——— 83 der Löhne — ein Darben in der Arbeiterſchaft der Großnadt iſt nicht anzuerkennen. Viel ſchlechter als unſere Arbeiter ſteht eine große Anzah! kleiner Gewerbetreibender und kleiner Hand⸗ werker. (Sehr richtig!) Meine Herren, wie wollen wir es rechtfertigen, wenn wir unſern ſtädtiſchen Arbeitern aus dem allgemeinen Steuerſäckel, zu dem die kleinen Handwerker und Ge⸗ wer betreibenden auch ihr Teil beitragen, ein Geſchenk machen wollten, obgleich ein Notſtand bei ihnen nicht vorliegt und wir für die anderen, die kleinen Hand⸗ werker und Gewerbetreibenden, denen es ſchlechter geht, gar nicht Sorge tragen! (Sehr richtig!) Wir ſollen nur denjenigen Arbeitern und Unterbe⸗ amten, die uns nahe ſtehen, — ſo wünſchen es die Herren — ein Mehr gewähren. Meine Herren, das iſt nicht mehr billig, einen ſolchen Standpunkt dürfen wir — ſo kaben wir uns entſchloſſen — nicht ein⸗ nehmen Dazu ſind wir nicht befugt dazu ſind wir nich berechtigt. Wir müſſen gleiches Maß bei allen unſeren Einwohnern. anwenden. Wir haben unſern Arbeiiern auskömmliche Löhne zu gewähren, gewiß; aber wir haben ihnen, wenn nicht ein Notſtand vor⸗ liegt, nichts mehr zu gewähren. Das können wir in der Bürgerſchaft nicht veramworten. Sie, meine ver⸗ chrien Herien, haben mit Ihrem Antrage die Bürger⸗ ſchaft nicht hinter ſich. Es ſind mir aus den Krriſen der Bürgerſchaft nach der Sitzung vom 20 Dezember Zuſchrifien zugegangen, worin dem Magiſtrat für ſeine Stellungnahme gedankt worden iſt. darür⸗ daß er es verhütet hat, daß Unbilligkeit und Ungerechtia⸗ keit bei verſchiedener Behandlung der einzelnen Teile der Bürgerſchaft Platz greift. Wir ſind nach wie vor bereit, da, wo wirklich eine Notlage vorliegt, einzuſpringen. Das haben wir damals ſchon erklärt. Wir befinden uns durchaus nicht, wie der Herr Referent meinte, in dem Zuſtande der Inkonſequenz. Wir haben geſagt: eine Teuerung liegt vor, die erkennen wir an; aber ſie iſt nicht ſo groß, daß ſie zu einem Notſtande ausgeartet iſt; in⸗ folgedeſſen brauchen wir keine Teuerungszulage zu gewähren. Sollte die Teuerung keine vorübergehende ſe in, ſollte ſich im Frühyjahr 1906 und weiter⸗ hin — ſo haben wir geſagt! — herausſtellen, daß die Teuerung eine anhaltende iſt, daß ſie wächſt, nun. dann werden wir uns veranlaßt ſehen müſſen, zu prüfen, ob die Grundlagen, auf denen wir den Nor⸗ malctat 1905 aufgebant haben, noch ſtimmen. So weit ſind wir aber noch nicht, noch haben wir nicht das Frühjahr 1906. Wir werden erſt abwarten müſſen, wie ſich die Dinge weiterhin emwickeln, um fenſtellen zu können, ob in der Tat eine dauernde Teuerung vorhanden iſt, und ob dieie Teuerung ſo groß iſt, daß wir einen Notſtand anerkennen müſſen. Das iſt alro durchaus eiwas, was der Logik entipricht; der Vorwurf der Inkonſequenz kann uns nicht ge⸗ macht werden. Wir haben uns ferner aber in der ernen Vorlage dazu bereit erklärt, da zu helfen, wo zu den heutigen Teuerungsverhälmiſſen noch andere Komplikationen hinzukommen, die es dem Familien⸗ vater ſchwer machen, ſeine Familie zu ernähren: Krankheit der eigenen Perſon, der Kinder, der Frau oder andere Unalücksfälle. Alſo da, wo in einem indiwiduellen Falle eine Notlage vorliegt und feſtge⸗ ſtellt iſt, da wollen wir belfen. Das haben wir auch bereits getan. Wir haben Ihnen in der Zwiſchenzeit bereits mehrere Vorlagen zugehen laſſen, wo wir mit Rückſicht auf die beſtehende Tenerung die Unterſtützung, die wir ſonſt in Notfällen gewähren, erhöht haben — durchaus in Übereinſtimmung mit dem, was Sie wünſchen —, und Sie haben den Vorlagen zuge⸗ ſtimmt. Sie ſehen alſo, meine Herren, daß da, wo Notlagen wirklich vorhauden find, ſie in der Tat geheilt werden können. Aber nicht mit 50 oder 75 ℳ, wir — haben in ſolchen Fällen 200 und 300 ℳ ge⸗ währt, damit den Leuten auch wirklich geholfen wird! Ich glaube, meine Herren, daß die Gründe, die der Magiſtrat angeführt hat, genügend ſind, um ſein Veryalten zu erklären, onne bei Ihnen eine Miß⸗ ſtimmung zu erwecken, die mir vorzuliegen ſchien, als ich das Wort „Befremden“ hörte. Der Magiſtrat iſt ſich ledialich koniequent geblieben in der Auffaſſung der Sachlage, in ſeiner Auffaſſung, die ſich einmal von der Ihligen tatſächlich unterſcheidet. Darin liegt kein Grund, irgendwie in eine Mißſtimmung zu ge⸗ raten. Ich glaube nun, daß die Dinge völlig geklärt ſind Wenn Sie aber eine Konfliktsdeputarion wünſchen — das müßte al7o eine ſein im Sinne des § 36 der Städieordnung — wenn Sie eine gemeinſchafiliche Kommiſſion zu dem Zwecke wünſchen, um die diver⸗ gierenden Anſichten zu vereinigen, dann bin ich über⸗ zeugt, daß der Magiſtrat ſich aegen die Einſetzung einer ſolchen Kommiſſion nicht ſträuben wir d. Ich jedenfalls werde ſie befürworten, damit wir dort viel⸗ leicht zu einer einheitlichen Beurteilung kommen können. Sollte das nicht der Fall ſein, meine Herren, dann bleibt die Sache auf ſich beruhen. Dann find wir eben verſchiedener Anſicht, haben uns nicht einigen können, und die Sache iſt damit auch erledigt. Alſo ſo ſehr kriegeruch liegt der Fall nicht. Stadtv. Scharnberg: Meine Herren, der Herr Oberbürgermeiſter hat ſih eingehend in abl hnender Haltung uber die Teuerungszu aue geäußert. Ge⸗ ſtatten Ste mir auch ein paar Worie. Ich mill da⸗ mit anfangen, wie das au⸗ geführt worde, iſt, daß für den Arbeiter ſo viel geian würde. Wenn wir einige Jayzehnte zurückblicken, dann wird ſich noch maucher daran erinnern können, daß wir, wenn wir irgendwie Forderungen für die Arbeiter geſtellt hatten, verhöhnt und verlacht worden ſind. Es wird doch wohl niemand behaupten können, daß ein Menſch mit 4 %, 4,50 %ℳ und 3,50 ℳ pro Tag im Woylſtande lebt, — ein Menſch, der Familie hat, und eine Wohnungemiete von 300, 350 und 400 ¼ bezahlen muß. Da kann doch von Ubermut uſw. gar keine Rede ſein. Ferner führte der Herr Oberbürgermeiſter den Droſchenkutſcherſtreik an und meinte, die Leute hätten 300 000 ℳ embehren können, weil ſie gut geſtellt ſind. Die Sache liegt doch woyl etwas anders. Die Leuie haben ſich lediglich gegen die Kolizeimaßregelung gewehrt, weil ſie den Potsoamer Platz nicht leer be⸗ fahren dürfen und einen großen Umweg machen müſſen, und weil ſie mit hohen Strafmandaten be⸗ droht worden ſind. Ich glaube, wenn ſie damit etwas ſchaffen, wenn auch nicht beim erſten oder zweiten Mal, — ich traue den Droſchkenkutſchern, die die Leitung in der Hand haben, ſo viel zu, daß ſie wirk⸗ uch nicht die Rechnung ohne den Wut machen und wohl auf ihre Konen daber kommen werden, wenn nicht heute, dann vielleicht üvermorgen —, dann werden die 300 000 ℳ dadurch doppelt eingebracht werden, indem ſie annähernd wenignens zu ihrem Rechie kommen, was ſie beabſichtigen. Zu der uns heute vorliegenden Mitteilung möchte ich nun bemerken, daß am 6. Dezember und am