——— 15 Staat eine Laſt auf die Gemeinden abſchieben will. Ich gebe ihm darin Recht. Aber wir leben doch leider in einem ſolchen Staat, und wenn ſo twas der Staat nicht tut, nun, dann muß es wo möglich die Gemeinde tun! Das kann uns alſo nicht ver⸗ anlaſſen, die Gemeinde von ſolchen Beſtrebungen zu entbinden. 2 Was nun die Aufnahme der Säuglinge in die Anſtalt anlangt, Glocke des Vorſtehers.) (Andauernde Unruhe. Vorſteher Roſenberg: Ich muß um Ruhe bitten, meine Herren; ich kann den Herrn Redner hier oben nicht verſtehen. Stadtv. Dr. Zepler (fortfahrend)) — ſo wird ſie ja der öffentlichen Kritik unterliegen. Im übrigen fürchte ich nicht, daß die Illegitimen benachteiligt werden. Denn das Inſtitut ſoll ja nicht blos eine wohltätige Veranſtaltung. ſondern zugleich eine wiſſen⸗ ſchaftliche Verſuchsſtation ſein, und zum Erperimen⸗ tieren waren den Herren da oben die Illegitimen immer noch gut genug. In der Beziehung habe ich alſo weniger Bedenken. Wenn etwas derartiges ein⸗ tritt, ſo werden wir darüber auch mitſprechen müſſen. Kurzum — ich will die Debatte nicht lange auf⸗ halten —, auch wir werden natürlich für die Ausſchuß⸗ beratung ſtimmen. Vorſteher Roſenberg: Ihre letzte Bemerkung, Herr Stadtv. Dr. Zepler, bezüglich der illegitimen Kinder habe ich nicht genau gehört; ich behalte mir vor, darauf zurückzukommen, wenn der ſtenographiſche Bericht vorliegt. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, ich habe mit Freude Kenntnis genommen von der wohlwollenden Stellung, die Sie zu der Magiſtratsvor⸗ lage eingenommen haben. Ich kann auch verſichern, daß eine Autorität auf dieſem Gebiete — das möchte ich beſonders Herrn Stadtv. Dr. Spiegel gegenüber betonen — ſich dahin geäußert hat — nämlich Herr Geheimrat Heubner von der Berliner Univerſität —, daß zwar auf dieſem Gebiete verwandte Beſtrebungen von einzelnen Anſtalten verfolgt werden, daß aber die wiſſenſchaftliche und ſyſtematiſche Erforſchung der⸗ jenigen Frage, über die heute merkwürdigerweiſe die ganze Welt in lebhaftem Kampfe begriffen iſt, nämlich welches Nahrungsmittel man den Kindern geben ſoll, wenn ſie nicht in der glücklichen Lage ſind, Mutter⸗ milch zu erhalten, — daß eine ſolche Anſtalt in dem großartigen Sinne, wie ſie zur Löſung dieſer Frage hier geplant iſt, in der Welt noch nicht exiſtiert, und daß es eine großartige Idee ſei, die hier zur Aus⸗ führung komme. Vielleicht liegt es an den Aus⸗ führungen in der Vorlage, daß das nicht zum Aus⸗ druck gekommen iſt, weil die Vorlage wegen der nahe bevorſtehenden Silberhochzeit des Kaiſerpaares in großer Eile abgefaßt werden mußte. Daß eine Ausſchußberatung beantragt werden würde, iſt bei der Bedeutung der Sache von uns erwartet worden; das halte ich für ſelbſtverſtändlich, und wir werden ja dort Gelegenheit haben, eingehend über dieſe Dinge uns auszulaſſen und uns gegen⸗ ſeitig auszuſprechen. Aber eines, meine Helren, möchte ich doch heute ſchon betonen. Ich möchte den Ausführungen des Herrn Dr. Spiegel und den um⸗ fangreichen Forderungen gegenüber, die er ſtellt, doch bitten, nicht außer acht zu laſſen, daß dieſe Stiftung, die wir machen, ja nicht eine Charlottenburger Stiftung iſt, die wir allein in Szene ſetzen. Wir geben, meine Herren, nur einen ſehr geringen Teil zum Zuſtandekommen dieſer Stiftung; es werden viele Millionen dazu gehören, um die Stiftung in vollem Maße aufzubauen und in Betrieb zu erhalten, wie ſie gedacht iſt; wir geben nur einen verſchwindenden Teil dazu, ſodaß wir gar nicht in die Lage kommen werden, große Forderungen zu ſtellen, wie wenn wir mit unſerem eigenen Gelde die ganze Stiftung erbauten und unterhielten. Ich weiſe auch darauf hin, daß es von ſehr großem Intereſſe für die Stadt Charlottenburg iſt, wenn 30 Frauenbetten und 30 Kinderbetten nach unſerer Stadt kommen; das iſt auch nicht zu vergeſſen. Meine Herren, wenn wir große Forderungen ſtellen wollten, dann könnte ja jedermann, der ſeinerſeits 100 000 ℳ zu der Sache ſtiftet, ebenſo erhebliche For derungen ſtellen, und dann dürfie doch der ganze Zweck der Stiftung etwas gefährdet ſein. Daß wir uns einen gewiſſen Einfluß, einen in dem richtigen Maße beſchränkten Einfluß vorbehalten werden, das wird in dem Vertrage, der abzuſchließen ſein wird, zu beachten ſein. Daß das Komitee auch gewillt iſt, meine Herren, den Charlottenburger Wünſchen ent⸗ gegenzukommen, das geht ſchon daraus hervor, daß in das vorbereitende Komitee ſchon drei von uns hineingewählt ſind, nämlich Herr Bürgermeiſter Matting, Herr Stadtverordnetenvorſteher Roſenberg und ich. Es handelt ſich hier, meine Herren, um ein eminent wiſſenſchaftliches Inſtitut — und darauf lege ich gerade großes Gewicht. Ich glaube, das kann der ganzen Sache nur Freunde gewinnen, daß es ein wiſſenſchaftliches Inſtitut ſein ſoll, das auf durchaus wiſſenſchaftlichen Grundlagen die Natur⸗ geſetze unterſuchen ſoll, die heute noch nicht geklärtſind, und die vorliegen für die Ernährung der Säuglinge und zur Bekämpfung der Sterblichkeit, die nicht nur Charlottenburg angeht, meine Herren, ſonderr — da hat Herr Ur. Zepler Recht — die unſer ganzes Vaterland angeht. Es iſt nicht nur eine lokale Ein⸗ richtung, die hier geſchaffen wird, ſondern eine natio⸗ nale Einrichtung, die unſer ganzes Volk in allen Schichten angeht. Die Erfahrungen, die hier ge⸗ wonnen werden in ernſter wiſſenſchaftlicher Arbeit, werden allen Familien zu gute kommen, dem kleinen Arbeiter ſowohl wie dem reichen Millionär. Daran follten wir denken, wenn wir dieſe Sache, die gut iſt — das iſt anerkannt —, ins Leben rufen helfen, und deshalb ſollten wir unſere Anforderungen nicht zu weit ausdehnen. Im übrigen, meine Herren, möchte ich bei der vorgerückten Stunde darauf verzichten, auf weitere Dinge einzugehen, die vorhin von den beiden Herren angeregt ſind. Ich behalte mir vor, im Ausſchuſſe darauf näher zurückzukommen. Vorſteher Roſenberg: Es haben ſich jetzt noch zum Worte gemeldet der Herr Bürgermeiſter und Herr Stadtv. Dr. Stadthagen. Mit Rückſicht auf das, was der Herr Oberbürgermeiſter am Schluß ſeiner Rede geſagt hat, dürfte ich wenigſtens an den Herrn Stadtverordneten wohl die Bitte richten, die Debatte nicht zu weit auszudehnen. Der Herr Bürgermeiſter hat das Wort. Bürgermeiſter Matting: Ich will nuch nicht weiter mich ausdehnen; ich halte mich aber für ver⸗ pflichtet, auf die Worte des Herrn Stadtv. Dr. Zepler einzugehen, um ſo mehr, als ſie mir eine ſehr er⸗ wünſchte Gelegenheit bieten, einen Vorgang in der Verſammlung vom 20. Dezember klarzuſtellen. Wir haben uns über die Frage, die Herr Stadtv. Dr. Zepler angeregt hat — Unterſtützung ſchwangerer