85 wird dort erfahren, daß im Laufe der Teuerung der Abſatz recht erheblich zurückgegangen iſt. Der Herr Oberbürgermeiſter und mit ihm, wie es ſcheint, der Magiſtrat oder doch zum mindeſten ſeine Mehrheit glaubt nun, das Gerede von einer Notlage dadurch widerlegen zu können, daß ſie uns die Zahlen über den Sparkafſenbetrieb anführen. Nun, meine Herren, ſo beweiſend wie der Herr Oberbürgermeiſter das hinſtellte, ſind dieſe Zahlen gar nicht. Es iſt einfach eine irrtümliche Be⸗ hauptung, daß die Einzahlungen ſich ſtärker ver⸗ mehrt hätten als die Rückzahlungen. Dieſe Ver⸗ mehrung iſt nur in den abſoluten Zahlen bei den Einzahlungen ſtärker. Wenn Sie aber die vor⸗ jährigen Einzahlungen reſp. Rückzahlungen in Prozente der vorhergehenden umrechnen, dann finden Sie, daß die Einzahlungen um 11,29 %, die Rück⸗ zahlungen dagegen um 16,43 % zugenommen haben. Jeder im Rechnungsweſen Erfahrene wird wohl be⸗ ſtätigen, daß, wenn etwa ein ſolches Verhältnis ſich als normales herausbilden ſollte, die Eriſtenz der Sparkaſſe nur noch eine Frage der Zeit ſein würde. Ein Zeichen für eine beſondere Proſperität iſt das jedenfalls nicht. Aber ich gebe das eine dem Herrn Oberbürger⸗ meiſter zu: dieſe Statiſtik zeigt in der Tat, daß im großen Ganzen die Teuerung nicht ſo ſchädliche Folgen gehabt hat, wie es zu befürchten war. Den Grund dafür aber hat der Herr Kollege Kaufmann bereits angeführt: durch eine glückliche Fügung iſt die Zeit der Teuerung zuſammengefallen mit einer wirtſchaftlichen Hochkonjunktur und mit einem außer⸗ ordentlich milden Winter, in dem das Baugewerbe und andere Saiſonarbeiten nicht gehindert worden find. Durch ſolche Ereigniſſe iſt in der Tat den allgemeinen Folgen der beſtehenden Teuerung, die. wie ich nochmals betonen möchte, vom Magiſtrat durchaus anerkannt wird, einigermaßen entgegen⸗ gewirkt worden. Aber bei wem können dieſe be⸗ ſonderen Erſcheinungen den Folgen der Teuerungs⸗ verhältniſſe entgegenarbeiten? Doch nur bei den⸗ jenigen, die in der Lage find, von einer ſolchen Konjunktur Nutzen zu ziehen, bei den im freiem Gewerve oder in freier Arbeit Tätigen. Inſofern hat die Statiſtik der Sparkaſſe nur den Grund widerlegt, den uns der Magiſtrat⸗ ſonſt entgegenhält, daß es unbillig wäre, unſere Arbeiter und Beamten gegenüber den kleinen Gewerbetreibenden und anderen Einwohnern zu bevorzugen. Hier handelt es ſich um Beamte und Arbeiter, die ein gleichbleibendes Einkommen haben. Ich möchte den Herrn Ober⸗ bürgermeiſter fragen, wie er ſich das eigentlich vor⸗ ſtellt, daß jemand, der bei gleichem Ein⸗ kommen für die notwendigen Lebensmittel mehr zahlen muß, dann noch etwas mehr auf die Sparkaſſe tragen ſoll als vorher! Ich kann mir eine ſolche Folgerung logiſcherweiſe nicht denken. Was nun der Herr Oberbürgermeiſter uns für die gute Lage der Arbeiter noch angeführt hat, daß ſie ſogar imſtande ſind, tageweiſe oder auf längere Zeit Streiks einzuleiten, das kann ich auch nicht unbedingt anerkennen. Denn die Erfahrung haben wir ja gemacht, daß die Arbeiterſchaft zu⸗ weilen einen enormen Opfermut zeigt und eines Prinzips wegen auch in einer für ſie ſehr un⸗ günſtigen Zeit in Streiks eintritt. Nun hat der Magiſtrat ſeinerzeit verſprochen, wenn die Teuerung anhält, zu prüfen, ob die Grundlagen des Normaletats noch richtig ſind. Damit hat der Herr Oberbürgermeiſter ſchon ſelbſt anerkannt, daß, wenn eine ſolche Teuerung beſtehen bleibt, auch eine Bevorzugung unſerer Arbeiter vor den anderen Einwohnern Charlottenburgs gerecht⸗ fertigt ſein dürfte, und daß wir dann doch wohl ge⸗ nötigt ſein würden, mit den Löhnen unſerer Arbeiter dem Stande der Lebensmittelpreiſe zu folgen, unabhängig davon, ob die kleinen Gewerbe⸗ treibenden in der Lage ſind, ſich weiter auf die Beine zu helfen. Die Rückſicht auf die Induſtrie erkenne ich in gewiſſem Maße als berechtigt an. Aber ich kann nicht anerkennen, daß wir dieſe Rückſicht verletzen, wenn wir unſern Beamten und Arbeitern eine ein⸗ malige Teuerungszulage geben. Denn in der Induſtrie werden die Arbeiter viel eher in der Lage ſein, ſich eine ſolche Lohnerhöhung zu erwirken, wenn die Verhältniſſe es bedingen, als das unſere feſt angeſtellten Arbeiter zu tun vermögen, die immer mit dem Normaletat vertröſtet werden und ſich gegen die Verhältniſſe, wie ſie einmal liegen, gar nicht erfolgreich auflehnen können. Der Herr Oberbürgermeiſter hat es dann ſo hingeſtellt, als ob wir ja ſelbſt die Teuerung und die dadurch bedingte Notlage nur für eine ſehr ge⸗ ringe halten, da wir ja glauben, mit 75 reſp. 50 ℳ dieſe Teuerung oder Notlage eindaämmen zu können. Nun, ich glaube, der Herr Oberbürgermeiſter hat doch unſere Meinung da etwas verkannt. Wir bilden uns nicht ein, mit 75 reſp. 50 ℳ alle Folgen dieſer Monate lang anhaltenden Teuerung zu beſeitigen; wir glauben aber wohl, daß wir dieſe ſchädlichen Folgen ein wenig wenigſtens mildern können, und zu einer ſolchen Milderung halten wir uns für verpflichtet. Wenn wir immer noch hoffen, daß wir mit dem Magiſtrat zu einer Verſtändigung gelangen können, ſo bewegt uns hauptſächlich auch das eine, daß der Magiſtrat immer wieder auf die Not⸗ wendigkeit einer Individualiſierung hinweiſt, daß er die Unterſtützung durch die Teuerungszulage nicht gleichmäßig geben, ſondern die Verhältniſſe der Familien uſw. berückſichtigen möchte. Ich perſönlich glaube ja nicht, daß man auf dieſem Wege viele Ungerechtigkeiten vermeiden kann, ohne viele andere zu begehen. Aber immerhin ſind wir gern bereit, mit dem Magiſtrat in Verhandlung zu treten, um die Teuerungszulage in einer Weiſe durchzuführen, die ſeinem Bedenken Rechnung trägt. Deshalb glaube ich immer noch, daß der von uns vorge⸗ ſchlagene Weg einer gemiſchten Deputation nicht nur zum Frieden, ſondern auch zu etwas Gutem für unſere Beamten und Arbeiter führen wird. Ich bitte Sie deshalb dringend, dieſen Antrag anzu⸗ nehmen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, meine Freunde werden dem Antrag auf Einſetzung einer gemiſchten Deputation zuſtimmen. Allerdings will ich von vornherein erklären, daß ich perſönlich mir von den Verhandlungen in dieſer gemiſchten Deputation ab⸗ ſolut nichts verſpreche. Ich bin bereits jetzt über⸗ zeugt, daß es da zu keiner Einigung kommen wird, und daß tatſächlich, wie es ſchon der Herr Ober⸗ bürgermeiſter angedeutet hat, die Sache auf ſich be⸗ ruhen bleibt. Ich habe ja leider nicht die Mehr⸗ heit hinter mir; ſonſt würde ich allen Ernſtes den Antrag ſtellen, den Magiſtrat zu zwingen, den faſt einſtimmig ausgeſprochenen Wunſch der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung zu erfüllen, und zwar ihn da⸗ durch zu zwingen, daß wir ihm die Forderungen,