Ihnen genügt, und das Mitglied hätte dort geſiegt, das die meiſten Stimmen auf ſich vereinigt, vorausgeſetzt, daß die be⸗ ſchlußfähige Zahl durch die Abgabezahl der Stimmzettel gedeckt war. Was ja bei uns der Fall war; wir hatten 65 Stimm⸗ ettel. 5 Meine Herren, ich glaube nicht, daß ich nötig habe, dieſen beiden Beweisſtücken auch nur noch ein Wort hinzuzufügen. Ich würde deren Gewalt damit abſchwächen. Ich reſümiere mich dahin: alle Redner am 10. Januar, mit der einzigen Ausnahme des Herrn Kollegen Borchardt, waren im Zweifel dar⸗ über, ob weiße Stimmzettel gültig ſind oder nicht. Deshalb muß bei allen Rednern der Wunſch vor⸗ handen ſein, daß in der Zukunft über dieſe außer⸗ ordentlich wichtige Frage unſerer Geſchäftsondnung Klarheit geſchaffen werde. Dies bezweckt mein Autrag, meine Herren, und ich bitte Sie, denſelben anzu⸗ nehmen. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, es freut mich, daß der Herr Vorredner erklärte, der Antrag, den die liberale Fraktion geſtellt hat, ſolle auf die Vergangenheit keinen Bezug haben. Er hat zwar auf die damaligen Verhältniſſe Bezug genom⸗ men; ich will mich aber auf den gleichen Standpunkt ſtellen und nur an die Zukunft denken. Meine Herren, ich habe damals, wie ja auch vom Herrn Kollegen Jolenberg angeführt iſt, zuge⸗ gegeben, daß die Frage au ſich, vom juriſtiſchen oder verwaltungstechniſchen Standpunkt betrachtet, durch⸗ aus als zweifelhaft erſcheinen kann. Ich ſchließe mich — ich will das zwiſchendurch bemerken — nicht der Auffaſſung des Herrn Stadtv. Dr. Borchardt an, der erklärte: es iſt ganz dasſelbe, wenn jemand hin⸗ ausgeht, als wenn er einen weißen Zettel abgibt. Nein, meine Herren, das iſt nicht dasſelbe! Wenn jemand hinausgeht, kann er an der Abſtimmung nicht teilnehmen, an der geheimen; wenn er einen weißen Zetiel abgibt, liegt die Sache anders. Aber, meine Herren, damals iſt von Herrn Kollegen Rackwitz betont worden, daß der Brauch bisher der war, die weißen Zettel mitzuzählen. Und Herr Kollege Otto hat dieſes nicht beſtritten; er hat nur geſagt, es wäre noch niemals der Fall eingetreten, wo es auf die Zahl der Stimmen bei einer Wahl oder bei anderen Abſtimmungen angekommen wäre. Nun, meine Herren, wollen Sie durch eine ein⸗ fache Interpretation der Geſchäftsordnung an dieſem Brauche rütteln. Meine Herren, nach 14 Tagen könnte vielleicht eine andere Anſchauung Platz greifen und die Geſchäftsordnung wieder anders interpretiert werden. Die Geſchäftsordnung ſagt ja gar nichts mach der Richtung, welche Stimmen gezählt werden ſollen. Man kann unmöglich in den § 20 in ſeiner jetzigen Faſſung hineinlegen, daß man ihn nach der einen oder andern Richtung, wie es der Auffaſſung der einen oder der anderen Seite entſpricht, inter⸗ pretieren kann. Meine Freunde ſind durchaus der Anſicht, daß ſich eine Klarſtellung empfiehlt; aber, meine Herren, wir wünſchen dieſe Klarſtellung nicht auf dem Wege der Interpretation, ſondern auf dem Wege der Anderung, reſp. Ergänzung der Ge⸗ ſchäftsordnung und beantragen darum die Ein⸗ ſetzung eines Ausſchuſſes. Ich möchte Ihnen aber nun noch kurz mehrere Gründe anführen, die mich dazu bewegen, den Aus⸗ ſchuß zu beantragen. Meine Herren, wenn wir die Sachlage klarſtellen, dann wollen wir doch nicht nur 61 die Sachlage klarſtellen bezüglich der weißen unbe⸗ ſchriebenen Zettel. Es tauchte ja ſchon bei der da⸗ maligen Beratung die Frage auf: welche Zettel ſind denn überhaupt gültig? Sind die Zettel, die den Namen eines außerhalb der Verſammlung ſtehenden Menſchen tragen, ungültig? (Zuruf: Ungültig!) Ja, meine Herren, es mag ſein, daß das Ihre An⸗ ſicht iſt; ich kann Ihnen aber davon Mitteilung machen, daß das Oberverwaltungsgericht ſich auf einen andern Standpunkt geſtellt hat. Herr Stadtv. Dr. Crüger hat ſeinerzeit auf die Kreisordnung hin⸗ gewieſen und daraus, daß die Kreisordnung gewiſſe Beſtimmungen trifft, hergeleitet: die Beſtimmungen treffen auch auf die Stadtverordnetenverſammlug zu. Die Rechtſprechung des Oberverwaltungsgerichts ſteht dem entgegen. Einem Urteil vom Jannar 1904 lag der Fall zu Grunde, daß in einer Kommune bei der Wahl zum Gemeindevertreter für einen Kandidaten 5 Stimmen, für den andern 3 Stimmen abgegeben waren; es wurde behauptet, daß der Herr, auf den 5 Stimmen gefallen waren, überhaupt nicht wählbar ſei; infolgedeſſen ſollte der andere Herr mit 3 Stimmen als gewählt zu betrachten ſein, weil die 5 Stimmen auf einen nicht wählbaren Herren gefallen, alſo un⸗ gültig wären. Die Sache nahm ihren Fortgang und kam an das Oberverwaltungsgericht. Das Ober⸗ verwaltungsgericht hat nunmehr entſchieden: die 5 Stimmen waren bei der Wahl mitzuzählen, ohne daß in Frage kommt, ob der Betreffende, auf den die 5 Stimmen gefallen waren, wählbar war oder nicht. Dieſer Frage wollte das Oberverwaltungs⸗ gericht gar nicht näher treten. Unbeſchadet dieſer Frage kam es zu dem Schluß: alle dieſe Herren haben ſich an der Wahl beteiligen wollen, und bei Stadtverordnetenwahlen, bei Gemeindevertreterwahlen „ſoll die Wahl der übereinſtimmende Ausdruck des Willens einer möglichſt großen Zahl von Wahl⸗ berechtigten ſein.“ Es wurde weiter hervorgehoben, daß in der Landgemeindeordnung bezüglich der Wahl der Stadträte und anderer Magiſtratsbeamten zwar etwas Gegenteiliges beſtimmt iſt; in dieſen Fallen ſollen nämlich Stimmen, die auf einen nicht wähl⸗ baren Kandidaten fallen, nicht gerechnet werden. Aber das Oberverwaltungsgericht erklärte: in der Land⸗ gemeindeordnung iſt das ausdrücklich erwähnt, daß in dieſem Falle die auf eine nicht wählbare Perſon entfallende Stimme nicht gezählt werden ſoll, während in anderen Fällen, z. B. bei den Gemeindevertreter⸗ wahlen, dies nicht erwähnt, infolgedeſſen daraus der Schluß zu ziehen ſei, daß dann derartige Zettel auch zu zählen ſind. Ein anderes Rechtsgutachten! Der bekannte Rechtsgelehrte Dr. Tecklenburg erörtert die Frage: wann müſſen Stimmen einen gewiſſen Inhalt haben, um gültig zu ſein? Und, meine Herren, er kommt dabei zu dem Schluß, daß gewiſſe — ich will ſie auormale nennen — Stimmen, und zwar auch unbeſchriebene Stimmzettel, nicht immer, ſondern nur in beſtimmten 44 z. B. im Falle einer Stichwahl ungültig eien. Meine Herren, das entſpricht ungefähr dem Standpunkt, den ich in der Sitzung vom 10. Jannar eingenommen habe. Meine Herren, Sie ſehen. daß die Frage auch juriſtiſch nicht ganz geklärt iſt. Da von Ihrer Seite immer betont iſt, daß ſie juriſtiſch vollkommen klar ſei, wollte ich es mir nicht verſagen, darauf hinzu⸗ weiſen, daß auch in juriſtiſcher Beziehung Zweifel vorliegen.