gut, daß Herr Kollege Spiegel hier Bedenken geltend gemacht hat, die ich zwar nicht alle im einzelnen teile. Im übrigen ſtehen wir der Vorlage nicht unſym⸗ pathiſch gegenüber, und ich würde mich freuen, wenn wir Gelegenheit hätten, Ihnen im Anfang des Jahres ebenfalls eine Freude zu bereiten, indem wir der Vorlage zuſtimmen, unſeren echten und wahren Pa⸗ triotismus dokumentieren und vor aller Augen de⸗ monſtrieren. (Bravo!) Freilich verſtehen wir unter Patriotismus etwas anderes als die große Korona hier. Unſer Patriotis⸗ mus beſteht nicht in der Verehrung noch ſo hoch ſtehender Perſönlichkeiten, iſt nicht verquickt mit ein⸗ zelnen Perſönlichleiten; wir verſtehen unter Pa⸗ triotismus das, was der Allgemeinheit, dem Volke, dem Vaterlande zum Nutzen gereicht. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Das deckt ſich nicht immer. Wenn es ſich in dieſem Falle zufällig deckt, wenn Sie der Sache ihre Zu⸗ ſtimmung geben, wie wir vermuten, nicht aus ſach⸗ lichen Gründen, ſondern aus perſönlichen, — — (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Ich bitte, Herr Stadtv. Dr. Zepler, der Verſammlung nicht Motive unterzuſchieben, zu denen ſie ſich nicht be⸗ kannt hat. Stadtv. Dr. Zepler (fortfahrend): — immerhin aus Ihrer Art patriotiſchen Gründen die Zuſtimmung geben, ſo kann uns das nicht hindern, unſererſeits eventuell der Vorlage, wenn ſie im Ausſchuß noch einmal geprüft ſein wird, auch unſere Zuſtimmung zu geben, der Sache wegen. Immerhin kann ich nicht umhin, noch einige Bemerkungen hier zu machen. Mit, ähnlichen Gegenſtänden wie die Vorlage haben wir uns hier ſchon ſeit Jahr und Tag ſehr eifrig beſchäftigt. Da war die Bereitwilligkeit der Verfammlung und des Magiſtrats keineswegs ſo groß, vor allen Dingen nicht ſo ſchnell wie in dem vorliegenden Falle, und ſchließlich hat der ſchmerzlich kreißende Berg ein winziges Mäuslein geboren. Mit Not und Mühe iſt es gelungen, in der letzten Kom⸗ miſſionsfitzung, die ſich mit dieſer Frage beſchäftigte, es dahin zu bringen, daß dem Antrage zugeſtimmt werde, daß vom nächſten Jahre an in den Etat 20000 ℳ eingeſetzt werden ſollen zu Unterſtützungen für arme ſtillende Mütter. Ferner will ich ich Ihnen vorhalten, daß in den Fürſorgeſtellen für Säuglinge noch jüngſt in unſerem Kreiſe — Herr Kollege Bauer hat das angeregt die Güte der Milch angezweifelt wurde, und wenn jetzt auch eine gewiſſe Wandlung in der Beziehung eingetreten iſt, ſo haben wir doch immer noch keine Garantie dafür, daß wir wirklich ganz einwandfreie, d. h. gute, nahrhafte, bakterienfreie Milch verabreichen. Um etwas Gründliches zu ſchaffen, hatten wir zu Anfang im Sinne, daß die Stadt ſelbſt einen Kuh⸗ ſtall errichten ſolle, um wirklich eine Garantie zu haben, daß etwas Gutes geboten wird. Als wir da⸗ von aber in der Stadtverordnetenverſammlung ſprachen, da wurde das als etwas ganz Unerhörtes aufgenommen, ſodaß weiterhin keine Rede mehr davon ſein konnte. Wir haben dann in der Kommiſſion wiederholt die Anregung gegeben, man möchte doch dem Antrag einer Milch produzierenden Genoſſenſchaft hier in Charlottenburg ſtatigeben, die einen Kuhſtall errichten und ſich unter ſtädtiſche Aufſicht ſtellen wollte, ihr ein ſtädtiſches Terrain für dieſen Zweck herzugeben. 14 Damals hieß es, ein ſolches Grundſtück ſei nicht vor⸗ handen. Jetzt mit einem male iſt ein ſolches Terrain vorhanden, und es iſt koſtenlos vorhanden! Ja, es iſt jetzt mit einemmale eine plötzliche Erleuchtung über den Magiſtrat gekommen und wahrſcheinlich auch über die Stadtverordnetenverſammlung, welche ſich dahin ausſprechen wird, wie der Magiſtrat es tut, daß es ſich um eine in nationaler Beziehung hervorragend wichtige Frage handele. Meine Herren, wir ſind gar nicht müde geworden, dieſen wichtigen Punkt immer zu betonen; aber damals iſt die Ein⸗ ſicht für dieſe Frage oder wenigſtens der Wille dafür viel geringer geweſen als heute. Wenn man nun ſieht, wie wir unbedeutenden einfachen Bürgersleute in ſolchen Dingen wenig Glück haben, wie es aber nur eines kaiſerlichen Wunſches bedarf, und wenn man Iyr Verhalten in ſolchen Fragen dieſem kaiſer⸗ lichen Wunſche gegenüberhält, dann möchte man ſich beinahe verſucht fühlen, monarchiſch zu werden. (Heiterkeit!) Aber mögen Sie ſchließlich zu der Frage ſtehen, wie Sie wollen, mögen Sie den Antrag annehmen aus ſachlichen Gründen, damit etwas geſchieht für das Publikum, oder aus höfiſchen Gründen, — uns kann es recht ſein; wir werden das Gute nehmen, in welcher Form auch immer, wir werden, wenn wir die Sache geprüft und für gut befunden haben werden, unſere Zuſtimmung geben trotz des höfiſchen Mäntelchens, das Sie der Sache umgehängt haben. Dann möchte ich noch eine Bemerkung machen. Zunächſt möchte ich an den Magiſtrat die Aufforderung richten, über dieſe Frage doch nicht die Frage der Arbeiterwohnungen vollſtändig bei Seite zu ſchieben. Nach dem Worilaut dieſes Antrages und nach dem Kontrakt mit der Kirchengemeinde würde allerdings jetzt keine Verpflichtung mehr vorliegen, Arbeiter⸗ wohnungen auf dem verbleibenden Reſt des Grund⸗ ſtücks zu errichten. Aber wir hoffen doch bei der großen Notwendigkeit der Arbeiterwohnungen, daß ſie nicht außer Augen gelaſſen werden. Ferner möchte ich zu der Begründung des An⸗ trages durch den Magiſtrat etwas erwähnen. Es heißt da inbezug auf die Frage des natürlichen Stillens, daß Bequemlichkeit oder Umwiſſenheit das Publikum daran hindert, der Pflicht, zu ſtillen, nach⸗ zulommen. Kein Wort davon, daß auch ſoziale Gründe, hauptſächlich ſogar ſoziale Gründe die Hinderung bilden! Gewiß kommen auch Bequem⸗ lichkeit und Unwiſſenheit in Betracht, Bequemlichkeit insbeſondere in den oberen Ständen; aber die ſozialen Gründe hat der Magiſtrat hier überſehen, — gerade als ob wir nie über dieſe Sache geſprochen hätten! Ich kann mir nicht denken, daß der Magiſtrat ſo unachtſam an unſeren langen Verhandlungen vor⸗ übergegargen iſt, ich möchte beinahe meinen, daß eine Abſicht hierbei vorgelegen hat. Fürchtet der Magiſtrat vielleicht, indem er dieſe Notlage anerkennt, ſich zu verpflichten, wenn ſpäter bei dem Etat unſer Antrag, eine Unterſtützung für ſtillende Mutter zu geben, be⸗ ſprochen werden wird? Ich hatte Herrn Kollegen Spiegel gegenüber ge⸗ ſagt, daß ich nicht in allen Punkien die Bedenken teile, die er ausgeſprochen hat. Die Hauptſache iſt aber, daß etwas Gründliches geſchieht. Es gibt ja nichis mehr, was unter Ausſchluß der Offentlichkeit geſchieht; die öffentliche Kritik wird ja immer noch platzgreifen können. Unter welcher Form auch immer, es wird eiwas geſchehen, und wir werden unſer Ein⸗ ſpruchsrecht nach Möglichkeit wahren müſſen. Herr Kollege Spiegel ſagte, daß hier ſpeziell der