machen. Ich würde im Anſchluß daran direkt bitten, die Beſchlußfaſſung über die Bewilligung der 3000 ℳ heute noch zu vertagen und den Punkt auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung zu ſetzen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich wollte doch zunächſt zur Erwägung ſtellen, ob es g wirklich tunlich iſt, daß die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung als ſolche eine Auswahl der zu ver⸗ teilenden Bücher trifft. Meines Wiſſens irrt der Herr Stadtverordnete Ir. Penzig, wenn er meint, es ſei in früheren Fällen bereits ſo verfahren worden. Ich wenigſtens kann mich keines ähnlichen Falles entſinnen. Weiter geht der Herr Stadtver⸗ ordnete Dr. Penzig auch von einer falſchen An⸗ nahme aus, wenn er annimmt, daß die zu ver⸗ teilenden Bücher, ſei es vom Provinzialſchulkollegium oder von der Königlichen Regierung, etwa vorge⸗ ſchrieben oder wenigſtens nur in Geſtalt eines numerus clausus zur Auswahl uns verſtattet würden. So weit ich orientiert bin, ſteht die voll⸗ ſtändig freie Auswahl, wie ja überhaupt die ganze Sache eine freie Entſchließung der Gemeindekörper⸗ ſchaften iſt, bei den Körperſchaften ſelbſt, und ich glaube, Sie können — wenigſtens augenblicklich noch — zu unſerer Schuldeputation das Vertrauen haben, daß ſie in dem Sinne, den Herr Stadtverordneter Dr. Penzig gekennzeichnet hat, die Auswahl treffen wird. (Bravo) Ich glaube, daß infolgedeſſen wenigſtens zurzeit⸗ der Herr Stadtverordnete Dr. Penzig die Bedenken, die er ausgeſprochen hat, wird zurückſtellen können, und möchte bitten, die Angelegenheit doch heute zu erledigen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, es wird Sie ja nicht überraſchen, daß meine Freunde nicht nur die Vorlage zurückſtellen wollen, ſondern ſie überhaupt ablehnen, aus Gründen, die Ihnen ja ebenfalls geläufig ſind, die ich des längeren und breiteren heute nicht noch einmal auseinanderſetzen will. Was der Herr Stadtverordnete Dr. Penzig anführt, ſind Bedenken, denen wir uns ebenfalls durchaus anſchließen. Allerdings ſagt der Herr Bürgermeiſter, wir können zur Schuldeputation das Vertrauen haben, wenigſtens jetzt noch, ſo, wie die Schuldevutation jetzt noch zuſammengeſetzt iſt, das heißt alſo vor Inkrafttreten des gegenwärtig im Land⸗ tage zur Beratung ſtehenden Geſetzes ſo wenigſten⸗ faſſe ich dieſe Betonung auf —, wir könnten das Vertrauen haben, daß nicht Bücher gewählt würden von der Art, wie ſie der Herr Stadtverordnete Dr. Penzig kennzeichnete mit dem Hinweis auf etwa] F getriebenen Byzantinismus. Ich weiß nicht, wie weit das Vertrauen des Herren Kollegen darin reichen wird. Ich vermute aber ſtark, daß nur vor einem Hyperbyzantinismus ein Widerwille bei vielen der Herren Kollegen ſich regen wird, während ſehr vieles, was meine Freunde als durchaus byzantiniſch em⸗ pfinden, bei der Mehrheit vielleicht noch paſſieren wird. Vor allen Dingen empfinden wir. es als un⸗ angemeſſen, daß im Geſchichtsunterricht, ich will mal ſagen: der falſche Patriotismus ſo ſehr gepflegt. wird, der Patriotismus, der darin gipfelt, die Kulturent⸗ wicklung Deutſchlands und Preußens in innigſten Zuſammenhang mit der Dunaſtie zu ſetzen und es ſo darzuſtellen, als ob die Dynaſtie die erſten und hauptſächlichſten Verdienſte um dieſe Kulturent⸗ wicklung habe. (unruhe.) um blos an ein einzelnes Beiſpiel zu erinnern: welche Legende iſt verbreitet über die Perſon der Königin Luiſe, (Andauernde Unruhe. Stadtv. Becker: Pfuil) die als eine wahre Heilige in der Schule dargeſtellt wird. In Wirklichkeit liegen die Sachen aber doch anz anders. (Widerſpruch. — Unruhe. Rufe: Zur Sache!) Man rühmt der Königin Luiſe nach, daß ſie ſo außerordentlich die Not des Volkes empfunden habe. (Andauernde Rufe: Zur Sache! — Große Unruhe. — Rufe: Pfui! — Stadtv. Stein verläßt unter Widerſpruch den Saal. — Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (den Redner unterbrechend): Ich bitte um Ruhe, meine Herren! Herr Stadtv. Dr. Borchardt, ich möchte Sie bitten, bei Ihren weiteren Ausführungen zu be⸗ rückſichtigen, daß Sie leicht in die Gefahr kommen tönnten, die Gefühle der Mehrheit zu verletzen. Ich bitte, das zu beachten. Stadtv. Dr. Borchardt (fortfahrend): Es würde mir außerordentlich leid tun, wenn durch bloße Er⸗ wähnung hiſtoriſcher Tatſachen Ihr Gefühl ſchon außerordentlich verletzt würde. (Stadtv. Becker: Das iſt unſere Sache!) Die Geſchichte bleibt eben Geſchichte, und es läßt ſich nicht beſtreiten, daß die Königin Luiſe gerade zu der Zeit, (Rufe: Zur Sache!) wo man ihr nachrühmt, daß ſie ſo außerordentlich die Not des Volkes empfunden habe, in einem Briefe darüber klagt, daß der Königliche Hof zu Tiſch nur vier Gänge habe und am Abend nur drei Gänge, alſo geradezu von der Luft lebe. „Andauernde große Unruhe. Wiederholte Rufe: Pfui! — Lebhafte Rufe: Zur Sache! — Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (den Redner unterbrechend): Ich bitte um Ruhe, meine Herren! Herr Stadtv. Dr. Borchardt, Ihre Ausführungen gehören offenbar nicht mehr zur Sache. (Stadtv. Dr. von Liszt: Sehr richtig!) Sie wiſſen ja garnicht, welches denn der Inhalt des Buches ſein ſoll, das der Magiſtrat als Prämie in den Schulen verteilen will. Ich bitte alſo, auf dieſen Punkt nicht mehr zurückzukommen. Stadtv. Dr. Borchardt (fortfahrend): Meine Herren, ich wende mich dagegen, daß eine patriotiſche Feier in dem Sinne veranſtaltet werde, daß dabei die Dynaſtie hervorgehoben wird in ihrem Zuſammen⸗ hange und in ihren Verdienſten um die Kulturent⸗ wicklung Deutſchlands (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (den Redner unterbrechend): Herr Stadtv. Dr. Borchardt, ich muß Ihnen jetzt wiederholt bemerken, daß Sie nicht berechtigt ſind, derartige Ausführungen zu machen. Sie verletzen nicht nur die Gefühle der Majorität, ſondern ſtellen jetzt auch die Sache von einem ganz einſeitigen Stand⸗ punkte dar, den weiter zu verfolgen ich nicht mehr für zuläſſig erachte. weiter zurückkommen, Sie müſſen. zur Ordnung rufen Ich würde, wenn Sie auf den Gegenſtand, den Sie jetzt eben berührt haben, noch I