Laſten zu tragen haben als andere. Aber wenn wir helfen wollen, müſſen wir den Anfang machen mit der Hilfe und nicht, wie der Magiſtrat ſagt, abwarten, ob im Früh⸗ jahr überhaupt noch ſolche Notſtandsverhältniſſe vor⸗ handen ſind oder nicht, und, ſind ſie es, dann an eine Reviſion des Normaletats herangehen. Nein, meine Herren, das wäre falſch. Ich bin davon durch⸗ drungen, daß dieſe Teuerungsverhältniſſe nicht für die Ewigkeit ſtatuiert ſind. Ich bin ein Anhänger des Syſtems unſeres Normalbeſoldungsetats, daß wir eben nur in gewiſſen Perioden eine Reviſion der Sätze vornehmen. Denn ſonſt kommen die unbe⸗ ſcheidenen Anforderungen, wie ſie uns hente der Herr Bürgermeiſter ſeitens der Aſſiſtentenklaſſe vorgeführt hat, in jedem Jahre wieder. Ich nehme nicht Anſtand, dieſe dem Magiſtrat zugegangene Petinion als unge⸗ hörig zu bezeichnen. Man hätte ruhig abwarten 1önnen, was aus den Verhandlungen hervorgehen wird. Ich will die Herren nicht aufhalten; es wäre vieles noch anzuführen. Ich möchte nur bitten, daß Sie dem Antrag auf Bewilligung einer Summe von 100000 ℳ zuſtimmen. Ob ſich dann der Magiſtrat überlegen wird, die Verteilung vielleicht in anderer Weiſe vorzunehmen und uns mit Gegenvorſchlägen zu kommen, müſſen wir abwarten. Wir ſind aber —— 258 —— davon überzeugt, daß die wirtſchaftliche Notlage be⸗ ſteht. Und ich möchte noch ein Beiſpiel dafür an⸗ führen, was vorhin nicht hervorgehoben worden iſt: die ilteſten der Kaufmannſchaft in Berlin, die ge⸗ wiß in der Lage find, die wirtſchaftlichen Verhalniſſe prüfen zu können, haben für ihre Beamten dieſelbe Zulage bewilligt, die wir beantragt hatten, nämlich den halben Monatslohn. Die Gemeinde Wilmersdorf at 50000 ℳ aufgebracht, die kleine Gemeinde Pankow hat ihrerſeits 17000 ℳ bewilligt. Wieviel Schmargendorf und Schöneberg für dieſen Zweck ausgeworfen haben, dafür fehlen mir die Anhalts⸗ punkte. Die Stadt Berlin hat 750000 ℳ aufzu⸗ wenden. Da ſollten wir nicht warten, bis uns das Meſſer am Halſe ſitzt, ſondern wir ſollten, wenn wir zugeben, daß augenblicklich ein Teuerungszuſtand be⸗ ſteht, darauf hinwirken, dieſen Notſtand durch eine Teuerungszulage zu lindern, ſelbſt auf die Gefahr hin, daß vielleicht auch jemand eine ſolche Zulage bekommt, der es nicht ſo nötig hat; wir ſollten nicht ſo engherzig ſein und uns zurückhalten laſſen um der großen Maſſe willen, die außerdem unter der augenblicklichen Teuerung Not leidet, und der wir nicht helfen können. Ich bitte Sie, bewilligen Sie den Betrag non 100000 ℳ, und überlaſſen Sie es dem Magiſtrat, es ſich nochmals zu überlegen, o0 er eine andere Verteilung der Summe für zweck⸗ mäßig hält. (Bravo!) (Die Beratung wird geſchloſſen. Der Antrag des Stadtv. Gredy auf Uberweiſung der ſämtlichen Anträge an einen Ausſchuß von 11 Mitgliedern wird abgelehnt, desgleichen der Antrag des Stadtv. Hirſch, eine ſofortige Reviſion des Normaletats für die ſtädtiſchen Beamten und Arbeiter mit weniger als 3000 ℳ, Einkommen vorzunehmen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Stadtv. Dr. v. Liszt: eine Summe von 100 000 ℳ zu bewilligen, um daraus den ſtädtiſchen Arbeitern pro Kopf 50 ℳ und denjenigen ſtädtiſchen Beamten und Lehrperſonen, deren Bezüge unter 3000 ℳ ſind, 75 ℳ als einmalige Teuerungszulage zu gewähren. Dieſe Zulagen ſollen in zwei Raten zur Auszahlung gelangen. Vorſteher Roſenberg: Gegen die Vorſchläge des Wahlausſchuſſes ſind Einwendungen nicht erhoben worden. Ich ſchließe die Sitzung. (Wiederholtes Bravo.) (Schluß der Sitzung 9 Uhr 40 Minuten.) Druck von A dolf Gerg, Charlottenburo.