ein kleines Unglück paſſiert. Er hat die Löhne, die bei uns gezahlt werden, mit denen, die in der Privatinduſtrie gezahlt werden, verglichen, und zwar an der Hand der Daten der Allgemeinen Orts⸗ krankenkaſſe. Dabei hat er nur eins vergeſſen: daß der durchſchnittliche Tagelohn, der von der Allge⸗ meinen Ortskrankenkaſſe angegeben iſt, ein fiktiver Tagelohn, der dieſem agegenübergeſtellte bei uns ge⸗ zahlte aber der wirklich gezahlte Durchſchnittslohn iſt. Der Herr Oterbürgermeiſter hat alſo den fiktiven Lohn mit dem wirklich gezahlten Lohn ver⸗ glichen. Daß dabei kein richtiges Reſultat heraus⸗ kommen kann, iſt von vornherein einleuchtend Der Herr Oberbürgermeiſter hat überhaupt in dem größten Teil ſeiner Rede nur immer von Arbeitern geſprochen. Er ſprach davon, daß es den Arbeitern gut gehe, für die Arbeiter werde auf allen Gebieten geſorgt; viel ſchlechter ſtehe eine aroße Anzahl kleiner Gewerbetreibender und dergleichen. Meine Herren, das ſind alles ja ſehr ſchöne volkswirtſchaft⸗ liche Ausführungen, über die wir uns vielleicht mal gelegentlich unterhalten können; aber mit der Vor⸗ lage, um die es ſich hier handelt, hat das doch gar nichts zu tun. Wo in aller Welt iſt denn verlangt, daß nur die Arbeiter, die ſtädtiſchen Arbeiter eine Teuerungszulage bekommen? Nein, meine Herren, es iſt ausdrücklich von Arbeitern und einer be⸗ ſtimmten Kategorie von Beamten geſprochen worden! Der Herr Oberbürgermeiſter ſagte ferner: wo es not tut, da wollen wir helfen. Ja, meine Herren, das iſt es ja eben: wir wollen nicht, daß die Be⸗ amten in immerhin demütigenderweiſe mit Bittge⸗ ſuchen an den Magiſtrat herantreten, ſondern wir wollen, daß von vornherein allen Arbeitern und ſtädtiſchen Beamten geholfen wird. Nun, meine Herren, noch ein Wort über die Begründung der Vorlage. Was in der Begründung der Vorlage über die Sparkaſſe geſagt iſt, das iſt ja eigentlich ſchon ſo totgeſchlagen, daß ich darauf nicht weiter einzugehen brauche. Aber eine alußerung aus der Begründung gibt doch zu lebhaften Bedenken Anlaß. Es heißt da, daß Vorgänge wie in Berlin und einigen Nachbarorten verhältnismäßig vereinzelt geblieben ſind. Nein, meine Herren, das iſt keineswegs der Fall. Uberall, in allen möglichen Gemeinden rührt man fich jetzt. Ich erinnere bloß aus der allerletzten Zeit an einige Gemeinden, die Teuerungszulagen gewährt haben: in Bant erhielt jeder ſtädtiſche Ar⸗ beiter eine Teuerungszulage von 3 ℳ die Woche; in Deſſau wurde den Arbeitern eine allgemeine Lohnzulage gewährt; in Graudenz wurden bereits im Dezember v. J. 11 500 ℳ an mittlere und untere ſtädtiſche Beamte und Volksſchullehrer ver⸗ teilt und im Februar d. I. weitere 4890 ℳ an einige noch nicht berückſichtigte untere ſtädtiſche Be⸗ amte und Arbeiter; in Hildburghauſen gewährte die Stadt eine einmalige Teuerungszulage von je 100 ℳ an die ſtädtiſchen Beamten, die ein Gehalt von weniger als 2500 ℳ haben, und außerdem 4% des Gehalts für alle übrigen Beamten als einmalige Zulage; ebenſo iſt in Stettin und einer Reihe anderer Städte den Arbeitern und Beamten eine Teuerungszulage gewährt worden. Alſo, meine Herren, ſo ganz vereinzelt ſind die Fälle doch nicht. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß die Beiſpiele, die ich hier angeführt habe, nicht erſchöpfend ſind. Sie be⸗ weiſen aber, daß eine ganze Reihe anderer Ge⸗ memden uns auf dem Gebiete der Fürſorge für die 1 Arbeiter und Beamten vorangegangen ſind. Ich will bei der vorgerückten Zeit auf weitere 87 Ausführungen verzichten. Ich möchte die Herren, die in die gemeinſame Deputation gehen, nur dringend bitten, dort auf ihrem Standpunkte zu beharren und eventuell die nötigen Konſequenzen zu ziehen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, es iſt vollkommen begreiflich nicht nur, ſondern es iſt durch die Pflicht geboten, daß zu Zeiten einer Teue⸗ rulg, die ja von allen Seiten anerkannt worden iſt, auch von ſeiten des Magiſtrats, Erwägungen darüber ſtattfinden, ob man der weniger begüterten Bevölke⸗ rung mit geringeren Einnahmen die Erſchwerniſſe, die das Leben in ſolchen Zeiten bietet, erleichtern ſoll. Ich begreife vollkommen, daß aus dieſem Ge⸗ ſichtspunkte heraus damals die Anträge geſtellt wor⸗ den ſind. Es ſcheint mir aber doch aus dem Gange, den die Angelegenheit genommen hat, hervorzugehen, daß der Weg, den man einſchlug, nicht ganz der richtigſge war Wären Sie dem Antrage meines Freundes Gredy gefolgt und hätten Sie die Sache zunächſt in einen Ausſchuß verwieſen, ſo wäre, glaube ich, manches Unheil vermieden worden. Denn, meine Herren, ich ſehe ein größeres Unheil darin, die Begehrlichkeit der Maſſen zu erwecken, als ſie nicht zu befriedigen, — die Begehrlichkeit da zu er⸗ wecken, wo man nicht in der Lage iſt, ſie zu be⸗ friedigen. Ich erinnere daran, daß die Liberalen den Sozialdemokraten im allgemeinen den Vorwurf machen, daß ſie die Unzufriedenheit erwecken. Ich glaube, wir hätten beſſer getan auch in dieſem Falle, eine Vorberatung, vielleicht eine Fühlungnahme mit dem Magiſtrat in einer derartigen Frage vorher⸗ gehen zu laſſen, bevor man an die Offentlichkeit mit Beſchlüſſen trat, die nicht zu einem Erfolge geführt haben Meine Herren, gerade durch die Erweckung von Hoffnungen, aus denen bisher jedenfalls nichts geworden iſt und in nächſter Zeit wohl auch kaum etwas werden wird, gerade dadurch zerſtören Sie die Kraft des Einzelnen, aus ſeinen eigenen Ver⸗ hältniſſen heraus ſich über derartige Zeiten hinweg⸗ zuhelfen. Und ich meine, es iſt unſer aller Pflicht, den einzelnen Menſchen in dieſer Betätigung zu unterſtützen, ihn immer darauf hinzuweiſen, daß die erſte Pflicht die iſt, ſich aus eigener Kraft über Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. Ein Moment, das der Herr Oberbürgermeiſter angeführt hat, ſchien mir durchaus berechtigt, in dieſem Sinne betrachtet zu werden, nämlich das Moment: bei Aufſtellung eines Normaletas für 5 Jahre muß man, wenn man die heutigen wirtſchaftlichen Verhältniſſe über⸗ haupt nur einigermaßen verfolgt, damit rechnen, daß im Laufe dieſer 5 Jahre, ich will mal ſagen, im vierten oder fünften Jahre eine derartige Stei⸗ gerung der Lebensmittel, der ganzen Lebensverhält⸗ niſſe eingetreten iſt, daß es für denjenigen, der ſein Gehalt im erſten Jahre voll verbraucht und nichts zurückgelegt hat, ganz unmöglich iſt, im vierten und fünften Jahre noch die gleiche Lebenshaltung zu führen, wie das einer der Herren Vorredner als das Ziel des Normaletats hinſtellte. Nein, m. H., die Betreffenden müſſen ſich damit einrichten, daß ſie in dieſen 5 Jahren nur mit dem Normaletat zu rech⸗ nen haben, mit der einmaligen Zulage vielleicht, die in dieſen 5 Jahren erfolgt, und die allerdings eine gewiſſe Erhöhung des Einkommens darſtellt, aber doch durch andere Mehrbedürfniſſe im allgemeinen aufgezehrt wird. Gewiß, m. H, es läßt ſich überlegen, ob die Teuerungsverhältniſſe derartige ſind, daß man unter